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Franz Thönnes
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Frage von Christoph R. •

Frage an Franz Thönnes von Christoph R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Thönnes,

ich wende mich mit einer Frage an Sie, die nicht zu Ihren parlamentarischen Themenschwerpunkten gehört. Da Sie aber der Abgeordnete meines Wahlkreises sind, stelle ich ihnen die Frage trotzdem.
In den vergangenen Wochen verfolge ich mit Entsetzen und großer Sorge die Diskussion um das Für und Wieder von Internetsperren. Ich habe mich dabei durch unzählige Ausführungen im Internet informiert. Außerdem habe ich das Protokoll der 214. Sitzung des Bundestages gelesen und eine Aufarbeitung der von Ministerin von der Leyen benannten Quellen gelesen. Was mich bei diesem Protokoll neben der eigentlichen Problematik, der Gefährdung unserer Kinder, entsetzt hat, ist, mit welcher technischen und juristischen Unkenntnis, gegen die Expertenmeinungen, argumentiert wurde. Außerdem entsetzt mich die, ich will versuchen es wertfrei auszudrücken, kreative Auslegung der Quellen durch Frau Ministerin von der Leyen.
Dem Protokoll ist zu entnehmen, dass am 26. März auch Genossen/-innen eine, wenn auch deutlich kritischere, Haltung für Sperren einnehmen. Die Ausführungen von Frau Ministerin Zypries gehen zum Teil in die richtige Richtung.

Mein Eindruck bzw. meine Sorge ist, dass viele Abgeordnete aus Angst als Kinderschänder, oder zumindest als Dulder, hingestellt zu werden, sich nicht hinreichend kritisch mit dem Thema auseinander setzen.

Beschäftigen Sie sich, neben Ihren eigentlichen Schwerpunkten, ausgiebig mit diesem Thema und seinen Konsequenzen für die verfassungsmäßigen Rechte?
Wenn, ja, aus welchen Quellen beziehen Sie Informationen und wie bringen Sie diese in die Fraktionsarbeit ein?

Mit freundlichem Gruß

Christoph Ripcke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ripcke,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 24. Mai 2009, mit denen Sie sich kritisch mit dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen auseinandersetzen.

Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Vergehen. In den vergangenen Jahren haben wir deshalb das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornographie lückenlos unter Strafe gestellt. Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu immer jüngeren Opfern festzustellen. Der kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren.

Der SPD-Bundestagsfraktion war bereits zu Beginn dieser Diskussion voll bewusst, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegen. Deshalb haben wir stets deutlich gemacht, dass wir für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage für erforderlich halten, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Wie Sie wissen, hat es vor kurzem vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern gegeben, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen. Aus diesem Grund haben wir durchgesetzt, dass es am 27. Mai 2009 eine Anhörung des Wirtschaftsausschusses zum Gesetzentwurf gegeben hat. Hier wurden zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen erörtert und auch die in Teilen der Internet-Community aufgeworfenen Kritikpunkte, die ihren Ausdruck in einer stark beachteten E-Petition gefunden haben, angemessen einbezogen.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat im Anschluss daran, ebenso wie der SPD-Parteivorstand, grundlegende Änderungen am Kinderpornografie-Bekämpfungsgesetz angemahnt und in Verhandlungen mit der Union durchgesetzt.

Die Kernforderungen der SPD werden wie folgt umgesetzt:

1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips: Löschen vor Sperren:
Die Aufnahme in die Sperrliste des BKA erfolgt nur, so weit zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben.

2. Kontrolle der BKA-Liste und Rechtsschutzmöglichkeiten Betroffener:
Beim Datenschutzbeauftragten des Bundes wird ein unabhängiges Gremium bestellt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Das Gremium kontrolliert die BKA-Liste regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren, soweit die Voraussetzungen für eine Sperrung nicht vorliegen. Es wird verankert, dass gegen die Aufnahme in die Sperrliste der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist.

3. Datenschutz:
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.

4. Spezialgesetzliche Regelung mit Befristung:
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie ermöglicht wird, nicht jedoch von anderen Inhalten, werden die wesentlichen Regelungen in einem neuen Zugangserschwerungsgesetz statt im Telemediengesetz verankert. Zudem tritt das Gesetz automatisch zum 31. Dezember 2012 außer Kraft, so dass in jedem Falle die vorgesehene Evaluation auszuwerten ist, auf deren Basis endgültig entschieden werden kann. Zusätzlich haben wir eine Bestimmung aufgenommen, die ausschließt, dass die neu geschaffene Infrastruktur zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden kann.

Mit diesen Änderungen werden auch die wesentlichen Forderungen des Bundesrates sowie der Experten aus der Bundestagsanhörung berücksichtigt. Zudem tragen wir Bedenken aus der Internet-Community Rechnung, mit dem Gesetz würde eine Infrastruktur aufgebaut, die zu anderen Zwecken als der Sperrung kinderpornografischer Inhalte genutzt werden könnte. Dies wird durch das Gesetz gerade ausgeschlossen. Ohne das Gesetz hingegen blieben die bereits abgeschlossenen Verträge zwischen BKA und Internetprovidern über Sperrmaßnahmen gültig, die gerade keinen hinreichenden Grundrechtsschutz und verfahrensrechtliche Sicherungen beinhalten. Mit der neuen Regelung bekämpfen wir nicht nur die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte im Internet, sondern schützen zugleich Internetnutzer, sichern rechtsstaatliche Grundsätze und ermöglichen ein transparentes Verfahren. Dieses Ergebnis zeigt, dass der wichtige Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer sich nicht ausschließen müssen.

Eins ist allerdings klar: Weitere Schritte sind erforderlich, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan (s. Anhang) zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt.

Abschließend zu Ihren Fragen, inwieweit ich mich mit einer solchen Thematik befasse, und welche Quellen ich nutze. Während eines Gesetzgebungsprozesses erreichen mich in unterschiedlicher Intensität auch Anfragen und Meinungsäußerungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie Verbänden. Hinzu kommen weitere Anregungen aus Gesprächen und parteiinternen Kontakten. Dies wird ergänzt durch Zusammenkünfte und Unterredungen mit den jeweiligen Fachpolitikern aus der SPD-Bundestagsfraktion sowie schriftlichen Informationen.

Mit freundlichen Grüßen
Franz Thönnes