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Frage von Margret K. •

Frage an Franz Thönnes von Margret K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sie haben für die Rente mit 67 gestimmt. Mich interessieren die Argumente der SPD für das "JA".

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kowalski,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Rente mit 67.

Da es sich bei der hierzu notwendigen Entscheidung um eine sehr komplexe Thematik handelt, antworte ich Ihnen etwas ausführlich.

Die Anhebung der Altersgrenzen war gewiss keine leichte Entscheidung. Sie ist Bestandteil der Umsetzung des Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und SPD. Glaubwürdige Politik ist zu einem kalkulierbaren und verantwortlichen Handeln verpflichtet. Grundlage hierfür muss sein, die Gesamtheit der Bedingungen zu sehen und gleichzeitig die Voraussetzungen für eine Verbesserung der Beschäftigungssituation und Initiativen für "Gute Arbeit", für Arbeit, die die Beschäftigungsfähigkeit erhält, voranzubringen.

Die Grundlagen für die beschlossenen rentenpolitischen Entscheidungen liegen in der ökonomischen Entwicklung der vergangenen Jahre sowie der damit einhergehenden Arbeitsmarktsituation, der Demographie, der finanziellen Situation der Rentenversicherung, der Notwendigkeit eines Mentalitätswechsels bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer und der Sicherung der künftigen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Eine höhere Lebenserwartung, längere Ausbildungszeiten, weniger Beitragszahler – das sind die Fakten, mit denen wir uns in der Rentenpolitik auseinandersetzen müssen. So beträgt die Zahl der heute 40 – 45-Jährigen im Beschäftigungssystem ca. 8,3 Mio. Menschen. Die Größenordnung der heute einen Monat alten Kleinkinder bis zu den 5-Jährigen liegt bei 4,1 Mio. Wenn also in gut 20 Jahren die erste Gruppe aus dem Erwerbsleben ausscheidet, dann wird sie nicht einmal mehr durch die nachkommende Generation zur Hälfte ersetzt. Hierauf haben wir uns einzustellen, wenn es gilt eine gute Balance in die damit verbundenen Aufwendungen für die jüngere und ältere Generation zu bringen. Für die SPD ist dabei klar, dass die die gesetzliche Rentenversicherung auch künftig die wichtigste Säule der Altersversorgung bleiben muss.

Die entscheidenden Maßnahmen, um die langfristige Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung sicherzustellen, sind in den letzten Jahren bereits erfolgt. Mit der Entscheidung, die Altersgrenze für die Regelaltersrente schrittweise auf 67 Jahre anzuheben, wird es langfristig gelingen, dass der Beitragssatz zur Rentenversicherung nicht über 22 Prozent steigt. Ab 2012 wird hierfür das Renteneintrittsalter schrittweise um einen Monat, ab 2024 um zwei Monate pro Jahr erhöht, so dass erst ab 2029 das gesetzliche Renteneintrittsalter bei 67 Jahren liegt. Für die Geburtsjahrgänge ab 1964 gilt dann die Regelaltersgrenze 67 Jahre. Bis einschließlich 1963 Geborene erreichen die Regelaltersgrenze entsprechend früher. Mit der schrittweisen Einführung der Rente mit 67 handeln wir vorausschauend, ändern nichts von heute auf morgen sondern praktizieren eine gleitende Entwicklung. Denn: Wir sind heute dafür verantwortlich, dass auch in Zukunft das Rentensystem funktioniert und Generationengerechtigkeit herrscht.

Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Veränderung des Rentenalters kein Selbstzweck. Deshalb haben wir diese an die Erfüllung bestimmter Bedingungen geknüpft: Zeitgleich mit der Verabschiedung der Regelungen zur Anhebung der Altersgrenzen haben wir eine Vorbehaltsklausel verankert. Die Bundesregierung ist danach verpflichtet, ab 2010 regelmäßig darüber zu berichten, ob die Maßnahmen mit der Entwicklung der Arbeitsmarktlage und der wirtschaftlichen und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer vereinbar sind.

Ein zentrales Ziel der SPD-Bundestagsfraktion ist es, die Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Vordergrund zu rücken. Wir brauchen die Erfahrung, das Wissen und die Urteilskraft der bereits langjährig Beschäftigten. Dieses Potenzial darf nicht ungenutzt bleiben. Mit unserer Politik haben wir Erfolg. Seit 1998 ist die Erwerbstätigkeit der über 55-Jährigen von 37,7 Prozent auf inzwischen über 52,5 Prozent gestiegen. Daher macht es auch Sinn, die Rente mit 67 in einem Atemzug mit der Initiative 50plus zu nennen.

Mit der Initiative 50plus haben wir ein Bündel von Maßnahmen eingeführt, mit denen Beschäftigungsfähigkeit und Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter verbessert und die Langzeitarbeitslosigkeit unter Älteren verringert werden sollte.

