Frage an Franz-Josef Jung von Karsten P. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Dr. Jung,
im Sueddeutschen Zeitung Magazin vom 2. Januar 2008 ist ein Artikel über einen Soldaten, der in Afganistan bei einem Selbstmordattentat ums Leben gekommen ist. Mir ist bewusst, dass Deutschland sich weiter an diesem Einsatz beteiligen wird und ich möchte die Frage nach dem Sinn auch nicht noch ein weiteres Mal stellen. Ich persönlich erachte den ganzen Auslandseinsatz als eine Dilemma-Situation und bin mir sicher, dass er auch Ihnen die größten Sorgen bereitet. Da ich weder ein Fachmann der Sicherheitspolitik bin noch die internationalen politischen Verpflechtungen und Verpflichtungen ganz durchschaue kann ich auch kein qualifiziertes, von emotionen befreites Urteil über die deutsche Beteiligung am Hindukutsch abgeben. Was mich aber an dem Artikel dazu angeregt hat, Ihnen zu schreiben, ist die Aussage des Vaters des Opfers, der die mangelhafte Ausrüstung der Bundeswehr anprangert. "Der Sohn habe sich seine Schutzbrille, den Gehörschutz und sogar das GPS-Gerät selbst kaufen müssen".
Inwiefern sind Sie über solche Mängel informiert? Und wenn es welche gibt, was tun Sie als Verteidigungsminister dagegen? Hat die Regierung nicht wenigstens Sorge dafür zu tragen, dass, wenn sie schon Soldaten in solch gefährliche Einsätze schickt, diese wenigstens bestmöglich ausgerüstet sind um die Wahrscheinlichkeit von Tod und Verwundung möglichst gering zu halten? Besteht nicht sogar die Pflicht dazu? Die deutsche Volkswirtschaft ist eine der größten und produktivsten der Welt, da dürfte es doch trotz knapper Kassen kein Problem sein, seinen Soldaten im Ausland durch finanzielle Mittel größtmöglichen Schutz zu gewähren. Andererseits, falls die Mittel zu knapp sind, frage ich mich, warum Deutschland noch 2005 600 Taurus-Flugkörper zum Preis von 600 Mio € bestellt hat. Wäre nicht auch eine komplette finanzielle Umorientierung von Mitteln für konventionelle Kriege zu Gunsten der Auslandseinsätze in Ihren Augen eine Pflicht?
Mit freundlichen Grüßen Karsten P
Sehr geehrter Herr Pfaff,
für Ihre Anfrage über die Internet-Seite www.abgeordnetenwatch.de vom 10. Januar 2009, zu dem in der Presse erhobenen Vorwurf einer mangelnden Ausrüstung der in Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, danke ich Ihnen.
Die Ausrüstungsplanung der Bundeswehr ist fähigkeitsbezogen angelegt. Sie hat das Ziel, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Auftrag, Aufgaben und Ausrüstung der Bundeswehr sowie den verfügbaren Mitteln herzustellen und zu erhalten. Die Ausrüstungsplanung ist sowohl am Bedarf der laufenden Einsätze, wie auch am langfristig aufwachsenden Fähigkeitsprofil für anzunehmende zukünftige Einsatzerfordernisse orientiert.
Dies erlaubt ein flexibles Eingehen auch auf kurzfristige Einsatzerfordernisse, um die Soldatinnen und Soldaten in den laufenden Einsätzen mit der bestmöglichen Ausrüstung auszustatten.
Wird Verbesserungsbedarf erkannt, werden z.B. kurzfristige Beschaffungen im Rahmen des "Einsatzbedingten Sofortbedarfs (ESB)" eingeleitet. Ausrüstungsergänzungen oder andere Maßnahmen, die unmittelbar den Schutz unserer Soldaten im Einsatz verbessern, haben dabei Priorität. In die Bundeswehr eingeführte Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände durchlaufen vor der Freigabe für die Nutzung umfangreiche Prüfungen, die nicht zuletzt dem Schutz und der Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten dienen.
Beispiele in der Vergangenheit haben gezeigt, dass z.T. erhebliche Gefährdungen von selbstbeschafften Artikeln ausgehen können. So wurden z.B. in Untersuchungen von privat beschafften Kälteschutzjacken ("Fleece-Jacken") festgestellt, dass diese eine mangelnde Feuerresistenz und auch elektrostatische Defizite aufweisen.
Im Juli 2008 wurden im Rahmen des ESB insgesamt 30.000 spezielle Gehörschutzstöpsel (Impulsschallgehörschutz) beschafft und an das deutsche Einsatzkontingent in Afghanistan (ISAF) ausgegeben. Darüber hinaus erhält jeder Soldat bereits bei der Einkleidung allgemeine Gehörschutzstöpsel, die als persönliche Schutzausrüstung zugelassen wurden und hinsichtlich der Dämmwirkung zu den Besten am Markt gehören.
Das deutsche Einsatzkontingent ISAF ist vollständig mit speziellen Schutzbrillen ausgestattet. Die nach NATO-Standard zertifizierte Brille bietet Splitterschutz und ballistischen Schutz sowie Schutz gegen Laserstrahlung, Sonne, Wind, Staub und Feuchtigkeit. Zusätzlich wurden im Rahmen von ESB weitere 2.000 "Einsatzbrillen, leicht, Spezialkräfte" beschafft und dem deutschen Einsatzkontingent ISAF Anfang September 2008 zur Verfügung gestellt. Diese ebenfalls zertifizierten ballistischen Schutzbrillen sind aufgrund der besseren Hinterlüftung der Sichtgläser weniger anfällig gegen Beschlagen und bieten, vor allem bei extremer Hitze, einen besseren Tragekomfort.
Gehörschutz als auch Schutzbrillen mit bestmöglicher Schutzwirkung stehen unseren Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan in ausreichender Menge zur Verfügung. Ebenso stehen GPS-Empfänger in ausreichender Anzahl und Qualität für die im Rahmen von ISAF eingesetzten Kräfte der Bundeswehr zur Verfügung.
Ausrüstung und Ausstattung der Soldaten für die Auslandseinsätze entsprechen dem Stand der Technik und werden stetig verbessert. Die Qualität kann sich uneingeschränkt mit internationalen Standards messen.
Der in der Presse erhobene Vorwurf fehlender Verfügbarkeit und geringer Qualität der Ausstattung unserer Soldatinnen und Soldaten hält daher einer genauen Betrachtung nicht stand.
Ich versichere Ihnen, dass der Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten unverändert Priorität hat.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Franz Josef Jung