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Frage von Sheng-F. Q. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Sheng-F. Q. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Steinmeier,
wir sind ein kleiner Politikwissenschaftskurs im OSZ-Handel 1 am Schlesisches Tor und nehmen dieses Jahr an einem Wettbewerb teil. Meine Lehrerin beauftragte mich mit der Befragung von Politikern über die IS Milizen in Syrien. Ich bitte sie darum, sich 10 Minuten Zeit zu nehmen um die folgenden Fragen zu beantworten. Außerdem moechte ich sie darum bitten mir moeglichs schnell die Antworten zu schicken, da es ebenfalls zu meinen Aufgaben zählt sie auszuwerten.

Da es schon sehr viele Videobotschaften mit Drohungen gab und wir uns Gedanken über die Sicherheit in Deutschland machen:

1) Mit welcher Art von Terrorangriffen rechnen Sie in Deutschland?
2) Gibt es eine Verteidigungsstrategie dagegen?
3) Wie sind unsere Sicherheitsorgane diesbezüglich vorbereitet und personell ausgestattet?

Da wir uns Gedanken über die Rolle Deutschlands im Konflikt machen:

4) Welche Rolle hat Deutschland bei der Bekämpfung des IS?
5) Warum reichen Waffenlieferungen an die Peschmerga-Kämpfer aus?
6) Gibt es in Ihren Augen doch ein Szenario, in dem deutsche Bodentruppen den IS bekämpfen würden?
7) Warum kann Deutschland sich Ihrer Meinung nach nicht ganz aus dem Konflikt heraushalten?

Da wir uns Gedanken über unsere Rolle als Bürger machen:

8) Gibt es einen Weg für uns Bürger zu helfen?

Sollte ich sie aus irgent einem Grund mit den Fragen belästigen, bitte ich sie vielmals um Entschuldigung.
Vielen dank für ihre Aufmerksamkeit!
Sheng-F. Quach

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Quach,

vielen Dank für Ihre Anfrage an Herrn Steinmeier, auf die ich Ihnen gern antworten möchte.

1) Mit welcher Art von Terrorangriffen rechnen Sie in Deutschland?
Den deutschen Behörden liegen keine Hinweise auf konkret in Deutschland bevorstehende Anschläge vor. Dennoch kann es solche Anschläge geben, unsere Sicherheitsbehörden sprechen von einer abstrakten Gefahr. Theoretisch müssen wir auf alle erdenklichen Szenarien eingestellt sein.

2) Gibt es eine Verteidigungsstrategie dagegen?
Außenpolitisch hat die Bundesregierung mehrfach auf die Notwendigkeit einer politischen Gesamtstrategie gegen ISIS und gegenüber Tendenzen radikalen Islamismus hingewiesen. Dazu gehören:
a) politische Bemühungen, u.a. die Unterstützung einer inklusiven Regierung im Irak sowie eines genuinen politischen Prozesses in Syrien,
b) humanitäre Hilfe innerhalb Syriens und im Irak sowie für zur Unterstützung der Aufnahmestaaten in der Region, deren wirtschaftliche und politische Stabilität durch die Flüchtlingsströme gefährdet ist,
c) militärische Unterstützung durch Deutschland (Ausrüstungslieferungen an die Regionalregierung Kurdistan-Irak),
d) rechtsstaatliche Maßnahmen, u.a. ein international koordiniertes Vorgehen gegen die Rekrutierung von ausländischen Kämpfern und die Finanzierung von Terrororganisationen. Bemühungen, die religiöse Legitimation von Gruppen wie ISIS zu unterbinden,
e) dies alles in Einbindung von/enger Koordinierung mit Staaten der Region.

3) Wie sind unsere Sicherheitsorgane diesbezüglich vorbereitet und personell ausgestattet?
Es gibt eine Strategie und unsere Sicherheitsbehörden sind gut vorbereitet. Als Beleg mag Ihnen dienen, dass bereits einige Anschläge rechtzeitig aufgedeckt werden konnten. Kern der Vorbereitung ist die bessere Zusammenarbeit und Vernetzung der Sicherheitsbehörden. Dafür wurde das gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum GTAZ eingerichtet, in dem alle relevanten Sicherheitsbehörden an einem Tisch sitzen. Ich bitte um Verständnis, dass weitere Details nicht mitgeteilt werden können.

4) Welche Rolle hat Deutschland bei der Bekämpfung des IS?
Deutschland unterstützt den Kampf gegen ISIS unter anderem im Rahmen der Vereinten Nationen. So haben wir die VN Sicherheitsratssolution Resolution 2170 vom 15.08.2014 unterstützt, die führende Mitglieder islamistischer Organisationen Sanktionen unterwirft und die Menschenrechtsverletzungen durch diese Organisationen verurteilt. Zudem unterstützen wir mit Projektmitteln den Aufbau ziviler Strukturen in Gebieten der moderaten Opposition in Syrien. Dies geschieht durch ein Projekt mit der GIZ in Gaziantep und durch multilaterale Instrumente wie den Syrian Recovery Trust Fund (SRTF), den Deutschland zusammen mit den USA und den Vereinigten Arabischen Emiraten ins Leben gerufen hat. Die Gesamtzusagen belaufen sich bisher auf ca. 100 Mio. Euro (eingezahlt 88 Mio. Euro, davon DEU: 18,6 Mio. Euro). Projekte im Umfang von 18 Mio. EUR werden innerhalb der Gebiete der moderaten Opposition umgesetzt.Wir müssen auch verhindern, dass unter den syrischen Flüchtlingen eine verlorene Generation ohne Zugang zu Bildung und besseren Lebensperspektiven heranwächst. Dadurch werden junge Menschen eine leichte Beute für radikale Gruppen. Um das Flüchtlingsproblem zu diskutieren und Solidarität mit den Nachbarstaaten Syriens zu zeigen, fand am 18.10.2014 eine internationale Flüchtlingskonferenz in Berlin auf Ministerebene statt in Kooperation mit den UN. Insgesamt beträgt die deutsche Unterstützung im Syrien-Konflikt seit 2012 beträgt rund 634,85 Mio. EUR, davon rund 359,83 Mio. EUR Humanitäre Hilfe, 199,65 Mio. EUR strukturbildende Übergangshilfe/ bilaterale Unterstützung (BMZ) und 78,5 Mio. EUR für Krisenbewältigung. Im Irak hat die Bundesregierung seit Beginn der aktuellen Krise bislang knapp 70 Millionen Euro für Hilfsmaßnahmen zugunsten von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen bereitgestellt, davon 45 Mio. Euro für humanitäre Hilfe. In Ergänzung der humanitären Maßnahmen erhält die kurdische Regionalregierung im Nordirak auch militärische Ausrüstung. Diese Güter sollen die Sicherheitskräfte vor Ort in die Lage versetzen, sich gegen die Angriffe von ISIS zur Wehr zu setzen – und auch Vertriebene und die Minderheiten zu schützen. Der Bundesregierung und der internationalen Gemeinschaft geht es darum, die Lage in Syrien und im Irak zu stabilisieren, um den Betroffenen langfristig eine Rückkehr und eine sichere Lebensperspektive in ihrer Heimat zu ermöglichen. Der entscheidende Schlüssel dazu liegt in beiden Staaten in einem politischen Prozess zur Lösung bestehender Konflikte, der alle Bevölkerungsgruppen gleichberechtigt einbezieht.

5) Warum reichen Waffenlieferungen an die Peschmerga-Kämpfer aus?
Waffenlieferungen an die Regionalregierung Kurdistan-Irak zur Unterstützung gegen ISIS fanden mit Zustimmung der irakischen Zentralregierung statt. Auch gab es in diesem Fall eine Gruppe, die ausreichend Vertrauen bei westlichen Unterstützern genießt. Diese Bedingungen sind in anderen Regionen und Staaten der Region nicht vorhanden.

6) Gibt es in Ihren Augen doch ein Szenario, in dem deutsche Bodentruppen den IS bekämpfen würden?
Deutsche Bodentruppen nach Syrien oder in den Irak zu schicken, sind derzeit keine Optionen, die die Bundesregierung erwägt.

7) Warum kann Deutschland sich Ihrer Meinung nach nicht ganz aus demKonflikt heraushalten?
Deutschland hat eine humanitäre und politische Verantwortung in der Staatengemeinschaft mitzutragen. Deutschland unterstützt daher auch die Bemühungen des VN-Sonderbeauftragten Staffan De Mistura, zu neuen politischen Verhandlungen zu Syrien zu kommen. Ein weiterer Aspekt ist die humanitäre Verantwortung und das Flüchtlingsproblem. Deutschland hat seit Beginn der Krise insgesamt 70.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen. Das Flüchtlingsproblem besteht jedoch nicht nur hier und in anderen europäischen Staaten. Besonders betroffen werden für viele Jahre insbesondere Syriens Nachbarländer sein. Außerdem stellt eine Destabilisierung Syriens auch eine Bedrohung für die Existenz Israels dar, für das Deutschland eine besondere Verantwortung trägt.

8) Gibt es einen Weg für uns Bürger zu helfen?
In Deutschland gibt es zahlreiche Nichtregierungsorganisationen, die bereits Großartiges aus eigener Kraft für die notleidenden Bevölkerungsgruppen vor Ort oder für Flüchtlinge in Deutschland geleistet haben. Mit Spenden an diese Organisationen, die Sie im Internet googeln können, tragen Sie dazu bei, die Not der Flüchtlinge etwas zu vermindern. Eine gute Übersicht über Flüchtlingsarbeit findet sich in folgenden Broschüren der Amadeu-Antonio-Stiftung und von Pro Asyl e.V.:
- „Gemeinsam Willkommenskultur gestalten“
- „Pro Menschenrechte - Contra Vorurteile. Fakten und Argumente zur Debatte über Flüchtlinge in Deutschland und Europa"

Andere wertvolle Informationen finden sich bei:
- Landesflüchtlingsräte (koordinieren und begleiten aktive Gruppen vor Ort)
- PRO ASYL e.V.
- Informationsverbund Asyl & Migration
- Regionalstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
- Ausländerbehörden
- UNO Flüchtlingshilfe
- Flüchtlinge willkommen! Plattform für die Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen und Wohngemeinschaften

Der SPD-Parteivorstand hat heute ein Aktionsprogramm beschlossen, unter anderem, um die Kommunen besser zu unterstützen: Der Bund soll ihnen dafür bis zu eine Milliarde Euro zu Verfügung stellen. Es geht aber auch darum, die Menschen willkommen zu heißen: Asylverfahren schneller machen, damit die Menschen wissen, ob sie bleiben können. Kindern ein gutes Aufwachsen ermöglichen, die Gesundheitskosten regeln. Und es geht darum, dass alle EU-Staaten ihre Verantwortung wahrnehmen. Das Aktionsprogramm finden Sie unter: http://www.spd.de/linkableblob/125582/data/20141124_spd_aktuell_fluechtlingshilfe.pdf

Herzliche Grüße
Team Steinmeier