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Frank-Walter Steinmeier
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Frage von Hans-Günter G. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Hans-Günter G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Steinmeier,
hallo Steinmeier-Team,

die einseitige Berichterstattung über den Ukrainekonflikt in den deutschen Medien, so z.B. auch in ARD und ZDF, wobei sich ein Klaus Kleber besonders hervortut, ist für Menschen die sich nicht nur bei den TV-Sendern und Springermedien informieren, sondern z.B. auch im Internetblog www.nachdenkseiten.de , sehr ärgerlich. Russland und speziell Vladimir Putin werden als das Böse schlechthin dargestellt, während der Westen immer nur die „Guten“ sind.
Man wirft dem Kremlchef vor, gegen das Völkerrecht verstoßen zu haben und will ihn mit Sanktionen gefügig machen.

Meine Fragen:

Hat es bei den fragwürdigen Rachefeldzügen der USA, ohne UN-Mandat, gegen Saddam Hussein und Ben Laden, bei der auch die Zivilbevölkerung bombardiert wurde, irgendwelche Sanktionen gegen die USA gegeben?

Waren diese Aktionen nicht auch ein Bruch des Völkerrechts?

Wirken die Sanktionen gegen Russland nicht wie ein Bumerang, die auch die deutsche Wirtschaft empfindlich treffen?

Wie stehen Sie zu der Aussage ihres Parteifreundes Ex-SPD-Chef Platzeck, der die Annexion der Krim anerkennen will, weil sie nicht mehr Rückgängig gemacht werden kann?

Sollte ein deutscher Außenminister, zumal er der Partei eines Willy Brandts angehört, nicht dessen Motto „Frieden durch Annäherung“ beherzigen und auch für die Interessenslage von Teilen der Ukrainer aufbringen, die sich mehr als Russen fühlen und denken?

Ist es nicht das Interesse der USA, den Wirtschaftskonkurrenten EU zu schwächen und sind es nicht die Waffenlobbyisten, die im Hintergrund schüren, weil mit jedem Konflikt eine Aufrüstung winkt?

Ist die plötzliche Einsicht, dass das Waffenlager der Bundeswehr marode ist, nicht schon ein Zugeständnis an die Waffenindustrie?

Für die Antwort des Teams bedanke ich mich.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Günter Glaser

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Glaser,

vielen Dank für Ihre Frage vom 19. November 2014. Gern möchte ich Ihnen darauf antworten.

Lassen Sie mich vorab festhalten: In der Vielzahl der aktuellen sicherheitspolitischen Krisen kommt der Ukraine-Krise eine zentrale Bedeutung zu. Mit ihr ist die Frage von Krieg und Frieden auf den europäischen Kontinent zurückgekehrt. Es ist nicht akzeptabel, dass 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa Grenzen wieder gewaltsam verschoben werden. Damit beschädigt Russland die europäische Nachkriegs- und Friedensordnung massiv und stellt grundlegende Prinzipien des Völkerrechts in Frage.

Die Bundesregierung bekräftigt mit Nachdruck die territoriale Integrität der Ukraine und unterstützt ihre unabhängige, demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung, die die Rechte aller Bürger unabhängig von Herkunft, Religion oder Sprache achtet und ihnen eine freie Entscheidung über die Zukunft ihres Landes ermöglicht. All dies sind Werte, auf denen das Europa von heute aufgebaut ist. Für diese Werte einzustehen, liegt in unserem grundsätzlichen Interesse. Dabei sind selbstverständlich auch die Interessen der Bewohner des Ostens des Landes zu berücksichtigen, die derzeit unter der Herrschaft bewaffneter Gruppen stehen, die keinerlei demokratischen Prinzipien entspricht.

Wir haben deshalb die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, deren Anerkennung für uns nicht in Frage kommt, ebenso wie das russische Vorgehen in der Ost-Ukraine mit Nachdruck verurteilt. EU und G7 haben sofort und geschlossen reagiert. Diese Geschlossenheit des Westens, auch mit Blick auf die Sanktionen, ist von hohem Wert und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass mit der in Minsk am 5. September vereinbarten Waffenruhe und der Waffenstillstandsvereinbarung vom 19. September die Eskalationsspirale im Ukraine Konflikt jedenfalls vorläufig gestoppt werden konnte. Dadurch wurde der Wiedereinstieg in einen politischen Konfliktlösungsprozess unter Einbeziehung stabilisierender Akteure wie der OSZE grundsätzlich möglich Sanktionen sind also kein Selbstzweck, sie dienen der Schaffung von Gesprächsbereitschaft. Sie sollen den Weg zu politischen Lösungen ebnen helfen. Die Bundesregierung hat in einer Vielzahl von Initiativen dazu beigetragen, den Boden für solche politischen Gespräche zu bereiten. In Anbetracht der unkalkulierbaren Risiken stillschweigender Akzeptanz des russischen Verhaltens ist die Bundesregierung unverändert der Überzeugung, dass die internationalen Maßnahmen und die Inkaufnahme der damit verbundenen Kosten notwendig und ohne Alternative sind. Die Bundesregierung begrüßt in diesem Zusammenhang das hohe Maß an Unterstützung, das beispielsweise die deutsche Wirtschaft zum Ausdruck gebracht hat.

Ich kann Ihnen versichern, dass sich Herr Steinmeier weiterhin mit Nachdruck in Gesprächen mit allen Akteuren für eine friedliche Lösung des Konfliktes einsetzen wird. Die Bundesregierung hält diplomatische Gesprächskanäle, auch zu Russland, aufrecht, um in bilateralen Gesprächen und allen relevanten internationalen Foren (u.a. VN, OSZE) aktiv auf die russische Führung einzuwirken und diese zur konstruktiven Zusammenarbeit zur Lösung des Konflikts zu bewegen.

Mit freundlichen Grüßen
Team Steinmeier