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Franz-Josef Jung
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Frage von Reinhard D. •

Frage an Franz-Josef Jung von Reinhard D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Jung,

ich erlaube mir höflichst, noch einmal nachzufragen, bzw. zwei weitere Fragen zu stellen:

In Ihrer Rede anlässlich des Feierlichen Gelöbnisses am 20 Juli 2008 in Berlin, zitierten Sie den ehemaligen britischen Premier Winston Churchill mit den Worten:
„In Deutschland lebte eine Opposition, die durch ihre Opfer (...) immer schwächer wurde, aber zu dem Edelsten und Größten gehört, was in der politischen Geschichte aller Völker bisher hervorgebracht wurde. Diese Männer kämpften ohne Hilfe von innen oder außen –
einzig getrieben von der Unruhe ihres Gewissens. Ihre Taten und Opfer sind das Fundament eines neuen Aufbaus.“
die Churchill, wie Sie in Ihrer Rede weiter behaupten, 1946 im britischen Unterhaus, in Bezug auf die Gruppe Stauffenberg, gesagt haben soll.

Frage 1.: Könnten Sie bitte die QUELLE dieses Zitates mitteilen ?
Frage 2.: Warum ordnen Sie ausgerechnet Churchill, der dem deutschen Widerstand die Unterstützung verweigerte, eine positive Bewertung der Gruppe Stauffenberg zu ?
Frage 3.: Wie begründen Sie es, vor einer demokratischen, dem Völkerrecht verpflichteten Armee, einen britischen Premier, dem Kriegsverbrechen angelastet werden, positiv zu erwähnen, nicht aber etwa einen bekannten Menschenrechtler oder Friedensnobelpreisträger ?

Mit freundlichen Grüßen:
Dr.Leber

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dr. Leber,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die Bundeswehr ist fest in unserer Gesellschaft und unserer parlamentarischen Demokratie verankert. Diese Verankerung drückt sich u.a. in dem Traditionsverständnis der Bundeswehr aus. Es sind die preußischen Reformen des 19. Jahrhundert, der Militärische Widerstand gegen das nationalsozialistische Verbrecherregime und die bundeswehreigene Tradition, die das Traditionsverständnis maßgeblich bestimmen. Aus diesem Grund gedenkt die Bundeswehr regelmäßig in Berlin am 20. Juli mit einem feierlichen Gelöbnis der tapferen Männer des 20. Juli 1944.

Der 20. Juli 1944 war als Aufstand des Gewissens eine befreiende Tat. Trotz ihres Scheiterns ebneten die Frauen und Männer des Widerstandes den Weg für einen Neuanfang Deutschlands und später auch der Bundeswehr.

Winston Churchill, u.a. Karlspreisträger 1955, war einer der bedeutetsten Staatsmänner des vergangenen Jahrhunderts und gleichzeitig einer der erbittertsten Gegner des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. Dass er bereits 1946 die Bedeutung des 20. Juli 1944 für die Entwicklung eines freien und demokratischen Deutschlands in dieser Deutlichkeit ausgesprochen hat, spricht für seine Weitsicht. Sein Zitat ist daher auch richtungsweisend für das Traditionsverständnis der Bundeswehr.

Das von Ihnen nachgefragte Zitat findet sich erstmalig in einem Artikel: Rudolf Pechel, Tatsachen, in: Deutsche Rundschau, Oktober/November/Dezember 1946, S. 180.

Da dieses Zitat jedoch nicht in den Niederschriften des britischen Unterhauses zu finden ist, weist die Deutsche Rundschau vier Jahre später darauf hin, dass sich Churchill persönlich auf Nachfrage schriftlich zu dem Zitat bekannt habe. Dies ist nachzulesen: Eine Bestätigung durch Churchill, in: Deutsche Rundschau, 1950, S. 88.

Unter streng wissenschaftlichen Gesichtspunkten kann dieses Churchill-Zitat auf der Grundlage dieser Quellen weder verifiziert noch falsifiziert werden, da die Primärquelle nicht vorliegt. Churchill hat sich jedoch von diesem damals schon bekannten Zitat nicht distanziert. Dieses Verhalten kann seriös als Einverständnis seinerseits gewertet werden.

Seither hat dieses Zitat Einzug in die wissenschaftliche Forschung über den Widerstand gefunden. Zu nennen sind hier das über lange Zeit als grundlegend eingestufte Werk von Eberhard Zeller, Geist der Freiheit. Der Zwanzigste Juli 1944, München 1963, 20. Juli 1944. Ein Drama des Gewissens und der Geschichte. Dokumente und Berichte, hrsg. von der Bundeszentrale für Heimatdienst, Bonn, Freiburg i.Br. 1961, oder das Standardwerk von Joachim Fest, Staatstreich. Der lange Weg zum 20. Juli, Berlin 1994. Fest ließ dieses Zitat auf dem rückwärtigen Umschlag des Buches (U4) abdrucken.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Franz Josef Jung