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Frage von Stefan E. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Stefan E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

warum tolerierte die Regierung von Deutschland 1977 einen Foltermord an Elisabeth Käsemann ("Das Mädchen - Was geschah mit Elisabeth Käsemann?") während der Militärdiktatur im damaligen Argentinien?

Und warum wurden die deutschen Waffengeschäfte mit Argentinien damals nicht eingestellt?

Verantwortung ist das, was im Idealfall Rücksichtslosigkeit, brutale Gewalt, Egoismen und Machtwillen im Zaum zu halten in der Lage ist. Verantwortung zeigt sich in den Handlungen einzelner Menschen, aber auch in der Anlage von Institutionen und Gesellschaften.

Und gilt der Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes - Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt - etwa nur für das deutsche Volk und nicht für die deutschen Politiker?

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Elbel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Elbel,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9. Juli zum Mord an Elisabeth Käsemann in Argentinien 1977.

Achtung und Ausbau der Menschenrechte sind weiter ein zentrales Anliegen der Politik der Bundesregierung. Das Auswärtige Amt verurteilt vorbehaltlos alle Menschenrechtsverletzungen in der Zeit der Militärdiktatur in Argentinien, hierunter die Verschleppung, Folterung und Ermordung deutscher Staatsangehöriger durch Mitarbeiter der argentinischen Streitkräfte. Zehntausende Menschen fielen den Schergen der Militärjunta zum Opfer. Sie wurden entführt, gefoltert, ermordet oder sind „verschwunden“, darunter auch mehr als 100 Deutsche oder Deutschstämmige.

Die deutsche Botschaft in Buenos Aires hat damals – leider ohne Erfolg – verschiedene Anstrengungen unternommen, den Verbleib von Frau Käsemann aufzuklären.
Der Mord an Elisabeth Käsemann ist Gegenstand eines argentinischen Strafverfahrens gegen die Leiter des geheimen Folterzentrums „El Vesubio“. Die Bundesregierung hat in diesem Verfahren am 10. November 2007 Nebenklage erhoben und damit ihre Entschlossenheit unterstrichen, sich für die Ahndung schwerer Menschenrechtsverbrechen an deutschen Staatsangehörigen einzusetzen. Im Juli 2011 wurden die Täter in erster Instanz zu lebenslänglichen bzw. langjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Urteil wurde im Berufungsverfahren bestätigt, das Verfahren liegt nun nach erneuter Beschwerde letztinstanzlich beim Obersten Gerichtshof.

Über Anträge auf Ausfuhr von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern wurden und werden im Einklang mit den geltenden Gesetzen und Regelungen zur Rüstungsexportkontrolle für jeden Einzelfall im Hinblick auf das zu exportierende Gut, den Endverwender und die Umstände im Empfängerland entschieden.

Die Bewertung des Handelns der damaligen Bundesregierung insgesamt ist Aufgabe der historischen Forschung. Das Auswärtige Amt unterstützt die wissenschaftliche Aufarbeitung der Akten des Hauses aktiv. So gibt seit 1993 das international renommierte Institut für Zeitgeschichte München/Berlin jährlich einen Band der Editionsreihe „Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland" mit Schlüsseldokumenten zur Geschichte der deutschen Außenpolitik aus den Akten des Auswärtigen Amts heraus. Selbstverständlich wird dort auch die Argentinienpolitik der Bundesregierung nach dem Militärputsch von 1976 dokumentiert. Darüber hinaus stellt das Auswärtige Amt der historischen Forschung im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen seine Archive zur Verfügung. Auf Basis der zur Verfügung stehenden Dokumente gibt es bereits interessante und differenzierte Forschungsergebnisse, die über die von Ihnen genannte Dokumentation hinausgehen.

Mit freundlichen Grüßen
Team Steinmeier