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Franz Thönnes
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Frage von Jens J. •

Frage an Franz Thönnes von Jens J. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Thönnes,

in der Diskussion um die Abschaltung der AKW´s, tritt immer mehr in den Vordergrund, eine angeblich unausweichliche Erhöhung der Energiepreise. Ich halte diese Diskussion um reine Taktik, da damit m.E.n. Druck auf die Bevölkerung ausgeübt werden soll, ihre Haltung zur Abschaltung der AKW´s zu revidieren. Über die angedrohten horrenden Energiepreise bekommt man die Bürgerinnen und Bürger an die Kandarre - so zumindestens der Versuch.
Ich vermisse zu dieser Frage, wie es denn mit einer Beteiligung der Energieversorger aussieht, die immerhin mit ihren überhöhten Preisen immer wieder Milliardengewinne einfahren. Ganz abgesehen davon, wie die großen Konzerne ihr Führungspersonal mit millionenschweren Boni und Vergünstigungen (Tagungen, Symposien etc.) bei Laune halten.
Warum soll nun zuerst der "kleine Mann" eine Zeche bezahlen, wovon die Konzerne in ungeminderter Form provitieren? Eine Problematisierung der finanziellen Situation der großen Energiekonzerne sollte m.E.n. mal zu Diskussion gestellt werden.

Mit besten Grüßen aus Jersbek, Jens Jobs.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jobs,

vielen Dank für Ihre Frage zur Energiepolitik, die Sie mir über Abgeordnetenwatch.de gestellt haben.

Grundsätzlich gebe ich Ihnen recht, dass wir einen wirklich spannende Form der Lobbyarbeit erlebt haben. Deutlich wird dies, wenn man sich die Entwicklung vergegenwärtigt. Unter den Eindrücken der Katastrophe in Fukushima erlässt die Bundesregierung ein dreimonatiges Moratorium um die ältesten deutschen Atomkraftwerke zu überprüfen. Ein halbes Jahr vorher hat dieselbe Regierung noch die Laufzeiten verlängert. Begründet wurde dies mit der ansonsten angeblich nicht gegebenen Versorgungssicherheit. Zweifel an der Sicherheit der Kraftwerke nannte sie damals unbegründet.

Besonders interessant ist dabei, dass die vier großen Energieversorger dieses Moratorium einfach akzeptiert haben, obwohl es dafür keine rechtliche Grundlage gab. Der Grund hierfür war, dass auch sie ein Interesse daran hatten das Thema aus der Öffentlichkeit und den damals anstehenden Landtagswahlen zu halten.

Doch seit es aus der Bundesregierung Anzeichen gab, dass auch sie einen Ausstieg aus der Atomenergie durchsetzen wollte, änderten die Stromkonzerne ihre Taktik und begannen sich gegen das Ende ihrer Kernkraftwerke zu wehren. Zum einen direkt, wie durch die Klagen von RWE gegen das Moratorium sowie von RWE und E.ON gegen die Brennelementesteuer zum anderen indirekt, über gezielte Kampagnen bezgl. der Versorgungssicherheit und der Energiepreise.

Trotz dieser versuchten Einflussnahme hat der Deutsche Bundestag am 30. Juni 2011 ein sofortiges Abschalten der ältesten AKWs sowie einen kompletten Ausstieg aus der Kernenergie bis 2022 beschlossen. Angesichts der Tatsache, dass die SPD seit mehr als 25 Jahren für das Ende der Atomkraft gearbeitet hat, haben wir dem Ausstiegsbeschluss zugestimmt.

Mit der Vorlage des Energiepakets haben die Bundesregierung und die sie tragende Koalition eine Kehrtwende in der Energiepolitik vollzogen. Schwarz-Gelb ist mit geringfügigen Änderungen zum rot-grünen Atomausstieg aus dem Jahr 2000 zurückgekehrt. Das jetzige Ergebnis wird sich an der damaligen Umsetzung des Ausstiegs messen lassen müssen. Dieser war rechtssicher, verfassungsfest, frei von Entschädigungsleistungen und wurde nicht beklagt.

