Frage an Franz Niggemann von Ernest G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Niggemann,
ich hätte folgende Fragen an Sie, bezüglich der Außenpolitik:
1.) Sind Sie für oder gegen den EU-Beitritt der Türkei?
2.) Soll Griechenland Ihrer Meinung nach die Schuldenprobleme selber lösen, indem die griechische Regierung z. B. rigeros Stellenabbau betreibt, und beim normalen Volk spart? Oder, soll Griechenland ganz aus der Euro-Zone ausscheiden?
3.) Sollen z. B. marode Banken in Spanien mit EU-Geldern vollgepumpt werden?
4.) Was ist so Ihr Standpunkt bezüglich des Atomprogramms des Iran?
5.) Soll die deutsche Regierung zusammen mit den NATO-Partnern Ihrer Meinung nach endlich mal in Syrien eingreifen, um erstens das Blutvergießen zu beenden, und zweitens die Regierung von Präsident Assad zu stürzen?
6.) Was ist so allgemein Ihr Standpunkt zur NATO, zur Vertreidigungspolitik sowie zu den Bundeswehreinsätzen im Kosovo und in Afghanistan?
Vielen Dank schonmal im Voraus für die Beantwortung der Fragen!
Mit freundlichen Grüßen
Ernest Goetz
Sehr geehrter Herr Goetz,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen gern wie folgt beantworte.
Nicht zu jeder, der von Ihnen gestellten Fragen gibt es bereits eine parteiintern abgestimmte Meinung der Alternative für Deutschland. Wie Sie wissen, hat sich die Partei erst im Frühjahr diesen Jahres gegründet, um der nach Meinung der etablierten Parteien angeblich alternativlosen Europolitik etwas entgegenzusetzen. Deshalb kann ich Ihnen zu einigen der Fragen nur meine persönliche Auffassung wiedergeben.
zu 1)
Ich bin zur Zeit dagegen! Grundwerte wie Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind in der Türkei nach wie vor nicht gegegeben.
zu 2)
Griechenland wird unter den derzeitigen Bedingungen seine Probleme nicht selbst lösen können. Griechenlands Schuldentragfähigkeit liegt bei max. 100 Milliarden Euro - die derzeitige Staatsschuld liegt aber jetzt schon bei 350 Milliarden Euro und wird weiter steigen. Trotz Milliardenhilfen schrumpft die griechische Wirtschaft weiter und immer mehr Menschen werden arbeitslos. Das Bruttoinlandsprodukt fiel zwischen April und Juni um ca. 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. In den ersten sieben Monaten hat das Land einen Primärüberschuss von ca. 2,6 Milliarden erwirtschaftet.
Der Zinsendienst ist dabei noch nicht berücksichtigt. Die Kredite "fressen" die Überschüsse auf! Ein Schuldenschnitt ist unausweichlich!
Darüber hinaus halte ich ein Parallelwährungssystem in Griechenland und auch in den anderen Krisenländern für notwendig, damit sie überhaupt die Chance bekommen, über eine gesteuerte Abwertung ihrer Währung, wieder wettbewerbsfähig zu werden. Weiterhin müssen natürlich auch bestimmte Einsparungen in Griechenland vorgenommen werden und vor allem auch zusätzliche und zielorientierte Wachstumsprogramme angeschoben werden!
zu 3)
Nach meiner Meinung sind Banken genauso zu behandeln wie jeder andere wirtschaftliche Betrieb. Ein Betrieb, der nicht verantwortungsbewußt geführt wird und aus diesem Grund in wirtschaftliche Schieflage gerät, wird auch nicht mit EU-Geldern "vollgepumpt".
zu 4)
Ich finde es richtig, dass sorgfältig beobachtet wird, ob das Programm nur zivilen Zwecken dient und nicht tatsächlich der Bau von Atombomben vorbereitet wird.
zu 5)
Ich kann diese Frage weder mit einem eindeutigen Ja noch mit einem eindeutigen Nein beantworten. Ich finde die Lage viel zu unübersichtlich, um entscheiden zu können, was das Beste für die Menschen in Syrien ist. Ich habe große Zweifel, ob ein Militärschlag tatsächlich zur Befriedung des Landes beiträgt, oder ob nicht danach die verschiedenen ethnischen Gruppen sich weiter gegenseitig bekämpfen. Ich bin grundsätzlich gegen jedes Blutvergießen!
zu 6)
Meines Erachtens hat die NATO in den letzten Jahrzehnten eine wichtige friedenssichernde Funktion gehabt. In ihr sind viele frühere Kriegsgegner Mitglieder, die heute gemeinsam an einem Strang ziehen. Schon das ist eine gute Sache. Ob sie auf Dauer weiter gebraucht wird und ob Deutschland weiter Mitglied sein sollte, läßt sich im Moment nach meiner Auffassung nicht entscheiden.
Meiner Meinung nach muß jeder Auslandseinsatz der Bundeswehr gesondert betrachtet und beurteilt werden. Was in dem einen Land möglicherweise zum Erfolg führt ist vielleicht in dem anderen Land von vornherein zum Scheitern verurteilt.Manches läßt sich sicher auch erst in Abstand von einigen Jahres beurteilen.
Mit freundlichen Grüßen
Franz Niggemann