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Franz Thönnes
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Frage von Rieger A. •

Frage an Franz Thönnes von Rieger A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Betr. Christenverfolgung

Sehr geehrter Herr Thönnes,

Christen sind die weltweit am stärksten der Verfolgung ausgesetzte Religionsgemeinschaft. Das Kernland der Bibel, das Heilige Land im Nahen Osten, wird aufgrund massiver Repressalien geradezu von Christen entvölkert. Die ausgesprochen bedrängte Situation der koptischen Christen in Ägypten ist aus der Presse bekannt. Als Folge der Verfolgung insbesondere von der muslimischen Seite fliehen zunehmend Christen aus Ländern wie Ägypten, dem Irak oder Iran. Der sog. „Arabische Frühling“, der in mehreren Ländern (Tunesien, Marokko, Ägypten usw. ) durch demokratische Wahlen radikale Islamisten wie die Muslimbruderschaft an die Regierung bringen wird oder schon gebracht hat, wird – trotz anderslautender verbaler Bekenntnisse – die Verfolgung Andersgläubiger, und damit die Christenverfolgung, in diesen Ländern voraussehbar noch erheblich weiter verschärfen.

Im Iran ist über Pastor Youcef Nadarkhani nur deshalb das Todesurteil ausgesprochen worden, weil er vom islamischen Glauben abgefallen ist. Sein Fall hat inzwischen öffentliche Aufmerksamkeit erlangt. Sein Schicksal ist allerdings kein Einzelfall.

Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich wissen lassen würden, welche konkreten Maßnahmen Ihre Partei und Sie ganz persönlich unternehmen, um der sich ausbreitenden Christenverfolgung weltweit, insbesondere auch in muslimischen Ländern wirksam entgegen zu treten.

Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich mit diesem Thema und meinem Anliegen zu beschäftigen.

Mit freundlichem Gruß
Andreas Rieger

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rieger,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Christenverfolgung und speziell zum Fall Nadarkhani, die Sie mir über Abgeordnetenwatch.de gestellt haben.

Der Iran hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UN-Zivilpakt) unterzeichnet und sich damit verpflichtet, seinen Bürgern Religionsfreiheit zu gewähren. Leider machen die Entwicklungen mehr als deutlich, dass sie es damit nicht so genau nehmen.

Als Reaktion hierauf haben alle Bundestagsfraktionen im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am 19. Oktober 2011 eine gemeinsame Erklärung zur menschenrechtlichen Situation im Iran verabschiedet, die ich ihnen im Wortlaut hier einfüge:

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe verfolgt mit großer Sorge die sich weiterhin verschlechternde Lage der Menschenrechte im Iran

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe fordert die iranische Regierung auf, sich für die sofortigen Freilassungen des Pastors Youcef Nadarkhani und des Menschenrechtsverteidigers Abdolfattah Soltani einzusetzen.

Der iranische Pastor Youcef Nadarkhani wurde am 22. September 2010 wegen Apostasie zum Tode verurteilt. Das iranische Regime verletzt das Menschenrecht auf Religionsfreiheit, die selbst eingegangen völkerrechtlichen Verpflichtungen und die eigene Verfassung. Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe fordert die umgehende Aufhebung der Todesstrafe und die sofortige Freilassung von Youcef Nadarkhani.

Abdolfattah Soltani, bekannter Menschenrechtsanwalt und Mitgründer des iranischen Zentrums für Menschenrechtsverteidiger engagiert sich seit Jahren unter schwierigsten Bedingungen und hohem persönlichen Risiko für politische Gefangene. Er leistet somit einen unschätzbaren Beitrag für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte und der Rechtstaatlichkeit im Iran. Für sein Engagement erhielt Abdolfattah Soltani 2009 den Nürnberger Menschenrechtspreis. Seine Verhaftung ist offensichtlich politisch motiviert und zielt darauf ab, auch andere Menschenrechtsverteidiger einzuschüchtern. Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe fordert die iranische Regierung auf, Abdolfattah ein rechtsstaatliches Verfahren und seine Freilassung zu ermöglichen.

Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Herr Markus Löning, hat sich mit deutlichen Worten dazu geäußert.

Jedoch beschränkt sich die Verfolgung Andersdenkender im Iran nicht nur auf Christen oder andere religiöse Gemeinschaften. Das iranische Regime handelt in derselben Weise gegen politische Oppositionelle, Homosexuelle, kritische Intellektuelle und häufig genug auch gegen Abtrünnige aus den eigenen Reihen. Hier gilt es parteiübergreifend Druck aufzubauen. Vor diesem Hintergrund begrüße ich beide Verlautbarungen sehr.

Grundsätzlich gilt, dass Religions- und Glaubensfreiheit ein Menschenrecht ist und in allen Staaten geachtet werden muss. Leider ist dies immer noch nicht der Fall. Die SPD setzt sich in ihren internationalen Kontakten für die Religionsfreiheit ein und hat die Bundesregierung aufgefordert, die Arbeit des neuen Sonderberichterstatters für Religions- und Glaubensfreiheit beim UN-Menschenrechtsrat, Herrn Heiner Bielefeldt, mit allen Möglichkeiten zu unterstützen. Diesbezüglich verweise ich auch auf den Antrag der SPD-Bundestagsfraktion (Bundestagsdrucksache 17/3428) vom Oktober 2010, der weitere Forderungen enthält, u.a. wird die Bundesregierung aufgefordert, im Dialog insbesondere mit islamisch geprägten Staaten auf deren völkerrechtliche Verpflichtungen bezüglich der Achtung und Umsetzung des Rechts auf individuelle und kollektive Religionsfreiheit hinzuweisen und deutlich zu machen, dass dieses Recht sowohl die öffentliche Glaubenspraxis als auch den Wechsel der Religion beinhaltet.

Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes