Frage an Franz Thönnes von Christa L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Thönnes,
im Grunde ist zum Thema Fremdrentengesetz (FRG) für die sogen. Bestandsübersiedler alles gesagt worden auf dieser Plattform. Dennoch erlaube ich mir noch folgende Fragen:
Können Sie mir zustimmen, dass Politiker parteiübergreifend den ethisch-moralischen Grundsätzen verpflichtet sind?
Können Sie mir zustimmen, dass mit dem Entzug der Rente nach FRG dem oben genannten Personenkreis gegen GG Art. 14 Abs.1 rückwirkend Vermögenspositionen entzogen worden sind und nach Abs.3 bislang keine akzeptable Regelung getroffen wurde?
Können Sie mir zustimmen, dass durch die Einordnung von Bundesbürgern (Bestandsübersiedlern) ins RÜG (Beigetretene) gegen GG Art. 16 Abs. 1 und 2 den Vorgenannten rückwirkend die Staatsbürgerschaft entzogen wurde?
Können Sie mir zustimmen, dass kein Bundesbürger (West) ansonsten von den gesetzlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung negativ betroffen ist?
Wenn Sie diese Fragen mit JA beantworten können, dann helfen Sie bitte mit, die hier heftig kritisierte Ausnahmesituation für Bundesbürger (Flüchtlinge vor Mauerfall) dem geltenden Recht zuzuführen!
In Erwartung Ihrer Stellungnahme verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
C. Ladendorf
Sehr geehrte Frau Ladendorf,
vielen Dank für Ihre Frage vom 4. März 2009 zur Ablösung des Fremdrentengesetzes (FRG) für Übersiedler durch das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG).
Tatsächlich gab es zu diesem Thema unter "www.abgeordnetenwatch.de" bereits sehr viele Beiträge. Dazu gehören auch die von Ihnen genannten Kritikpunkte. Ihr Vorwurf, dass mit der Ablösung des FRG für DDR-Übersiedler gegen den Eigentumsschutz des Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) verstoßen wurde, wird weder von der Sozialgerichtsbarkeit noch vom Bundesverfassungsgericht geteilt. Die durch das FRG begründeten Rentenanwartschaften unterliegen nicht dem Schutz des Artikels 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts genießen in der DDR erworbene Ansprüche und Anwartschaften den Eigentumsschutz des Artikels 14 GG nur nach Maßgabe dessen, was im Einigungsvertrag vom 31. August 1990 als Rechtsposition der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt wurde (u. a. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, 1 BvL 9/00). Zu den Maßgaben des Einigungsvertrages gehört aber auch die Überleitung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) und damit auch die Regelung, dass die Rentenberechnung auf der Grundlage des versicherten tatsächlichen Verdienstes erfolgt.
Aufgrund der Ablösung des FRG für Übersiedler durch das RÜG ist keine Staatsbürgerschaft entzogen worden. Für die Anwendung der einschlägigen Bestimmungen im SGB VI ist die Staatsangehörigkeit nämlich ohne Bedeutung. So stellt die für die Anerkennung von Beitragszeiten im Gebiet der ehemaligen DDR maßgebende Regelung in § 248 Abs. 3 SGB VI grundsätzlich nicht auf die Staatsangehörigkeit ab, sondern darauf, dass Beiträge im Herkunftsgebiet zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach den "vor Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften" gezahlt worden sind. Es ist daher folgerichtig, dass der Gesetzgeber mit dem Inkrafttreten der Regelungen des SGB VI in den neuen Ländern zum 1. Januar 1992 auch die bis dahin für Beitragszeiten im Gebiet der ehemaligen DDR maßgebende Regelung des § 17 Abs. 1 Buchst. a FRG gestrichen hat.
Die Frage, ob die Anwendung des FRG für Übersiedler günstiger oder ungünstiger wäre, bestimmt sich allein nach der individuellen Fallgestaltung. Insbesondere für die in der ehemaligen DDR berufstätigen Frauen ist es oftmals günstiger, wenn die tatsächlichen, im möglichen Umfang versicherten, Arbeitsentgelte der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden.
Eine Änderung der Rechtslage kann daher nicht in Aussicht gestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes