Frage an Franziska Eichstädt-Bohlig von Georg C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Eichstädt-Bohlig,
in Ihrer Zeit als wohnungspolitische Sprecherin der damals in Regierungsverantwortung stehenden Grünen Bundestagsfraktion haben Sie den Zugang von Ausländern zu Sozialwohnungen erheblich erschwert.
Ausländische Studierende, Asylbewerber und geduldete Ausländer können seit 1.1.2002 Dank einer von Ihnen mitbeschlossenen Gesetzesänderung keinen Wohnberechtiigungsschein (WBS) für das Anmieten einer Sozialwohnung mehr erhalten.
Vgl. zur früheren und zur von Ihnen geschaffenen, MigrantInnen ausgrenzenden Rechtslage das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.08.2003, 5 C 49.01, online unter www.bverwg.de
Sie sind Expertin für diesen Politikbereich. Weshalb haben Sie diese MigrantInnen diskriminierende Verschärfung vorgenommen?
Georg Classen
Sehr geehrter Herr Claasen,
Ziel der Reform des Wohnungsbaurechtes war es selbstverständlich nicht, Asylbewerber zu diskriminieren. Vielmehr wurden die Rechtsgrundlagen des sozialen Wohnungsbaus insgesamt auf eine neue Grundlage gestellt. In dem umfangreichen Vorhaben findet sich dabei auch die Regelung des § 27 Abs. 2 WoFG, mit der sich die von ihnen zitierte Entscheidung des BVerwG beschäftigt. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „Antragsberechtigt sind Wohnungssuchende, die nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten und die rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, für sich und ihre Haushaltsangehörigen nach § 18 auf längere Dauer einen Wohnsitz als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu begründen und dabei einen selbstständigen Haushalt zu führen“. Dieser Bestimmung sah man damit – nicht nur angesichts der vorangegangenen Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte - nicht ohne weiteres an, dass die zu Verschlechterungen im Bereich der Asylbewerber führen könnte. Dass sich nunmehr aus der von ihnen zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes tatsächlich zu ergeben scheint, dass es zu einer Rechtsverschlechterung gekommen ist, ist aus meiner Sicht äußerst bedauerlich. Denn - wie Sie wissen - war und ist es Ziel grüner Politik, den Rechtsstatus von Flüchtlingen zu verbessern und nicht zu verschlechtern. Angemerkt sei insoweit nur, dass wir auch einige sehr zentrale Erfolge errungen haben, wie die Anerkennung nichtsstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Franziska Eichstädt-Bohlig