Frage an Franziska Eichstädt-Bohlig von Ralph S. bezüglich Finanzen
Guten Tag Frau Eichstädt-Bohlig,
auf Ihrem Wahlplakat steht: "Aus der Krise hilft nur Grün".
Von 1994 bis 2005 waren Sie bereits im Bundestag. Am 7.11.2003 , zur Zeiten der rot/grünen Regierung, hat der Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Grüne FDP und CDU/CSU der Zulassung der hochspekulativen Hedgefonds zugestimmt. Leider gab es damals keine namentliche Abstimmung, so dass ich Sie direkt fragen muss:
Wie haben Sie damals abgestimmt und warum? Falls Sie zur Abstimmung nicht Plenarsaal waren: Wie hätten Sie abgestimmt und warum?
Am 19.5.2006 wurde ein weiteres Mal über die Hedgefondzulassung namentlich abgestimmt: 34 grüne "ja" Stimmen stehen da gegen 5 grüne "nein" und 4 grüne Enthaltungen.
Nun sind die Hedgefonds sicherlich nicht allein Schuld an der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise, aber gerade deise Hedgefonds stehen ja für das Platzen der ungehemmten Spekulationsblase.
Wieso denken Sie als Grüne, dass "nur" (Wahlplakt-Zitat) eine starke Grüne Partei (so würde ich Ihr Plakat interpretieren), die Krise beendet? Heisst das im Umkehrschluß für Sie, dass Sie glauben, ohne "Grün" wird die gegenwärtige Krise niemals enden?
Glauben die Grünen immer noch, dass Hedgefonds eine gute Sache sind? Wie denken Sie darüber heute.
Mit freundlichem Gruß
Ralph Schaster
Sehr geehrter Herr Schaster,
Sie stellen sehr gute, wichtige Fragen.
2003 habe ich in den grünen Fraktionsdiskussionen zu den Hedgefonds zu den warnenden Stimmen gehört, weil ich als Baupolitikerin bereits seit Ende der Kohl-Ära mit den Problemen der großen Paketverkäufen öffentlicher Wohnungsbestände befaßt war. Aber ich habe damals das Ausmaß der "Heuschreckenwirtschaft" noch nicht übersehen und insofern nicht so laut und entschieden argumentiert, wie es nötig gewesen wäre. Bei der Abstimmung war ich nicht dabei - wahrscheinlich hätte ich mich enthalten.
2006 war ich nicht mehr im Bundestag, habe aber in grünen Diskussionen sehr entschieden gegen die Hedgefonds, "private equity" und die "REITS-Steuer" argumentiert - weil inzwischen dieses Ausschlachten von vormals öffentlichen Wohnungsbeständen und die Mieterschkanen dramatische Ausmaße angenommen hatten. Andere Grüne waren aber - wie auch schon 2003 - der Ansicht, daß über die Hegdefonds auch viel Kapital in guter Form kleinen und mittleren Unternehmen helfen würde.
In der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise halte ich es für geradezu existenziell, daß alle Formen von Kapitalspekulation, die nicht auf "normale" (d.h. eine Spanne von 5 bis 8 %, allerhöchstens aber 10 %) Eigenkapitalverzinsung setzen, unbedingt unterbunden werden müssen, auch die Methode des Erwerbs von Unternehmen durch Aufsatteln der Schuldenlasten auf das Unternehmen etc.
Ich sehe mit großer Sorge, daß wieder Finanzgeschäfte und Spekulationen in Gang kommen, ohne daß es endlich klare Regeln gibt, wie diese bedrohliche Abkopplung der Finanzspekulation von der Realwirtschaft unterbunden wird. So werden wir schnell in die nächste Krise stolpern, wo doch die enormen Schuldenlasten der derzeitigen Krise noch nicht einmal bekannt, geschweige denn bezahlt sind.
Ja - der Wahlspruch "Aus der Krise hilft nur GRÜN" ist für mich absolut überzeugend. Denn die Finanz- und Wirtschaftskrise fällt zusammen mit der Klimakrise und mit der neuen, wachsenden Armutskrise, wo immer mehr Menschen kein existenzsicherndes Einkommen mehr haben. Wir Grünen sind die einzige Partei, die mit dem Konzept des "Grünen New Deal" die wechselseitige Verknüpfung und Stärkung von Wirtschaft, Ökologie und Soziales anstrebt und Deutschland damit zukunftsfest und nachhaltig machen will und kann.
Mit freundlichen Grüßen
Franziska Eichstädt-Bohlig, MdA