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Franz Thönnes
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Frage von Joachim S. •

Frage an Franz Thönnes von Joachim S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Franz,

ich habe gelesen, dass Du - genau wie unser Arbeitsminister und der weit überwiegende Teil der SPD Fraktion, gegen die Einführung von Mindestlöhnen gestimmt hast. Ich finde dies doch einigermaßen befremdlich, wenn man bedenkt, dass Du alter Gewerkschafter bist und die SPD nahezu zeitgleich mit einer fast wortgleichen Aktion für die Einführung von Mindestlöhnen eintritt.

Ich will nicht so recht glauben, dass Du und die Fraktion einen Antrag nur deshalb ablehnen, weil er von der Linken stammt.

Viele Grüße aus Deinem Wahlkreis sendet Dir

Joachim

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Antwort von
SPD

Hallo Joachim,

danke für die Frage die Du mir über Abgeordnetenwatch.de gestellt hast.

Mindestlöhne sind ein unerlässliches Instrument, um in Deutschland Armutslöhne zu verhindern und ein Existenz sicherndes Einkommen zu ermöglichen. Trotzdem habe ich gegen den Antrag gestimmt, da er nur unter politisch-strategischen Gesichtspunkten gestellt wurde und damit eine Provokation gegenüber den Betroffenen darstellt.

Die SPD arbeitet in dieser Regierung auf der Basis eines gemeinsamen Koalitionsvertrages, durch welchen wir als Koalitionspartner an ein einheitliches Abstimmungsverhalten mit dem anderen Partner CDU/CSU gebunden sind.

Mit diesem Koaltionsvertrag und den Vorverhandlungen ist es uns 2005 gelungen viele Gewerkschafts- und Arbeitnehmerrechte zu wahren und sie gegen die Reduzierungsabsichten von CDU/CSU zu schützen. Auch konnten wir in einer Vielzahl von Punkten Vereinbarungen treffen, die die Fortführung der unter Rot-Grün eingeleiteten Reformpolitik, auch bei unterschiedlichen Positionen in verschiedenen Themenfeldern, gewährleisten.

Die sozialdemokratische Kontinuität im Regierungshandeln wird unter anderem darin deutlich, dass wir in der heutigen Koalition das Elterngeld eingeführt haben, den Atomausstieg beibehalten, das Betriebsverfassungsgesetz nicht verändert wird, der Kündigungsschutz bleibt, das CO2- Gebäudesanierungsprogramm erfolgreich ist, Handwerker besser gefördert werden, mehr für Ausbildung getan wird, jetzt ein Arbeitsplatzprogramm für 100.000 Langzeitarbeitslose und ca. 60.000 junge Langzeitarbeitslose unter 25 Jahre kommt, die Einstiegsqualifizierungsplätze von 25.000 auf 40.000 angehoben werden und ca. 7.500 zusätzliche Ausbildungsplätze gerade für junge Menschen mit Migrationshintergrund hinzukommen. Mit der Aufnahme des Gebäudereinigerhandwerks wurden 850.000 Arbeitnehmer mit in das Entsendegesetz aufgenommen und damit auch mit Mindestlöhnen abgesichert. Wir haben eine Gesundheitsreform verabschiedet, die ein deutlicher Schritt in Richtung Bürgerversicherung ist und bei der Unternehmenssteuerreform schließen wir erstmals für Kapitalgesellschaften die Scheunentore der Steuerschlupflöcher und gegen Gewinnverlagerungen ins Ausland insbesondere durch die Zinsschranke vor. Ferner brauchen wir stabile Mehrheiten, um nach der Föderalismusreform I auch die Föderalismusreform II erfolgreich umsetzen zu können. Wir brauchen, bis zur nächsten Bundestagswahl, auch stabile Mehrheiten, um unter anderem die Kinderbetreuung der unter 3- Jährigen vernünftig auf den Weg zu bringen, die Erbschaftssteuerreform sowie die Reform der Pflegeversicherung sozialdemokratisch mit zu gestalten und die Gelder sowohl für Forschung und Bildung als auch für Investitionen in den Klimaschutz und die Förderung regenerativer Energien zu verstetigen.

Wichtig ist, dass die Ablehnung des Antrages zum Mindestlohn nicht bedeutet, dass sich auf diesem Feld nichts bewegt. Wir haben in Verhandlungen mit der CDU/CSU immerhin eine Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen durchgesetzt. Das ist kein Kompromiss. Wir wollen mehr. Denn unser Ziel bleiben flächendeckende Mindestlöhne und für diese werden wir auch kämpfen.

Aber wir werden unseren Prinzipien treu bleiben und uns an gültige Verträge, wie den Koalitionsvertrag, halten. Unser Weg ist der, der intensiven Auseinandersetzung mit der CDU/CSU in dieser Frage. Gleichzeitig werden wir in der Bevölkerung für den flächendeckenden Mindestlohn werben. Dumpinglöhne, sittenwidrige Löhne bedeuten im Arbeitsleben ein geringes Einkommen, das zum Leben nicht reicht und später eine geringe Rente, die zur Altersarmut führt, die der Staat wiederum mit der von den Steuerzahlern finanzierten Grundsicherung ausgleichen muss. Und ebenso bedeuten diese sehr niedrigen Löhne, dass im Arbeitsleben der Staat mit Steuermitteln das Einkommen auf die Höhe des Existenzminimums anheben muss, damit ein menschenwürdiges Leben möglich ist. Das ist für die Betroffenen wichtig, aber auf Dauer nicht hinnehmbar, denn die Arbeitgeber sind für faire Löhne verantwortlich.

Sollte die CDU/CSU die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes in dieser Legislaturperiode verhindern wird dies 2009 auf jeden Fall ein Wahlkampfthema werden. Dann haben die Wählerinnen und Wähler die Möglichkeit hierüber zu entscheiden.

Ich würde mich freuen, wenn diese Begründung für mein Abstimmungsverhalten auch für dich schlüssig ist.

Mit freundlichen Grüßen

Franz Thönnes