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Frank-Walter Steinmeier
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Frage von Wolfgang H. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Wolfgang H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

als mündiger und politisch interessierter Bürger fällt mir auf, daß nur über die Auswirkungen der Flüchtlingsströme geredet wird: Sicherung der EU-Außengrenzen, Bekämpfen der Schleppermafia, Verteilen der Flüchtlinge auf die gesamte EU.

Weder in den Äußerungen der Politiker, ganz gleich, welcher Partei sie angehören, noch im Interview der Bundeskanzlerin mit Frau Will, habe ich konkrete Aktivitäten gehört, wie man die Ursachen der Fluchtbewegung in den Ländern, aus denen das Volk flieht, verändern will.
Es ist doch wie 1990 in Deutschland, als Teile der DDR-Bevölkerung riefen: Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr.

Genauso ist es doch jetzt: Den Flüchtlingen kann ich es nicht verdenken, daß sie zum Wohlstand gehen, wenn er im eigenen Land nicht absehbar ist.

Jeder Flüchtling, der nach Deutschland oder in ein anderes EU-Land kommt kostet eine Menge Geld.

Bevor die große Zahl von jungen Männern, die hier ankommen, in unser Sozialsystem einzahlen können, vergeht vielleicht sogar ein Jahrzehnt. Die Konzerne können sich dann über billige Arbeitskräfte freuen, denn der Mindestlohn, den ich hervorragend finde, wird unterwandert werden.

Ich mache mal ein paar Vorschläge, "wie wir das schaffen!"
1. Alle Friedensnobelpreisträger setzen sich zusammen und fordern das Ende aller Kriege auf dieser Welt. Sie, Herr Steinmeier, stellen sich an die Spitze!
2. Rüstungsexporte werden weltweit verboten und das Verbot streng kontrolliert
3. Die ehemaligen Kolonialmächte, die die heutigen Fluchtländer über Jahrhunderte ausgeplündert haben, werden dazu verpflichtet, Wiedergutmachung zu leisten.
4. Die großen Konzerne dieser Welt werden gezwungen, Wohnungen und Arbeitsplätze in den Fluchtländern zu schaffen. Das könnte die Situation in den Fluchtländern in wenigen Jahren, so verändern, daß die Fluchtgründe erheblich weniger werden.

Was meinen Sie zu diesen Vorschlägen?
Ich freue mich auf Ihre Antwort!

Freundliche Grüße sendet Ihnen

Wolfgang Henning

Portrait von Frank-Walter Steinmeier
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Henning,

vielen Dank für Ihre Frage vom 12.10.2015.
Der politische Handlungsrahmen in der Flüchtlings- und Migrationspolitik ist längst nicht mehr rein national. Nur gemeinsam und nur auf europäischer Ebene können wir vernünftige Antworten auf die gegenwärtigen Herausforderungen finden. Wir müssen mit Beharrlichkeit und Entschiedenheit an internationalen und besonders europäischen Lösungen arbeiten, damit der Migrationsdruck auf Deutschland wieder abnehmen kann. Und nur mit Realismus können wir unsere humanitären Ziele auch in die Praxis umsetzen.
Daher setzt sich die Bundesregierung innerhalb Europas für eine solidarische Beteiligung aller EU-Staaten bei der Aufnahme der Flüchtlinge ein. Die Entscheidung, bis zu 160.000 schutzbedürftige Flüchtlinge aus Italien und Griechenland in andere EU-Staaten umzusiedeln, war ein wichtiger Schritt. Mittelfristig brauchen wir aber einen dauerhaften Verteilungsmechanismus. Voraussetzung für eine Verteilung ist die bessere Registrierung der in Europa ankommenden Flüchtlinge.
Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass die wahren Ursachen der Flüchtlingskatastrophen vielschichtig und komplex sind. Zentral ist dabei die Bekämpfung der Ursachen von Flucht und irregulärer Migration. Dies ist eine Langzeitaufgabe für die Außen- und Entwicklungspolitik.

Wir müssen jene Staaten stützen, die derzeit einen Großteil der Flüchtlinge aufnehmen. Das sind neben der Türkei vor allem Jordanien und der Libanon. Wir müssen außerdem zu Vereinbarungen mit den Schlüsselländern in der europäischen Nachbarschaft, vor allem der Türkei, kommen. Hier hat die Europäische Kommission einen Aktionsplan vorgeschlagen, den wir mit einem bilateralen Migrationsdialog flankieren.

Die wichtigste und nachhaltigste Aufgabe der Außenpolitik bleibt es, die Flüchtlingskrise dort zu bekämpfen, wo sie entsteht. Deshalb setzt sich das Auswärtige Amt mit aller Kraft für politische Lösungen für die großen Krisen und Konfliktherde des Mittleren Ostens und Nordafrikas ein.
Der Bundesregierung ist bewusst, dass die derzeit entwickelten Lösungsansätze zum Umgang mit der Krise sowie zur Aufnahme von Flüchtlingen nur dann mit Erfolg umgesetzt werden können, wenn diese von unserer Bevölkerung in einem Geiste der Hilfsbereitschaft und Solidarität mitgetragen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Team Steinmeier