Aber mit dem Ausstieg ist die Energiewende noch lange nicht erreicht. Vielmehr wäre es jetzt notwendig, in vielen Bereichen den von SPD und Grünen eingeleiteten Umbau unseres Energiesystems hin zu einem sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Energiedienstleistungssystem fortzusetzen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat ihre Vorstellungen hierzu mit dem Antrag „Energiewende zukunftsfähig gestalten“ (Drs. 17/6292) in den Deutschen Bundestag eingebracht. Doch mit der Verabschiedung ihres Gesetzespakets haben die Regierungsfraktionen den entgegengesetzten und damit falschen Weg eingeschlagen. Der Novelle des Erneuerbare Energiengesetzes (EEG) hat meine Fraktion deshalb nicht zugestimmt. Bei der Abstimmung zum Energiewirtschaftsgesetz haben wir uns enthalten.

Schwarz-Gelb hat bewusst darauf verzichtet, in einem breiten Konsens fraktionsübergreifend die Eckpunkte für den Schlüsselsektor Energie festzulegen. Ein politischer und gesellschaftlicher Energiekonsens wurde damit verhindert. Dabei wäre dieser ein wichtiger Schritt, die Akzeptanz bei den Menschen für wichtige Infrastrukturprojekte wie Stromnetze, Speicher oder Erneuerbare-Energien-Anlagen zu erhöhen. Hierdurch besteht die Gefahr, dass die mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz angestrebte Beschleunigung des Stromnetzausbaus verfehlt wird.

Zu den Kosten der anstehenden Energiewende. Es ist so, dass die Netzbetreiber den Ausbau der Leitungen bezahlen müssen. Die Kosten hierfür können sie nach Vorgaben der Bundesnetzagentur zum Teil auf die Preise umlegen. Die Betreiber müssen dabei nicht unbedingt die Energiekonzerne sein. E.ON hat sich zum Beispiel von seinem Netz getrennt und bei den anderen Konzernen wurden die Netzsparten in Tochtergesellschaften ausgegliedert. Ein heranziehen der Energiekonzerne an den Kosten des Ausbaus ist also nicht ohne weiteres möglich.

Darüber hinaus ist auch zu bedenken, dass ein Reingewinn eines Konzerns von beispielsweise fünf Milliarden Euro natürlich enorm ist, sie für die Energiewende aber auch große finanzielle Leistungen erbringen müssen. Der Bau eines modernen Gaskraftwerkes kann von der Planung bis zum Betrieb mit Kosten von ca. einer Milliarde Euro beziffert werden. Auch die für die zukünftige Stromversorgung wichtigen Offshore-Windenergieparks sind Milliardenprojekte. Es hilft also nicht, jetzt zum Netzausbau die Gewinne der Energiekonzerne abzuschöpfen, und diese Mittel über ein noch nicht dargestelltes Konstrukt zu den Netzbetreibern zu transferieren, um ihnen damit die Möglichkeit in neue Großkraftwerke zu investieren zu nehmen.

Aus diesem Grund setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion auch für intelligente Lösungen ein. Ein spannender Vorschlag ist die Nutzung des Stromtrassen der Deutschen Bahn. Diese sind in Deutschland flächendeckend ausgebaut und könnten möglicherweise mit einem Bruchteil der Kosten für einen Neubau nutzbar gemacht werden, um Energie aus dem Norden nach Süddeutschland zu leiten.

Grundsätzlich bleibt es das Ziel der SPD die Energieversorgung Deutschlands in Zukunft dezentraler zu gestalten. Dafür brauchen wir neben den eben genannten Großkraftwerken der vier großen Energieunternehmen auch die Stadtwerke. Diese investieren derzeit über acht Milliarden Euro für rund 5.000 Megawatt Strom, was der Leistung von fünf mittleren AKWs entspricht. Die Aussicht diesen Strom auch verkaufen und in weitere Anlagen investieren zu können, ist nach dem Ausstieg aus der Atomenergie deutlich gestiegen.

Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes