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Franz Thönnes
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Frage von Ulrich P. •

Frage an Franz Thönnes von Ulrich P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Staatssekretär,

ich bitte um Beantwortung von folgenden Fragen:

Ist es richtig, dass zum 1.01.08 die Hartz IV - Empfänger, welche die 58-Regelung in Anspruch nehmen, zwangsverrentet mit erheblichen Abschlägen werden?

Ist es richtig, dass dieser Personenkreis durch die Zwangsverrentung die Arbeitslosenquote verringert?

Ist es richtig, dass 1-EURO-Shopper, Probearbeitsverhältnisse und Leute welche keinen Anspruch auf Hartz IV haben (zu hohes Familien-Einkommen oder Vermögen) statistisch nicht als Arbeitslose geführt werden?

Welcher Personenkreis fällt aus der Berechnung der Arbeitslosenzahlen sonst noch heraus?

Läuft die 58er-Regelung zum 1.01.08 aus?

Ich bedanke mich für die Beantwortung dieser Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Parth

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Parth,

vielen Dank für die Frage welche Sie mir über Abgeordnetenwatch.de gestellt haben.

Bei der 58er-Regelung handelt es sich um Bestimmungen im Zweiten und Dritten Sozialgesetzbuch (§ 428 SGB III sowie §65 Abs. 4 SGB II). Diese wurden als Übergangsregelung, aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt sehr schwierigen Arbeitsmarktlage, im Rahmen der Arbeitsmarktreformen der Vorgängerkoalition eingeführt. Danach können 58-Jährige erklären, dass sie nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen wollen. Sie können dann Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld II bis zum Bezug einer abschlagsfreien Rente beziehen. Sie müssen sich dann nicht mehr selbst um die Beendigung der Arbeitslosigkeit bemühen bzw. werden dann auch nicht mehr in die Vermittlungsaktivitäten des zuständigen Leistungsträgers einbezogen.

Die 58er-Regelung führt also nicht dazu, dass von dem Betroffenen erwartet wird, vorzeitig einen Rentenantrag zu stellen der mit Abschlägen auf eine Rente verbunden ist. Sie bewirkt vielmehr genau das Gegenteil. Sie entbindet die von Ihr betroffenen Arbeitslosen von der aktiven Teilnahme an der Beendigung ihrer Arbeitslosigkeit und verpflichtet sie zu einem frühest möglichen, nicht mit Abschlägen verbunde-nen, Renteneintritt. Die Regelung ist bis zum 31.12.2007 befristet.

Diejenigen über 58 Jahre, die im Fall von Arbeitslosigkeit sich weiter vermitteln lassen wollen, unterliegen den entsprechenden Regelungen zur aktiven Teilnahme an Vermittlungsbemühungen. Als Bezieher von Arbeitslosengeld II können sie jedoch, wenn eigene Anwartschaften aus anderen Sicherungssystemen bei Vorliegen der Bezugsvoraussetzungen bestehen, von der Bundesagentur für Arbeit, den Arbeitsgemeinschaften von Bundesagentur und Kommunen oder von den Leistungszentren oder Sozialzentren der Optionskommunen die Aufforderung erhalten, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen.
Dieser Regelung folgt der Sichtweise, dass Leistungen des Sozialgesetzbuches II, zu denen auch das Arbeitslosengeld II gehört, grundsätzlich nur nachrangig zu gewähren sind. Hiernach hat immer eine Prüfung zu erfolgen, ob der Betroffene nicht eigene individuelle Ansprüche und damit vorrangige Sozialversicherungsleistungen, wie z.B. aus einer vorzeitigen Altersrente beziehen kann, bevor die Solidargemeinschaft der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen mit einer Leistung, wie das Arbeitslosen-geld II oder Sozialgeld einspringt.

Dass die aktuelle 58er-Regelung zum Jahresende ausläuft hält die SPD-Bundestagsfraktion aufgrund des aktuellen Wirtschaftsaufschwungs, der in einem hohem Maße den Älteren zu Gute kommt, für richtig. So gab es im November 2007, im Vergleich zum Vorjahresmonat, einen Rückgang der Zahl der über 55jährigen Arbeitslosen um 21%. Und auch bei den neuen 577.000 sozialversicherungspflichtigen Jobs ist zu erkennen, dass nahezu 2/3 von Arbeitnehmern über 50 Jahre besetzt werden. Durch den demographischen Wandel wird es in Zukunft ohnehin wichtiger, dass ältere Beschäftigte länger im Berufsleben bleiben. Wir können es uns zukünftig gar nicht leisten, auf die Erfahrung und die Kompetenzen dieser Arbeitnehmer zu verzichten. Die aktuellen Entwicklungen und die von der Bundesregierung gestarteten Programme, wie z.B. das Programm 50plus tragen mit dazu bei, dass die Integration älterer Arbeitssuchender stärker gefördert wird und sich ergänzt um die Unterstützung durch Weiterbildung und Qualifizierung die Beschäftigungschanchen verbessern. Hinzu kommen die Programme für ca. 100.000 Arbeitslose mit besonderen Vermittlungshemmnissen im Rahmen der JobPerspektive und der „Kommunal-Kombi“, ebenfalls für 100.000 Förderfälle.

Nun fällt aber die sogenannte 58er-Regelung nicht ersatzlos weg. SPD und Union haben sich auf eine Nachfolgeregelung verständigt.
Damit machen wir klar: Ältere gehören nicht zum alten Eisen, sie werden gebraucht, sie müssen eine Job-Chance bekommen. Das Job-Center muss alle Möglichkeiten zur Förderung in Arbeit nutzen. Die SPD setzt sich über die Nachfolgeregelung hinaus mit konkreten Vorschlägen dafür ein, die Arbeitsbedingungen in den Unternehmen so zu verbessern, dass die Menschen länger gesund im Job bleiben. Wir brauchen eine kontinuierliche Qualifizierung im Erwerbsverlauf.
Die Nachfolgeregelung, die jetzt in eine gesetzliche Form gebracht wird, bedeutet konkret: Arbeitsuchende, denen nicht innerhalb von 12 Monaten ein Arbeitsangebot gemacht werden kann, gelten zwar weiterhin bis zum Renteneintritt nicht mehr als arbeitsuchend. Ihnen stehen aber auf eigenen Wunsch sämtliche Integrationsangebote der Arbeitsagenturen, der Arbeitsgemeinschaften und der Optionskommunen zur Verfügung. Der Fallmanager prüft alle sechs Monate, ob nicht doch ein Förder- oder ein Arbeitsangebot gemacht werden kann. Damit ist klar: Keiner wird abgeschrieben. Wir wollen, dass die Menschen eine Perspektive bekommen. Für Arbeitsuchende, die schon heute die 58er-Regelung nutzen, ändert sich nichts.
Eine vorzeitige Rente mit Abschlägen statt Arbeitslosengeld II kommt für uns vor dem 63. Lebensjahr nicht infrage. Hierauf hat sich die SPD mit der Union verständigt. Es gilt wie sonst auch: Eine Rente ab 63 ist nur möglich, wenn die rentenrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Frauen und Menschen mit einer Schwerbehinderung können bisher noch unter bestimmten Voraussetzungen vor dem 63. Lebensjahr in Rente gehen und damit früher als andere Versicherte. Dieser besondere Schutz soll sich nicht in einen Nachteil verkehren. Gerade diesen Menschen kommt die gefundene Regelung zu Gute.
Liegt eine besondere Härte vor, dann ist der Verweis auf einen vorgezogenen Rentenbezug nicht zulässig. Dies gilt beispielsweise für Menschen, die als sogenannte Aufstocker zu ihrem Arbeitseinkommen ergänzend Arbeitslosengeld II bekommen. Es wäre unbillig, die Menschen für einen niedrigen Lohn in Haftung zu nehmen. Weitere Tatbestände, die eine Härte bedeuten, werden durch Verordnung festgelegt.
Zusätzlich wird die Hinzuverdienstgrenze bei einer vollen Rente für alle Rentner auf 400 Euro erhöht
Auf eine weitgehende Darstellung zur Berechnung der Arbeitslosenzahl möchte ich hier aus Platzgründen verzichten. Unter folgendem Link finden Sie alle Informationen zu diesem Thema, wie ich finde, sehr anschaulich dargestellt.

http://www.pub.arbeitsamt.de/hst/services/statistik/000000/html/start/arbeitslosenquote.shtml

Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes