Frage an Franz-Josef Jung von Michael Dr. de F. bezüglich Familie
Sind Sie für ein Verbot der PID ?
Wie werden Sie abstimmen ?
Sehr geehrter Herr Dr. de Frênes,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.de vom 7. März 2011 bzgl. meines Abstimmungsverhaltens zur Frage nach der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID).
Diese Frage stellt jeden Abgeordneten vor eine schwierige Gewissensentscheidung. Auch wenn ich im Ergebnis für ein generelles Verbot der PID stimme, nehme ich den verständlichen Wunsch der betroffenen Paare nach einem eigenen gesunden Kind und ihre Gefühle sehr ernst.
Für mich beginnt Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Genau deswegen muss für mich der Lebensschutz bei dieser wesentlichen Entwicklungszäsur beginnen. Auch wenn dieser Embryo in der Petrischale noch nicht die Gestalt eines geborenen Menschen hat, so trägt er doch alle Anlagen und Entwicklungsmöglichkeiten seiner individuellen Persönlichkeit. Dieser Schutz steht auch nicht im Wertungswiderspruch zur Möglichkeit einer späteren Abtreibung. Ein Schwangerschaftsabbruch ist nach der Wertung des Gesetzgebers wegen eines auf andere Weise nicht abwendbaren schwerwiegenden Entscheidungskonfliktes der werdenden Mutter nicht strafbar. Diese Situation besteht beim Embryo in der Petrischale aber gerade nicht. Vielmehr handelt es sich um einen von Ärzten geplanten und im Labor gesteuerten Vorgang. Und anders als beim Schwangerschaftsabbruch, bei dem wir keiner Mutter und keinem Vater unterstellen sollten, diesen schwerwiegenden Schritt leichtfertig zu tun, gibt es in der Petrischale keine natürliche Hemmschwelle. Außerdem ist die Präimplantationsdiagnostik immer auf eine Untersuchung und Auswahl von Embryonen mit bestimmten Krankheiten oder Behinderungen gerichtet; bei dem Embryo im Mutterleib gibt es dagegen diese Auswahl nicht. Hier geht es nur um die Situation und die Gefahren für die Mutter. Auch eine begrenzte Zulassung der Präimplantationsdiagnostik kann diese Probleme nicht lösen; sie lässt sich zudem weder in rechtlicher noch in praktischer Hinsicht durchhalten. Jede Festlegung eines Indikationskatalogs durch den Gesetzgeber, eine andere staatliche Institution oder die Bundesärztekammer hätte den Charakter einer Selektion. Eine spätere Ausweitung des Kataloges wäre bereits immanent angelegt. Dies zeigen sowohl die Erfahrungen in anderen Ländern als auch die Erfahrungen mit der Pränataldiagnostik (PND). Dies würde auch der Abschaffung der „embryopathischen Indikation“ bei der Abtreibung widersprechen. Die Möglichkeit einer Auswahl nach genetischen Kriterien würde erstmalig in das Gesetz aufgenommen. Vor allem aber hätte die Festlegung auf bestimmte Krankheiten oder Behinderungen eine verheerende Wirkung auf die lebenden Betroffenen: Wer die Präimplantationsdiagnostik eingrenzen will, muss dann auch sagen, wen er gesellschaftlich ausgrenzen will.
Aber auch wenn man die Entscheidung im Einzelfall auf Ethikkommissionen überträgt, bleiben diese grundsätzlichen Zweifel an der wirksamen Möglichkeit der Eingrenzung bestehen.
Wie die Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, führt dies zu einer kontinuierlichen Erweiterung der Kriterien. Die Bewertung des oft tragischen Einzelschicksales birgt die Gefahr, dass aus Gründen des nachvollziehbaren Mitgefühls faktisch die Regel wird. Daher kann ein konsequenter Schutz des Lebens nur durch ein generelles Verbot erreicht werden.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Franz Josef Jung