Frage an Frank-Walter Steinmeier von Thorsten K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Außenminister Dr. Steinmeier,
Sehr geehrtes Team Steinmeier,
Vielen Dank für die Antwort auf meine Frage vom 1. September 2014. In Ihrer Antwort vom 5. September 2014 schreiben Sie, dass sich die Einschätzung der Bundesregierung zur Situation in der Ostukraine aus verschiedenen Quellen speist, deren Informationen zusammengeführt werden. Hieraus ergebe sich ein belastbares Bild als Grundlage für politische Entscheidungen. Als weitere Beispiele für Quellen nennen Sie "andere Organisationen, die NATO und bilaterale Informationsquellen". Als politische Entscheidung seitens der Bundesregierung verstehe ich in diesem Zusammenhang auch das Verhängen bzw. die Unterstützen von wirtschaftlichen Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation.
Besteht das von Ihnen beschriebene "belastbare Bild" darin, dass reguläre Truppen der Russischen Föderation auf dem Gebiet der Ostukraine operieren und sich, wie von der gegenwärtigen Regierung in Kiew beschrieben, an den Kampfhandlungen in der Ostukraine beteiligen?
Könnten Sie bitte mir und anderen interessierten Bürgern in diesem Fall die Quellen bzw. die Beweise konkret benennen, welche Sie zu diesem Gesamtbild kommen lässt?
Welche andere Organisationen sind in diesem Zusammenhang als mögliche Quelle gemeint?
In Anbetracht der Tragweite der von der Bundesregierung getroffenen Entscheidungen haben die Bürger meines Erachtens das Recht zu erfahren, wie Ihr "belastbares Bild" im Zusammenhang mit der Situation in der Ostukraine konkret zustande kommt. Auch hier möchte ich an ein Zitat von Willy Brandt erinnern: " Mehr Demokratie wagen"
Mit freundlichen Grüßen
Dr. T. Kessler
Sehr geehrter Herr Kessler,
wir erleben derzeit in der Ukraine einen Konflikt um Einflusssphären und um Territorialansprüche, den wir in Europa eigentlich für überwunden gehalten hatten. Die aktuelle Lage in einzelnen Teilen der Ostukraine ist dramatisch und besorgniserregend. Die über einen langen Zeitraum hin aufgebaute Sicherheitsarchitektur in Europa ist in Frage gestellt.
Die Bundesregierung bekräftigt mit Nachdruck die territoriale Integrität der Ukraine und unterstützt ihre unabhängige, demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung, die die Rechte aller Bürger unabhängig von Herkunft, Religion oder Sprache achtet und ihnen eine freie Entscheidung über die Zukunft ihres Landes ermöglicht. All dies sind Werte, auf denen das Europa von heute aufgebaut ist. Für diese Werte einzustehen, liegt in unserem grundsätzlichen Interesse. Gemeinsam mit unseren Partnern sind wir bereit, die Ukraine auf diesem Weg aktiv zu begleiten und auch zur wirtschaftlichen Stabilisierung auf der Grundlage mutiger Reformschritte beizutragen.
Russland trägt dabei eine besondere Verantwortung. Es darf nicht länger den Konflikt mit Waffen-lieferungen und Soldaten anheizen. Stattdessen muss es seinen Einfluss auf Akteure in der Ost-Ukraine deeskalierend zur Geltung bringen und zu einer effektiven Grenzkontrolle der ukrainisch-russischen Grenze beitragen.
Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und die fortlaufende Destabilisierung der Ost-Ukraine durch Russland ergeben das belastbare Bild. Die Beteiligung russischer Kämpfer in der Ost-Ukraine wird von den dortigen Separatisten ja auch bestätigt. Auch möchte ich Sie auf die NATO-Veröffentlichungen vom 28.08. hinweisen. Die Bundesregierung erkennt diese Verletzungen der territorialen Integrität der Ukraine nicht an.
Sie können sich darauf verlassen, dass wir gemeinsam mit allen diesen Partnern mit voller Kraft daran arbeiten, zu einer friedlichen und langfristigen Lösung des Konflikts zu kommen. Grundlage hierfür bilden die Minsker Vereinbarungen vom 5. September, die u.a. einen Waffenstillstand, Regelungen zur Selbstverwaltung und freie Wahlen in der Ost-Ukraine nach ukrainischem Recht vorsehen.
Mit freundlichen Grüßen
Team Steinmeier