Frage an Franz-Josef Jung von Stefan M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Herr Dr. Jung,
dass sich Bundestagsabgeordnete heutzutage bereits über Verfassungsrecht und Urteile mit Verfassungsrang hinwegsetzen (würden) stürzt mich in tiefe Zweifel.
Steht nun beispielsweise auch zu erwarten, dass Sie demnächst deutsche Rüstungsbetriebe enteignen, um der Bundeswehr eine bessere Ausrüstung zu gewährleisten?
Können wir Bürger damit rechnen, dass demnächst die Meinungsfreiheit zugunsten des Rufes unserer Politiker fällt?
Wird demnächst wieder entartete Kunst deklariert?
Plant ihr Kollege, Herr Dr. Schäuble bereits die Ausweisung aller Muslime?
Werden Sie Bürger umsiedeln, um dort Kantinen und Ruhezonen für die (sicherlich notwedigerweise vergrößerte) Bundeswehr zu errichten?
Zwar kommt Ihnen sicherlich die Politikverdrossenheit und -unwissenheit vieler, so wie das Ohnmachtsgefühl anderer zu Gute, aber wie lange meinen Sie, sind Sie und Herr Dr. Schäuble noch tragbar für die Regierung? Wie viel Zeit geben Sie dem Volk noch, gegen derartige Entwicklungen auf die Straße zu gehen und viel wichtiger: Ab wann wird dies aufgrund Ihrer Gesetzgebung nicht mehr möglich sein?
Anschließend möchte ich eine literarische Frage stellen: Glauben Sie daran, dass Gewalt Gegengewalt erzeugt?
S. Munz
Sehr geehrter Herr Munz,
die Ankündigung, im äußersten Fall ein entführtes Flugzeug abzuschießen, um Leben zu retten, wo Leben noch zu retten ist, steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz vom 15. Februar 2006.
Die grundlegenden Aussagen des Gerichts zur Menschenwürde und zum Verbot der Abwägung Leben gegen Leben stellen nur die eine Seite dieses in sich nicht leicht verständlichen Urteils dar. Entgegen einem weit verbreiteten Eindruck in der Öffentlichkeit kann den Worten des Bundesverfassungsgerichts aber nicht entnommen werden, dass es der Bundesregierung untersagt ist, terroristische Angriffe abzuwehren, die auf die Beseitigung des Gemeinwesens und die Vernichtung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung gerichtet sind (BVerfGE 115, 118/159).
Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht daneben auch Raum für eine Gewissensentscheidung des Einzelnen gelassen. Damit hat das Gericht die Rechtsfigur des übergesetzlichen Notstandes angesprochen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Franz Josef Jung