Frage an Franz-Josef Jung von Thomas S. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Dr. Jung!
Im Jahr 2005 haben Sie laut Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung die Initiative zum Bau des Ehrenmals der Bundeswehr ergriffen.
Ich darf Sie zitieren,
Zitat Herr Dr. Franz Josef Jung:
„Es ist richtig, für alle Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Einsatz für die Bundeswehr ihr Leben gelassen haben, ein Ehrenmal zu errichten“
Ich stimme Ihnen dahingehend zu, dass unser Respekt und Gedenken den von Ihnen genannten Personen gelten sollte.
Für meine private Person möchte ich jedoch entscheiden,
auch wenn das zunächst respektlos wirken könnte:
"Lieber lebendig und ohne offizelle Ehren,
als tot mit offiziellen Ehren."
Damit will ich ein militärisches Engagement nicht grundsätzlich verurteilen, spreche mich aber deutlich und entschieden für den Schutz des menschlichen Lebens aus. Nachträgliche Ehren machen tote Menschen nicht mehr lebendig, unser Engagement sollte davor einsetzten:
Ein solches Bemühen wird Waffengewalt bzw. militärische Einsätze entschieden nach Möglichkeit zu verhindern bzw. zu beenden suchen.
Langfristig gesehen kann wirklicher Frieden nur ohne Waffengewalt, sprich durch:
a)gegenseitigen Respekt zwischen den Völker und Kulturen
b) durch soziale Gerechtigkeit
und einen gerechten Welthandel erzielt werden.
Frage 1:
Sehen Sie die beiden unter a) und b) genannten Prämissen
aktuell in der Aussen-und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung
verwirklicht?
Frage 2:
Halten Sie das aussenpolitische Engagement der Bundesregierung auf Afghanistan bezogen für ausreichend?
Frage 3:
Halten Sie eine Beendigung des deutschen Militäreinsatzes in Afghanistan in den nächsten 3-5 Jahre für realistisch möglich?
Mit freundlichen Grüssen Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
in Afghanistan ist es unser Ziel, gemeinsam mit unseren Bündnispartnern dazu beizutragen, ein stabiles, funktionsfähiges, sich selbst tragendes Staatswesen zu etablieren. Es liegt im unmittelbaren Interesse unserer eigenen Sicherheit in Deutschland, dass der internationale Terrorismus Afghanistan nicht wieder als Ruhe-, Rückzugs- und Regenerationsraum nutzen kann.
Der militärische Beitrag ist dabei nur ein Element des umfassenden Engagements der internationalen Gemeinschaft. Es geht vor allem auch darum, der afghanischen Bevölkerung Perspektiven für die Zukunft zu eröffnen.
Trotz der schwierigen, aber im Wesentlichen auf Kunduz begrenzten Lage sollten wir unsere Erfolge in Afghanistan nicht vergessen: Bei 840 Aufbauprojekten in unserem Verantwortungsbereich im Norden sehen die Menschen, dass es vorangeht. Zu Zeiten der Taliban gab es nichts, was den Menschen die Chance auf Wohlstand in Frieden gab. Heute gibt es 6,2 Mio. Schüler, davon 40 % Mädchen, über 8 Mio. Handy-Nutzer, Krankenhäuser, Kindergärten, Straßen und Brücken. Die Kindersterblichkeitsrate ist zurückgegangen, heute überleben jährlich ca. 85.000 Kinder unter 5 Jahren pro Jahr mehr als früher.
5 Mio. Flüchtlinge sind wieder nach Afghanistan zurückgekehrt. Unter den Taliban wurde die freie Presse unterdrückt, heute gibt es dort 600 Zeitungen, 80 Radio- und 20 TV-Stationen. Anstatt damals 8 % haben heute 83 % der Afghanen Zugang zu ärztlicher Versorgung. Das große Ziel unseres Stabilisierungseinsatzes ist, die Afghanen in die Lage zu versetzen, selbst für ihre Sicherheit sorgen zu können. So haben wir bereits ungefähr die Hälfte der 134.000 Mann starken afghanischen Streitkräfte ausgebildet. Noch ist die afghanische Regierung nicht so weit, selbst für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und die Gewährleistung von Stabilität im Land zu sorgen. Daher wird die Anwesenheit von ISAF auf absehbare Zeit weiter erforderlich sein. erst wenn die afghanischen Sicherheitsbehörden dazu in der Lage sind, kann die internationale Truppenpräsenz und damit auch der Beitrag Deutschlands schrittweise reduziert und schließlich beendet werden.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Franz Josef Jung