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Frank-Walter Steinmeier
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Frage von Samy A. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Samy A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Thema: "Neue" deutsche Verantwortung in der Außenpolitik

Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier,

In den letzten Monaten häufen sich Berichte über Forderungen nach einem Umdenken in der deutschen Außenpolitik hin zu mehr Verantwortung teilweise auch auf militärischer Ebene.

Gleichzeitig entstehen Publikationen wie die der Stiftung Wissenschaft und Politik und des German Marshall Fund mit dem Titel "Neue Macht Neue Verantwortung - Elemente einer deutschen Außen- und Sicher­heitspolitik für eine Welt im Umbruch".

Diese neue Verantwortung wird unter anderem damit begründet dass Amerikas Engagement in der Welt selektiver wird und "Vor allem für Europa und Deutschland bedeutet dies einen großen Zuwachs an Aufgaben und Verantwortung".

Ich sehe diese Entwicklung mit Besorgnis. Die amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik ist kein Erfolgsmodell an dem man sich orientieren sollte. Dies sieht man gerade auch am Beispiel und Resultat des Irak Krieges. Dass Deutschland nicht Verantwortung übernommen hat, war in diesem Fall meiner Meinung nach eine der besten außenpolitischen Entscheidungen der Nachkriegsgeschichte. Weitere negative Beispiele sind der wirtschaftliche Schaden den amerikanische Unternehmen durch die NSA-Affäre erleiden, oder der Ansehensverlust durch die Drohnen-Einsätze, Entführungen nach Guantanamo Bay und Folter.

Meine Fragen vor diesem Hintergrund:

Wie sehen sie Deutschlands außenpolitische Rolle in der Zukunft?

Ist es nicht auch denkbar dass weniger Verantwortung und mehr Neutralität, gerade auch gegenüber amerikanischen Interessen unserem Land mehr nützt?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ateia,

vielen Dank für Ihre über „Abgeordnetenwatch“ eingegangene Zuschrift.

Sie sprechen eine große strategische Frage an, der wir uns im Auswärtigen Amt in diesem Jahr ganz besonders intensiv widmen. Ich habe zu Beginn meiner Amtszeit den „Review 2014“ angestoßen. Unter dem Titel „Außenpolitik Weiter Denken“ wollen wir in einen breiten und kritischen Dialog mit der Öffentlichkeit treten über Deutschlands Rolle und Verantwortung in der Welt. Ich lade Sie ein, auf < http://www.review2014.de > nachzuschauen, und auch aktiv an diesem Prozess teilzunehmen

Zu Ihrer Frage „Wie sehen Sie Deutschlands außenpolitische Rolle in der Zukunft?“ habe ich u.a. auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesprochen.

Deutschland muss bereit sein, sich außen- und sicherheitspolitisch früher, entschiedener und substanzieller einzubringen. Die Übernahme außenpolitischer Verantwortung muss immer konkret sein. Sie darf sich nicht in Empörungsrhetorik oder der bloßen Benotung von Bemühungen und Aktivitäten anderer erschöpfen. Ein konkretes Beispiel ist die veränderte Position der Bundesregierung beim Angebot, Reststoffe syrischer Chemiewaffen in deutschen Anlagen zu vernichten oder unser intensives Bemühen zur Konfliktlösung im Rahmen der Ukraine-Krise.
Deutschland will und wird Impulsgeber sein für eine gemeinsame europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Nur wenn wir unser Gewicht gemeinsam in die Waagschale werfen, im Süden wie im Osten, wird Europas Außenpolitik mehr sein als die Summe vieler kleiner Teile.
Der Einsatz von Militär ist ein äußerstes Mittel. Bei seinem Einsatz bleibt Zurückhaltung geboten. Allerdings darf eine Kultur der Zurückhaltung für Deutschland nicht zu einer Kultur des Heraushaltens werden. Deutschland ist zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren. Entscheidend ist aber vor allem anderen, dass wir gemeinsam mit anderen intensiver und kreativer darüber nachdenken, wie wir den Instrumentenkasten der Diplomatie ausstatten und für kluge Initiativen nutzbar machen.
Europa und die Vereinigten Staaten von Amerika haben in den vergangenen Jahrzehnten aufs Engste zusammengestanden. Unsere Partnerschaft mit den USA bleibt ein Grundpfeiler deutscher Außenpolitik und ohne Alternative. Für uns bleibt das nordatlantische Bündnis unverzichtbare Rückversicherung in einer unruhigen Welt. Aber es ist richtig, dass die bilateralen Beziehungen aktuell in schwerem Fahrwasser sind. Es wäre aber eine Illusion zu glauben, dass eine Entschärfung der Konflikte und die Erarbeitung politischer Lösungen ohne enge Zusammenarbeit mit den USA gelingen könnten. Klar ist aber auch, dass die Beziehungen von Vertrauen und gegenseitigem Respekt geprägt sein müssen. Wir wollen unsere Partnerschaft und Freundschaft auf ehrlicher Grundlage neu beleben.

Mit freundlichen Grüßen
Team Steinmeier