Frage an Franz-Josef Jung von Ulrich P. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Minister,
ich habe Fragen zu Ihrer geäußerten Meinung, Flugzeuge abzuschießen.
Sie sind Jurist.
Halten Sie es nicht für einen eklatanten Verstoß gegen Ihre Berufspflichten, das Grundgesetz und höchstrichterliche Urteile gegen das Abschießen von Flugzeugen zu ignorieren? Sollte sich ein Jurist nicht an die rechtliche Ordnung halten? Halten Sie es auch für Staats-Terrorismus, wenn die staatliche Macht unschuldige Zivilisten tötet?
Was verstehen Sie unter "übergesetzlichen Notstand"? Gibt es in einem Rechtsstaat keine höhere Ordnung als die Rechtsordnung?
Halten Sie es auch für angebracht, daß einem Juristen, welcher die Urteile des Bundesverfassungsgericht ignoriert, seine Zulassung entzogen werden soll? Wenn nein, warum?
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Parth
Sehr geehrter Herr Parth,
die Ankündigung, im äußersten Fall ein entführtes Flugzeug abzuschießen, um Leben zu retten, wo Leben noch zu retten ist, steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz vom 15. Februar 2006.
Die grundlegenden Aussagen des Gerichts zur Menschenwürde und zum Verbot der Abwägung Leben gegen Leben stellen nur die eine Seite dieses in sich nicht leicht verständlichen Urteils dar. Entgegen einem weit verbreiteten Eindruck in der Öffentlichkeit kann den Worten des Bundesverfassungsgerichts aber nicht entnommen werden, dass es der Bundesregierung untersagt ist, terroristische Angriffe abzuwehren, die auf die Beseitigung des Gemeinwesens und die Vernichtung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung gerichtet sind (BVerfGE 115, 118/159).
Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht daneben auch Raum für eine Gewissensentscheidung des Einzelnen gelassen. Damit hat das Gericht die Rechtsfigur des übergesetzlichen Notstandes angesprochen.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Franz Josef Jung