Die berufliche Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in kleinen und mittleren Betrieben wird gefördert. Künftig können Beschäftigten bereits ab 45 Jahren (statt wie bisher ab 50 Jahren) in Betrieben mit bis zu 250 Arbeitnehmern (statt 100 Arbeitnehmer) die Weiterbildungskosten erstattet werden. Damit werden frühzeitig Anreize für die Weiterbildung gesetzt.
Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können bei einer Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt oftmals nicht das Entgelt aus ihrer früheren Beschäftigung erzielen. Hier setzt die Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als neuer Kombilohn an. Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 120 Tagen haben einen Rechtsanspruch auf einen teilweisen Ausgleich der Differenz zwischen dem Nettoentgelt vor der Arbeitslosigkeit und dem Nettoentgelt, das sie in der neuen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erhalten. Die Nettoentgeltdifferenz wird im ersten Jahr zu 50 Prozent und im zweiten Jahr zu 30 Prozent ausgeglichen. Darüber hinaus werden die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aus der neuen Beschäftigung durch einen Zuschuss auf 90 Prozent der früheren Beiträge aufgestockt.
Arbeitgeber können im Rahmen einer Ermessensregelung künftig Eingliederungszuschüsse erhalten, wenn sie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, einstellen und mindestens ein Jahr beschäftigten. Voraussetzung ist, dass die Eingestellten in den letzten sechs Monaten arbeitslos waren oder an bestimmten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilgenommen oder persönliche Vermittlungshemmnisse haben. Die Eingliederungszuschüsse werden den Arbeitgebern für mindestens ein Jahr, höchstens drei Jahre in Höhe von mindestens 30 Prozent und höchstens 50 Prozent der Lohnkosten gewährt.
Die Regelung über befristete Arbeitsverträge mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab Vollendung des 52. Lebensjahres wurde neu gestaltet.
Künftig ist Voraussetzung für die sachgrundlose Befristung des Arbeitsvertrages, dass die ältere Arbeitnehmerin oder der ältere Arbeitnehmer unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos war, Kurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teilgenommen hat. Die Höchstbefristungsdauer bei demselben Arbeitgeber wird fünf Jahre betragen. Die Neuregelung entspricht den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs, der für eine erleichterte Befristung Älterer verlangt hat, dass deren persönliche Situation auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt wird.
In der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) engagieren sich Bund, Länder, Sozialpartner und Unternehmen und entwickeln praxisnahe Maßnahmen, um die Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer zu verbessern. Wichtiger Bestandteil von INQA ist ein Demografie-Netzwerk, in dem Unternehmen für Unternehmen Perspektiven für alter(n)sgerechtes Arbeiten aufzeigen.
Das Bundesprogramm "Perspektive 50plus" bildet das Dach für die Förderung von bundesweit 62 regionalen Beschäftigungspakten zur beruflichen Wiedereingliederung Älterer in den (allgemeinen) Arbeitsmarkt. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt auf dem Aufbau und der Weiterentwicklung von Netzwerken und Kooperationen zu verbindlichen Paktstrukturen. Für die erste Programmphase kann eine erfolgreiche Bilanz gezogen werden: Bis Ende September 2007 haben die regionalen Beschäftigungspakte mehr als 22.562 Langzeitarbeitslose über 50 Jahre in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt. Diese Projektregionen können nun weiter gefördert werden bis 2010. Hierfür stehen nach den 250 Mio. Euro für die erste Periode nun 275 Mio. Euro zur Verfügung. Auch können Partnerschaften mit anderen Regionen eingegangen werden. In der zweiten Programmphase wurden bis Ende 2008 bereits über 70.000 ältere Langzeitarbeitslose aktiviert. Davon konnten rund 19.500 in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden. Allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 2009 wurden 9.828 ältere Arbeitsuchende integriert (bei einer Aktivierung von 59.151 Frauen und Männern). Bis Ende 2009 sollen mit den neuen Partnern 100.000 ältere Langzeitarbeitslose aktiviert und 30.000 Frauen und Männer in den Arbeitsmarkt integriert werden.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat die Interessen der Rentnerinnen und Rentner ebenso im Blick, wie die nachhaltige finanzielle Sicherung der Rentensysteme für die junge Generation. Die Höhe der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist in Deutschland an die Entwicklung der Löhne und Gehälter gekoppelt. Wenn diese ansteigen und die Beschäftigten mehr Geld zur Verfügung haben, dann werden auch die Renten angehoben. Umgekehrt müssen die Rentnerinnen und Rentner auf einen Anstieg ihrer Ruhegelder verzichten, wenn auch die Beschäftigten keine Lohnzuwächse erzielen können.

In diesem Jahr stiegen die Renten in Westdeutschland um 2,41 Prozent und im Osten um 3,38 Prozent. So stark sind die Renten im Westen seit 1994 und im Osten seit 1997 nicht mehr gewachsen. Nach 0,54 Prozent in 2007 und 1,1 Prozent in 2008 ist es gut, dass es diese kräftige Erhöhung gibt. Die Erhöhung gibt einen Schub für die Binnennachfrage und zeigt, dass auch in der Krise auf unseren Sozialstaat Verlass ist.

Im Juni 2009 haben wir eine Ausweitung der Schutzklausel bei der Rentenanpassung beschlossen. Die Änderung stellt sicher, dass es auch bei einer negativen Lohnentwicklung nicht zu einer Verringerung der geltenden aktuellen Rentenwerte kommen kann. Wir wollen mit dieser Maßnahme verhindern, dass kurzfristige negative Entwicklungen der Löhne der Beschäftigten zu Rentenminderungen führen. Damit wird vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise für die Rentnerinnen und Rentner essentielles Vertrauen in die Sicherheit ihrer Renten geschaffen. Zudem wird so sichergestellt, dass eine Absenkung des aktuellen Rentenwerts in einer Krisensituation nicht weiter die Binnennachfrage schwächt. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass in diesem Fall die unterbliebenen Minderungswirkungen nachgeholt werden müssten, so dass die Rente auch künftig grundsätzlich der Einkommensentwicklung folgt.

Wir wissen, dass die betriebliche Altersversorgung als zweite Säule unseres Alterssicherungssystems eine immer wichtigere Rolle spielt. Die SPD hat mit der Rentenreform 2001 die staatliche Förderung der zweiten Säule des Alterssicherungssystems verbessert. Seit Januar 2002 haben Beschäftigte grundsätzlich das Recht, einen Teil ihres Lohns oder Gehalts zugunsten einer betrieblichen Altersvorsorge umzuwandeln, um später eine Betriebsrente zu erhalten. Beiträge, die zur betrieblichen Altersvorsorge in eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung investiert werden, sind bis zu einer Grenze von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der Gesetzlichen Rentenversicherung steuer- und sozialversicherungsfrei. Mittlerweile betreiben einige Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die sozialversicherungsfreie Entgeltumwandlung. Diese Renaissance der Betriebsrente ist sehr erfreulich. Ohne sie wäre für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge weitaus schwieriger. Um diese zweite Säule der Alterssicherung in Deutschland weiter zu stärken, hat die Große Koalition beschlossen, die Sozialversicherungsfreiheit der Entgeltumwandlung über das Jahr 2008 hinaus unbefristet fortzusetzen. Zusammen mit der entsprechenden Steuerfreiheit ergibt sich so eine solide und dauerhafte Grundlage für die Förderung der betrieblichen Altersversorgung.

Die private Vorsorge bildet das dritte Standbein der Alterssicherung in Deutschland. Immer mehr Menschen in Deutschland erkennen diese Notwendigkeit und den Nutzen zusätzlicher finanzieller Absicherung nach dem Arbeitsleben. Die „Riester-Rente“ ist hierbei ein besonderer Erfolg: Mehr als 12 Millionen Menschen betreiben die staatlich geförderte Altersvorsorge. Und sie suchen sich mit der „Riester-Rente“ das Instrument aus, das Sicherheit bietet und sich am meisten lohnt – gerade auch dann, wenn parallel eine Familie zu versorgen ist und nicht so viel Geld zur Verfügung steht:

Wer vier Prozent seines sozialversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens (mindestens 60 Euro jährlich bzw. 5 Euro monatlich) als Eigenbeitrag in den Aufbau einer „Riester-Rente“ investiert, profitiert von staatlicher Förderung in Form von Grund- und Kinderzulagen bzw. steuerlichen Sparmöglichkeiten.

Zum Jahresbeginn 2008 haben wir die „Riester-Rente“ noch attraktiver gestaltet:
Kinderzulage: Für ab dem 1.1.2008 geborene Kinder wurde die Kinderzulage von 185 auf 300 Euro erhöht.
„Wohn-Riester“: Mit dem sogenannten „Eigenheimrentengesetz“ wird die selbstgenutzte eigene Wohnimmobilie in die steuerlich geförderte Altersvorsorge aufgenommen.
Berufseinsteiger-Bonus: Jugendliche unter 21 Jahren, die einen Riester-Vertrag abschließen, erhalten eine Förderung von einmalig 100 Euro.
EU/BU-Rente: Der für die staatliche Altersvorsorge förderberechtigte Personenkreis wird auf Erwerbsminderungs- und Berufsunfähigkeits-Rentner ausgeweitet.

Mit dem Betriebsrentengesetz haben wir die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung zukunftssicherer ausgestaltet, indem wir die Finanzierung auf eine volle Kapitaldeckung umgestellt haben. Durch diese Umstellung von der Teilumlagefinanzierung auf volle Kapitaldeckung stabilisieren wir langfristig die Insolvenzsicherung von Betriebsrenten. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bringt die Umstellung Vorteile: Sie können sich in Zukunft noch stärker auf den Schutz ihrer Betriebsrente vor dem Risiko einer Insolvenz ihres Arbeitgebers verlassen. Das Gesetz macht die betriebliche Altersversorgung robuster und attraktiver. Es ist Teil der nachhaltigen Alterssicherungspolitik der Bundesregierung.

Auf Grund der Komplexität der Rententhematik war eine kürzere Antwort nicht möglich. Mir ist es, so hoffe ich, gelungen Ihnen zu verdeutlichen, dass das Thema Rente mit 67 nur ein Teilaspekt der Rentenpolitik der Bundesregierung ist. Dieser ist immer eingebettet in das Gesamtpaket und dementsprechend zu bewerten.

Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes