Frage an Franz Thönnes von Hendrik W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Thönnes,
obwohl ich ein regelmäßiger und auch kritischer Nutzer des Internets bin, hat mich die heutige Meldung zur Weitergabe der im Zuge der Vorratsdatenspeicherung erlangten Daten an die Polizeibehörden in S.-H. überrascht.
Dem Artikel zufolge
http://www.heise.de/newsticker/Schleswig-Holstein-erlaubt-Polizei-Zugriff-auf-Vorratsdaten--/meldung/141221 hat die SPD hier fleißig mitgestimmt.
Ihnen ist hoffentlich bekannt, dass eine Verfassungsklage anhängig ist, die die Frage der Vorratsdatenspeicherung _an sich_ in Frage stellt?
Ihnen ist hoffentlich auch bewusst, auch wenn ich keiner Partei eine böswillige Absicht unterstellen will, dass *heute* die Weitergabe der erlangten Daten nur bei "Gefahr für Leib und Leben.. etc." möglich sein soll.
Wer garantiert mir, dass der "Leib und Leben"-Passus nicht eines Tages geändert wird und die Weitergabe der Daten trotzdem erlaubt bleibt?
Schon heute ist die Unschuldsvermutung eher zweifelhaft - wenn mich ein Redirector auf eine Kinderpornoseite (?) schickt, kommen dann Frau von der Leyens Eingreiftruppen demnächst bei mir vorbei?
Wenn ich eines Tages auf sehr direkte Weise äußere, was ich von Politikern halte, und wie man mit ihnen umzugehen hätte, ist das dann schon eine "Gefahr für Leib und Leben"?
Wo bleibt die gute alte Meinungsfreiheit?
Und bitte - kommen Sie mir nicht mit der Mär "das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein" - das war es noch nie. Unsere Gesetze gelten nach wie vor...
Mit freundlichen Grüßen,
Hendrik Wessel
P.S.: Ich hätte ja auch gerne Ihren Kollegen von der CDU angeschrieben, aber offensichtlich zieht er es vor, überhaupt nicht zu antworten.
Sehr geehrter Herr Wessel,
vielen Dank für Ihre Frage vom 28. Juni 2009.
Der von Ihnen als Grundlage Ihrer Fragen genutzte Artikel vom Internetportal http://www.heise.de ist leider so nicht korrekt.
Die Möglichkeit zur Nutzung der im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gewonnen Daten zur Gefahrenabwehr ist bereits seit zwei Jahren im § 185a des Landesverwaltungsgesetzes Schleswig-Holstein geregelt. Bei der im Artikel genannten Sitzung des schleswig-holsteinischen Landtages ging es lediglich um eine Anpassung an geltendes Recht, indem in den bereits erwähnten Paragraphen ein Verweis auf § 113a des Telekommunikationsgesetzes eingearbeitet wurde. Zu einer Ausweitung der Befugnisse ist es also nicht gekommen.
Eine Garantie, dass der Passus, welcher die Nutzung auf eine konkret bestehende „Gefahr für Leib und Leben“ reduziert, nicht eines Tages geändert wird, kann Ihnen niemand geben. Grundsätzlich gilt, dass alles was von Menschen aufgeschrieben wurde auch von ihnen verändert werden kann.
Sollten Sie zu diesem Thema noch weitere Fragen haben, bitte ich Sie direkt Kontakt mit Ihren Landtagsabgeordneten Andreas Beran (SPD) unter beran@spd-segeberg.de oder mit Wilfried Wengler (CDU) unter wwengler@t-online.de aufzunehmen. Denn, wie Sie selber geschrieben haben wurde dies im Landtag von Schleswig-Holstein und nicht im Deutschen Bundestag beschlossen. Nichts desto trotz wollte ich Ihnen diese Information nicht vorenthalten.
Abschließend noch zu einem Themenfeld, welches sich auf die Bundespolitik bezieht. Sie äußern die Kritik, dass die Unschuldsvermutung nicht mehr wirklich greift und begründen dies indem Sie auf „Frau von der Leyens Eingreiftruppen“ Bezug nehmen. Damit meinen Sie sicherlich dass "Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen". Bitte nehmen Sie dabei zur Kenntnis, dass der von Ihnen geschilderte Umstand einer Kriminalisierung durch unverschuldetes Aufrufen einer Internetseite mit kinderpornographischem Inhalt durch die SPD-Bundestagsfraktion aus dem Gesetz herausverhandelt wurde. Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.
Weitere Informationen dazu entnehmen Sie bitte meiner Antwort an Herrn R. vom 25. Juni 2009 hier auf Abgeordnetenwatch.de.
Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes