Portrait von Franziska Brantner
Franziska Brantner
Bündnis 90/Die Grünen
90 %
63 / 70 Fragen beantwortet
Frage von Joachim M. •

Was planen die Grünen, um Biogas zu einer regelbaren Energieressource aufzuwerten? Laut https://energy-charts.info wird derzeit Biogas kontinuierlich verstromt, dabei könnte man es prima speichern.

Freundliche Grüße,
Dr.rer. nat. Joachim M.,
Leimen

Portrait von Franziska Brantner
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr. D. J. M.,

vielen Dank für Ihre Frage zur flexiblen Nutzung von Biogasanlagen und unserem Grünen Strommarktdesign.

Das Ziel der Energiewende ist die klimaverträgliche Transformation im Energiesektor mittels 100% Erneuerbarer Energien. Bei hohen Anteilen Erneuerbarer im Stromsektor werden Langzeitspeicher benötigt, um Erzeugungsüberschüsse aus Wind- und Solarenergie zwischenzuspeichern. Erneuerbare Gase (Biogas, Biomethan, Wasserstoff und synthetisches Methan) sind für die Überbrückung längerer Zeiträume mit geringem Angebot aus PV- und Windstrom nach aktuellem Stand der Technik die einzige Option. Während die anderen erneuerbaren Gase sich bezüglich ihrer Produktion noch in Pilotprojekten befinden, ist Biogas dagegen eine ausgereifte Technik. Im Jahr 2018 waren Biogas- und Biomethan-Blockheizkraftwerke (BHKW) mit einer installierten Leistung von 6.1 GW5 am Netz. Im Jahr 2018 summierte sich die bereitgestellte Menge an Strom, Wärme und Kraftstoffen aus Biogas und Biomethan auf 52 TWh, wobei 32 TWh allein auf den Strombereich entfielen. Der Wärmeverbrauch auf Basis von Biogas und Biomethan lag bei 19 TWh. Der Biomethanverbrauch im Verkehr fiel mit 0,4 TWh noch kaum ins Gewicht. Biogene Gase werden eine relevante Rolle in der Energieversorgung der Zukunft haben.

Bisher erzeugen die meisten Biogas-BHKW rund um die Uhr gleichmäßig viel Strom. In Zukunft wird erwartet, dass immer mehr Biogasanlagen ihre Stromerzeugung auf die Zeiten konzentrieren, in denen Windenergie- und Photovoltaikanlagen gerade wenig Strom produzieren (Flexibilisierung, stromgeführte Anlagen).

In der Vergangenheit wurde leider verpasst Biogasanalgen zu flexibilisieren, es wurde zwar ein Flexbonus eingeführt, jedoch hat sich die Fahrweise der Biogasanlagen in der Praxis nicht verändert.

Eine veränderte Fahrweise von Biogasanlagen ist jedoch ein wichtiger Baustein beim Umbau des Stromsystems. Dafür werden entweder Biogasspeicher benötigt oder das aufbereitet Biogas wird in Gasleitungen eingespeist.

Das deutsche Gasnetz ist der einzige (nach heutigem Stand der Technik) verfügbare Langzeitspeicher, in denen erneuerbarer Strom – umgewandelt in synthetisches Gas – in großen Mengen und über mehrere Wochen oder Monate gespeichert werden kann. Nur mit Gaskraftwerken, die mit synthetischen Gasen und Biomethan befeuert werden, lassen sich längere Zeiträume mit geringer Einspeisung aus Erneuerbaren Energien überbrücken. Das Potenzial zum Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken ist begrenzt. Biogasanlagen eignen sich zwar auch zum Ausgleich der fluktuierenden Einspeisung von Wind- und Solarenergie, allerdings kann das Biogas im Fermenter nur über mehrere Stunden gespeichert werden. Ein Gasspeicher ermöglicht die Speicherung über mehrere Tage.

Ein zentraler Punkt bei einer Reform des Strommarktes ist, dass die Einbindung von zeitlich flexiblen Akteuren (Flexibilitäten) über den Markt koordiniert wird. Im neuen Stromsystem bilden die Erneuerbaren die Grundlage, Biogas ist ein Teil davon. Im Vergleich zu anderen Erneuerbaren Energien ist Biogas jedoch nicht wetterabängig. Die Verschiebung der Produktion in die Hochpreiszeitfenster, Zeiten in denen wenig Wind und Sonnenstrom produziert wird, an der Börse wird sich zukünftig immer stärker lohnen. Durch einen hohen CO2 Preis wird der Einsatz von Biogas immer lohnender, die höheren Börsenstrompreise in Zeiten, in denen fossile Kraftwerke laufen lassen auch die Biogasanlagen profitieren.

Im Stromsystem der Zukunft hat Biogas seinen festen Platz. Insbesondere in den Zeiten in denen wenig Wind und Sonne scheint. Dann werden die Anlagen. Gemeinsam mit anderen Flexibilitätsoptionen zum Beispiel Wasserkraftwerke, Stromerzeugung aus Biogas oder grünem Wasserstoff, Pumpspeicher, Batteriespeicher in Elektroautos, zuhause im Keller oder an wichtigen Knotenpunkten im Stromnetz sowie stromgespeiste Wärmespeicher und Heizungssysteme und viele flexible Anwendungen aus Industrie und Gewerbe das System stützen.

Jederzeit auf genügend Stromerzeugungskapazitäten verlässlich zugreifen zu können, das werden wir transparent, klimafreundlich und kostengünstig absichern. 

Weitere Informationen erhalten Sie unter: https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-strommarktdesign.pdf

Mit freundlichem Gruß, Franziska Brantner

 

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Franziska Brantner
Franziska Brantner
Bündnis 90/Die Grünen