Frage an Franz Thönnes von Heinz-Peter G. bezüglich Staat und Verwaltung
Sehr geehrter Herr Thönnes,
im Laufe der letzten 15 Jahre ist die Kaufkraft der Beamten- und Ruhestandsbeamtenbezüge um rund 30% gesunken. Auch wenn in Anbetracht der wirtschaftlichen Umstände sicher kein Kaufkraftzuwachs zu erwarten gewesen wäre, ist dies nicht hinnehmbar. Von einer nach dem GG vorsehenen `angemessenen Versorgung` kann keine Rede mehr sein. Es ist mir unerklärlich, weshalb auf diese Umstände seitens der Politiker nicht nachdrücklich hingewiesen und für eine Änderung eingetreten wird.
PS.: Interessant, dass dieses Thema in der Auswahl nicht einmal vorhanden ist.
Mir freundlichem Gruß
Heinz-Peter Gäth, Dipl.-Ing.
Birkenhof 40
24558 Henstedt-Ulzburg
Sehr geehrter Herr Gäth,
vielen Dank für Ihre Frage, die Sie mir über Abgeordnetenwatch.de zugesandt haben.
Es ist richtig, dass der Verbraucherpreisindex, der die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden, in den vergangenen 15 Jahren um 30% gestiegen ist. Allerdings sind die Preisentwicklungen der einzelnen Bereiche unterschiedlich. So ist der Preisindex bei den Nahrungsmitteln im gleichen Zeitraum lediglich um 15% gestiegen, bestimmte Elektronikartikel sind billiger geworden, zum Teil seit 2000 um 40%. Erheblich gestiegen sind dagegen die Energiepreise. Diese Entwicklung betrifft leider alle Menschen in Deutschland- unabhängig ob sie Beamte oder Arbeitnehmer, Versorgungsempfänger oder Rentner sind.
Nach dem Bericht des Bundesinnenministeriums "Der öffentliche Dienst" aus dem Jahr 2006 entsprach die Entwicklung der Einkommen im Öffentlichen Dienst im Zeitraum 1993 bis 2005 ungefähr der durchschnittlichen Tarifsteigerungsrate in der gewerblichen Wirtschaft. Allerdings ist die Übertragung der Tarifabschlüsse im Öffentlichen Dienst auf die Beamten und Versorgungsempfänger nicht immer eins zu eins erfolgt. Es ist zu Veränderungen beim Urlaubsgeld und bei den Sonderzahlungen gekommen.
Diese Veränderungen waren im Zuge der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte notwendig, um Spielräume für dringend erforderliche Investitionen in Forschung, Entwicklung, Bildung und Infrastruktur, nicht zuletzt auch zur Ankurbelung der Konjunktur zu ermöglichen. Trotz der damit verbundenen Ausgabenerhöhungssbegrenzungen steigen durch die durchschnittliche Lebenserwartung und die höhere Zahl von Frühpensionierungen die Versorgungaufwendungen des Staates bei den Beamten.
Es gibt bei uns keinen "automatischen" Inflationsausgleich - weder in der gewerblichen Wirtschaft noch im öffentlichen Dienst, sodass ein Anstieg des Verbraucherpreisindex´ nicht automatisch zu einer Erhöhung der Einkommen der Beamten und Tarifbeschäftigten führen kann. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Tarifparteien mit starken Gewerkschaften und handlungsfähigen Arbeitgeberverbänden - sowohl im öffentlichen Dienst wie in der gewerblichen Wirtschaft- faire Löhne und Gehaltsentwicklungen aushandeln, die sich an einer guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung orientierten. Diese hat sich erfreulicherweise, auch in Folge der geschaffenen politischen Rahmenbedingungen verbessert, so dass ich zuversichtlich auf den Gestaltungsspielraum bei den kommenden Einkommensverhandlungsrunden blicke.
Mit freundlichen Grüßen,
Franz Thönnes