Frage an Frank-Walter Steinmeier von Guido L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Bundesaußenminister Steinmeier,
vorgestern gingen tief erschütternde Bilder des durch einen Bomben- oder Raketenangriff in Aleppo schwer verletzten und traumatisierten 5-jährigen Jungen namens Omram um die Welt (siehe z.B. http://www.spiegel.de/politik/ausland/aleppo-in-syrien-die-schrecken-des-krieges-in-einem-kindergesicht-a-1108257.html ). Heute wurde bekannt, dass Omrams Bruder an seinen schweren Bauchverletzungen, die er bei einem Angriff erlitten hatte, gestorben ist (siehe z.B. http://www.t-online.de/nachrichten/ausland/krisen/id_78754196/bruder-des-syrischen-jungen-omran-gestorben.html ).
Allgemein bekannt ist, dass sich das russische Militär seit Beginn des Krieges in Syrien massiv an den Kriegshandlungen beteiligt, obwohl Präsident Putin im März d.J. angekündigt hatte, Russlands Truppen aus Syrien abzuziehen (siehe z.B. http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-04/syrien-russland-aleppo-genf-baschar-al-assad ).
Leider hat Putin sein Versprechen gebrochen und beteiligt sich nach wie vor an der Bombardierung syrischer Städte.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow, mit dem Sie am 15. August in Jekatarinburg zu Konsultatationen wg. Syrien zusammentrafen, offenbarte sich als Hardliner (siehe http://www.tagesschau.de/ausland/steinmeier-lawrow-121.html ). Zwar wurde jetzt eine 48-stündige Waffenruhe für Aleppo angekündigt, aber von wirklicher Friedensbereitschaft ist von russischer Seite (leider) nichts zu spüren.
Meine Fragen:
- Greift die NATO bald in Syrien ein, um weiteres Leid für die Zivilbevölkerung zu verhindern?
- Wie lange noch lassen sich Sie sich von Putin und Lawrow "am Nasenring durch die Manege führen" (bekanntlich versuchen Sie schon seit Langem, Russland zu einer Mäßigung in Syrien zu bewegen)?
- Teilen Sie meine These, dass gegenüber Rußland weitere Sanktionsmaßnahmen beschlossen werden müssen (z.B. durch ein generelles Einreiseverbot von russischen Staatsbürgern nach Deutschland)?
Danke für Ihre baldige Antwort!
MfG
G.L.
Sehr geehrter Herr Langenstück,
haben Sie vielen Dank für Ihr Anfrage vom 21. August 2016.
Tatsächlich haben wir es derzeit mit einer Vielzahl von Krisen in der Welt zu tun, die uns in einer globalisierten Welt unmittelbar erreichen. Das Leid der Menschen, gerade auch im jahrelangen Krieg in Syrien, aber auch in der Ukraine, betrifft uns unmittelbar.
In Zeiten wie diesen müssen wir den gesamten Werkzeugkasten der Außen- und Sicherheitspolitik nutzen, insbesondere sind Diplomatie und unablässige Vermittlungsbemühungen unabdingbar.
In Syrien liegt ein besonderes Augenmerk auf der humanitären Hilfe und der Fortführung des politischen Prozesses. Dabei kommt neben den regionalen Partnern Russland eine entscheidende Rolle zu. Der russischen Ankündigung eines Waffenstillstands in Aleppo müssen nun tragfähige Ergebnisse folgen. Nur so können dringend benötigte humanitäre Hilfsgüter in die Stadt gebracht werden.
Was die NATO angeht, engagieren sich alle 28 NATO-Mitgliedstaaten in der internationalen Koalition gegen den so genannten „Islamischen Staat“, die NATO selbst ist aber kein Mitglied der Koalition. Auf dem NATO-Gipfel in Warschau am 08./09.Juli 2016 wurde der Grundsatzbeschluss zur Unterstützung der internationalen Koalition ab Herbst 2016 mit NATO-AWACS-Luftraumüberwachungsflugzeugen gefasst.
Ein generelles Einreiseverbot für russische Staatsbürger – wie von Ihnen angeführt – wäre hingegen nicht zielführend. Sanktionen sind nie Selbstzweck, sondern dienen dazu, eine völkerrechtliche Ordnung wiederherzustellen. Es geht nicht um eine Abstrafung Russlands oder aller russischen Bürger. Ganz im Gegenteil: Eine solche Maßnahme würde den Kontakt zwischen den Zivilgesellschaften massiv beeinträchtigen. Und ich bin überzeugt, dass wir gerade in Zeiten von Krisen mehr Austausch mit der russischen Gesellschaft benötigen, um einer gegenseitigen Entfremdung entgegenzuwirken. Dem würde ein generelles Einreiseverbot für alle russischen Staatsbürger entgegenstehen.
Mit freundlichen Grüßen
Team Steinmeier