Frage an Friedbert Striewe von Inge N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Striewe,
wir wohnen seit 1993 in Leipzig/Hohenheida. Zu dieser Zeit wurde von allen Behörden, allerdings leider nur mündlich, von keinem Ausbau des Flughafens Leipzig gesprochen bzw. es wurde dann gesagt, dass eine Nordbahn gebaut würde und die alte Südahn würde zurückgebaut und begrünt. Leider müssen wir aber nun seit 2007 jede Nacht von ca. 21.30 – 2.00 Uhr ca. 50 – 70 Frachtflugzeuge ertragen.
Meine Fragen lauten:
1. Was gedenken Sie zu tun um uns aktiv aus diesem Lärm zu befreien? Würden Sie für einen fairen Auskauf unserer Häuser plädieren?
2. Wie sehen Sie die letzte Planänderung von 2009, in der keinerlei Lärmeinschränkungen vorgesehen sind auf unbegrenzte Dauer und außerdem eine Nutzung der beiden Bahnen von 80:20 (Süd:Nord) stattfinden wird? Hätte man da nicht eine Bahn einsparen und damit viele Steuergelder sparen können?
3. Wie ist Ihre Meinung dazu, dass am Frankfurter Flughafen das Gericht 17 Flüge in der Nacht schon als unzumutbar für die Betroffenen angesehen hat, das Bundesverwaltungs- Gericht in Leipzig für den Flughafen Leipzig aber keinerlei Einschränkungen (außer ein paar zivilen Maschinen) ausgesprochen hat. Halten Sie uns als Politiker für Menschen 2. oder gar 3. Grades?
4. Wie stehe Sie zu der am Flughafen Leipzig stattfindenden militärischen Nutzung und Was gedenken Sie dagegen zu tun?
Mit freundlichen Grüßen
Inge Noack
1.
a) Eine Komplettbefreiung vom Lärm wird es nicht geben. Der Rechtsweg ist erschöpft. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Flughafen einen Bestandsschutz zugesprochen. Da kommen wir nicht drum herum.
b) Eine faire Umsiedelungsregelung könnte Gegenstand des Moderationsverfahrens werden. Dazu werden Sie die Unterstützung von Bündnis90/die Grünen haben.
2.
a) Die von Ihnen angesprochene Variante, Einsparen einer Landebahn, ist durch den bereits abgeschlossenen Rechtsweg zum Planfeststellungsbeschluß hinfällig. Insofern taugt auch das Argument des Steuersparens durch Einsparen einer Bahn heute nicht mehr. Vergossene Milch kann man nicht mehr trinken.
b) Es muß jetzt darum gehen, das Beste aus der Situation zu machen und die Vorgaben des PFB im Lichte des Urteils des BverwGs bestmöglich für die Anwohner umzusetzen. Dazu gehören verursacherfinanzierter Lärmschutz, schonende Flugrouten und eine bessere Verteilung der Flüge auf beide vorhandenen Landebahnen.
3.
a) Ich konnte noch keine intensive Analyse des Frankfurter Urteils gegenüber dem Urteil des BverwG vornehmen. Von daher fehlt mir derzeit die Beurteilungsgrundlage für die Vergleichbarkeit der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort und der Rechtsprechung. Wenn das Frankfurter Urteil in einer etwaigen Revision dem BverwG vorliegt, wird es interessant. Wir sollten diese Überprüfung gemeinsam anstreben.
b) Ich warne aber vor dem St. Florians-Prinzip und vor einer pauschalen Opferhaltung. Die Menschen um den Frankfurter Flughafen sind durch die potentielle Verlagerung des Frachtverkehrs nach Leipzig auch nicht wirklich entlastet.
c) Ich halte Sie nicht für Menschen 2. oder gar 3. Grades. Ich wüsste bei aller Selbstkritik auch nicht, welche von meinen Äußerungen diesen Verdacht nahe gelegt haben.
4.
Die militärische Nutzung halte ich für ein riesiges Problem, dass am besten durch Abschaffung gelöst werden muss.
a) Die Politik ist an dieser Stelle nicht offen, transparent und glaubwürdig. Schröder hat mit der Ablehnung des Irakkrieges erfolgreich Wahlkampf geführt, ihn aber durch Truppentransporte unterstützt. Solche Widersprüche führen zu Politikverdrossenheit.
b) Soldaten sind keine Fracht. Insofern haben wir es mit einem Etikettenschwindel zu tun.
c) Das BverwG hat in seinem Urteil zum PFB die Verpflichtungen nach dem Nato-Truppenstatut ausgeklammert. Wenn es für diesen Aspekt der Angelegenheit kein zuständiges Gericht gäbe, hätten wir einen handfesten Verfassungsskandal. Insofern könnte noch eine Rechtswegoption bestehen. Das müssen wir prüfen. Und wir dürfen nicht müde werden, diesen unerträglichen Zustand anzuprangern.
Mit freundlichen Grüßen
F. Striewe