Frage an Frank-Walter Steinmeier von Vitalij N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Herr Steinmeier,
bei Spiegel Online wird gerade berichtet, dass in der Ostukraine Angehörige der Bundeswehr festgesetzt wurden. Ebenso wird berichtet, dass diese NICHT zur OSZE-Beobachtermission gehören.
Stimmen diese Aussagen?
Ist die Bundeswehr in der Ukraine aktiv und welche Ziele verfolgt die Bundeswehr dort?
Wenn die Bundeswehr in der Ukraine aktiv ist, von wem wurde der Einsatz in Deutschland befohlen und authorisiert? Warum wurde die Bevölkerung in Deutschland nicht über den Einsatz umfangreich informiert? War es das Ziel der Bundeswehrangehörigen die Stellungen der Separatisten auszukundschaften? Und wurde diese Mission den Separatisten angemeldet?
Mit freundlichen Grüßen
Vitalij Nikel
Sehr geehrter Herr Nikel,
vielen Dank für Ihre Anfrage an Herrn Steinmeier, auf die ich Ihnen gern antworten möchte.
Das betroffene OSZE-Team befindet sich auf Einladung der Ukraine unter dem Dach des Wiener Dokuments, einem politisch verbindlichen Übereinkommen zwischen allen 57 OSZE-Mitgliedstaaten, im Land. Das Wiener Dokument ist ein Kerninstrument im Aquis der OSZE. Alle OSZE-Staaten sind Teilnehmerstaaten des Wiener Dokuments. Ein zentraler Bestandteil des Wiener Dokuments sind Maßnahmen zur Steigerung der Transparenz und zur Vertrauensbildung sowie Mechanismen zur friedlichen Konfliktbewältigung. Das Wiener Dokument ist seit den 1990er Jahren die im OSZE-Raum bewährte politisch verbindliche Vereinbarung zur Förderung militärischer Aspekte von Vertrauen und Sicherheit. Seither ist es ein regelmäßig genutztes Instrument der Transparenz und Vertrauensbildung.
Nach Ausbruch der Krim-Krise hat es seit Anfang März auf Grundlage des Wiener Dokuments auf ausdrücklichen Wunsch der ukrainischen Regierung durchgehend internationale Inspektionen von Gebieten in der Ukraine gegeben. Deutschland war mit Gastinspektoren an mehreren dieser internationalen Beobachtungsmissionen beteiligt. Diese Missionen boten mit ihrer durchgängigen Präsenz vor Ort über mehrere Wochen (bis zum Einsetzen der zivilen Special Monitoring Mission der OSZE) die einzige Möglichkeit, unabhängig und unmittelbar Informationen über die Sicherheitslage vor Ort zu gewinnen.
Das im OSZE-Kreis breit getragene Ziel ist die kontinuierliche Präsenz von internationalen Wiener Dokument-Beobachtern mindestens bis zu den ukrainischen Wahlen am 25. Mai.
Alle grundlegenden Daten von Besuchsmissionen im Rahmen des Wiener Dokuments (Teilnehmer, Dauer, Besuchsgebiet) werden grundsätzlich durch Notifikationen im OSZE-Netz zirkuliert und sind damit allen Wiener Dokument-Teilnehmerstaaten bekannt, unabhängig davon ob sie an einer bestimmten Mission teilnehmen. Die Inspektionen werden von der lead nation etwa eine Woche vor Einreise per OSZE-Notifikation („Ersuchen um Inspektion“) angemeldet. Die Ukraine antwortet per OSZE-Note innerhalb ein bis zwei Tagen. Die nahtlose Abfolge der genannten Inspektionen in der Ukraine seit Anfang März sind bislang von keinem Wiener Dokument-Teilnehmerstaat in Frage gestellt worden, auch nicht von Russland.
In einer vom russischen Verteidigungsministerium veröffentlichten Presseerklärung vom 12. März bestätigte der stellvertretende Verteidigungsminister Antonov, dass Russland weiterhin den für Russland gültigen Abkommen auf dem Gebiet der Rüstungskontrolle verpflichtet bleibe, insbesondere dem START Vertrag und dem Wiener Dokument.
Es finden ständig, jede Woche mehrere Inspektionen von Ländern nach dem Wiener Dokument statt. Das ist Routine. In den vergangenen Wochen gab es z.B. Inspektionen nach dem Wiener Dokument von Russland in Spanien, von Kanada in Moldau, von der Schweiz in Norwegen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte. Die Fragen bezüglich der Bundeswehr fallen in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Verteidigung. Deshalb möchte ich Sie bitten, Ihre Fragen an die dortigen Ansprechpartner zu richten. Gern könne Sie dafür folgende Emailadresse benutzen: bmvgprinfostab@bmvg.bund.de
Herzliche Grüße
Anikó Rumpler
Leiterin des Abgeordnetenbüros
Dr. Frank-Walter Steinmeier