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Frage von Birgit M. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Birgit M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier,

ich bin mit der pauschalen und inhaltlich unzutreffenden Antwort Ihres Büros vom 13.1.2016 auf meine Frage überhaupt nicht einverstanden. Es sollte langsam verstanden werden, dass ein solches Verhalten der Politik den Zustrom zur AFD nicht senken kann sondern erhöhen wird. Der eine oder andere Bürger versteht schon sehr gut , was Sache ist. Und Sie sind Jurist und verstehen es auch.
Derzeit ist sexuelle Belästigung, wie sie durch männliche Gruppen in Köln am 31.12. und anderen Orten stattfand, nicht strafbar, sofern sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung einzelen nicht nachgewiesen werden kann. Das ist aber faktisch kaum möglich. Man mußte ja auch alle Verdächtigen wieder laufen lassen. Die Zeitungen sind voll davon. Aber Sie (lassen) schreiben: "Die Polizei muss personell und durch bessere Ausstattung in die Lage versetzt werden, solche und andere Straftaten künftig effektiver zu verhindern. Gesetze allein führen aber nicht zu mehr Sicherheit. Entscheidend ist deren konsequenter Vollzug. Dafür braucht es Sicherheitsbehörden, die personell und technisch gut ausgestattet sind"

Das ist schlicht Blödsinn und der blanke Hohn für alle, die ahnen, was auf uns zukommt, wenn es für sexuelle Belästigung (von Gruppen) überhaupt keinen Straftatbestand gibt und eine eindeutige Beweislage für Einzeltäter aus einer Gruppe zwar juristisch erforderlich , aber zu 99% wegen des Überrumpelungseffektes gar nicht möglich ist.

Ich frage Sie also ganz konkret:
1) Ist es beabsichtigt, in den geplanten gesetzlichen Regelungen die sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum durch einzelne Personen oder durch Gruppen unter Strafe zu stellen?
2) Soll es eine Regelung für die gemeinschaftlich begangene sexuelle Belästigung für alle Gruppenteilnehmer geben?
3) Welches Strafmaß sieht ggf. das geplante Gesetz vor?
4) Welche Folgen sollen sich im Falle einer Täterfeststellung für Abschiebung ergeben?

Mit freundlichen Grüßen
Birgit Mohr

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Mohr,

vielen Dank für Ihre erneute Anfrage an Herrn Steinmeier. Gern möchte ich nachfolgend auf Ihre einzelnen Fragen eingehen:

1. Mit dem von Bundesjustizminister Heiko Maas im Juli 2015 vorgelegten Entwurf zum besseren Schutz vor sexuellen Übergriffen (RefE zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung) wollen wir die Strafbarkeit auf Fälle erweitern, in denen das Opfer aufgrund der überraschenden Begehung zum Widerstand unfähig ist oder aus Furcht keinen Widerstand leistet. Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung liegen nach geltendem Recht nur vor, wenn der Täter das Opfer mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, zur Vornahme oder Duldung einer sexueller Handlungen nötigt. Die derzeitige Fassung des § 177 StGB bietet aus zwei Gründen keinen hinreichenden Schutz. Zum einen sind bestimmte, von uns als strafwürdig erachtete Fallgestaltungen vom Wortlaut der Norm nicht erfasst, etwa wenn das Opfer aufgrund der überraschenden Handlungen des Täters keinen Widerstand leisten kann oder wenn das Opfer aus Furcht von Widerstand absieht. Hinzu kommt, dass der BGH das Merkmal „Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist“ entgegen der gesetzgeberischen Intention sehr eng ausgelegt hat. Dies soll jetzt anders werden. Zudem erwägen die Fachpolitiker der Fraktion die Einführung eines Vergehenstatbestandes, der das sog. Grapschen unter Strafe stellt.

2. Die gemeinschaftliche Begehung stellt bereits nach geltendem Recht einen besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung, Vergewaltigung dar, § 177 Abs. 2 Nr. 2 StGB.

3. Die sexuelle Nötigung, Vergewaltigung ist weiterhin mit ein bis fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Der sexuelle Missbrauch unter Ausnutzung besonderer Umstände, § 179 StGB-neu, soll mit sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in schweren Fällen mit einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe bedroht sein.

4. Zunächst: Flüchtlinge sind weder krimineller noch weniger kriminell als vergleichbare einheimische Bevölkerungsgruppen. Das sagen auch alle Statistiken. Dennoch gibt es einen Unterschied: Wer als Ausländer in Deutschland Straftaten begeht, hat sein Recht, sich in Deutschland aufzuhalten, unter Umständen verwirkt. Er wird ausgewiesen und muss danach mit einer Abschiebung in sein Herkunftsland rechnen, wenn die dortigen Bedingungen es zulassen. Bevor es aber dazu kommt, müssen die Taten, in denen Ausländer im Verdacht stehen, zunächst aufgeklärt werden. Vorverurteilungen darf es nicht geben. Wenn ausländische Täter wegen einer schweren Straftat verurteilt werden, können sie ausgewiesen werden. Die gesetzliche Schwelle dafür wurde bereits zum 1. Januar 2016 so abgesenkt, dass ausländische Straftäter schon ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr ausgewiesen werden können. Jetzt beraten wir ein Gesetz, mit dem auch bei einer kürzeren Freiheitsstrafe eine Ausweisung prinzipiell möglich sein soll – egal ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist und wie lange sie ist. Allerdings erfolgt stets eine Einzelfallabwägung aller Interessen. Asylbewerbern, die Straftaten begehen, soll in Zukunft leichter als bislang die rechtliche Anerkennung als Flüchtling versagt werden können.

Mit freundlichem Gruß

Anikó Rumpler
Leiterin des Abgeordnetenbüros

Dr. Frank-Walter Steinmeier