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Frank-Walter Steinmeier
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Frage von Ronny F. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Ronny F. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Werter Herr Steinmeier,

Sie waren heute im Fernsehen zu sehen. Dabei sagten Sie sinngemäß, dass es in der heutigen Zeit nicht sein dürfe, dass ein Staat seine Grenzen neu zieht. Damit meinten Sie das Referendum auf der Krim und den Beitritt der Krim zu Russland.

Nun ist es aber doch so, dass der Staat Israel seine Grenzen in der heutigen zeit auch ausdehnt. Oder gibt es da gar keine festgelegte Grenze?

Jeden Monat entstehen neue israelische Siedlungen außerhalb Israels auf palästinensischem land.

Meine Frage an Sie ist die folgende:

Wird hier nicht mit zweierlei Maß gemessen?

Ja, Deutschland hat im 2. Weltkrieg 6 Mio Juden umgebracht, und daher sind wir Israel unsre Unterstützung schuldig.
Aber Deuscthlend hat auch über 20 Mio Russen umgebracht.

Ich möchte noch fragen, warum sie die deutsche Bundesregierung anmaßt, über das Bürgerrecht der Wahl der Krim-Bewohner zu urteilen?

Wie kommnt das alles?
Sind Russen weniger wert, als andere?

Portrait von Frank-Walter Steinmeier
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Franz,

haben Sie vielen Dank für Ihre an Bundesminister Steinmeier gerichteten
Anfragen, mit denen Sie eine Reihe wichtiger Themenfelder der deutschen
Außenpolitik ansprechen.

Die friedliche Lösung des Nahost-Konfliktes zählt zu den außenpolitischen
Prioritäten der Bundesregierung. Sie unterstützt seit Jahren sowohl bilateral
als auch im Rahmen der EU die Verhandlungen zwischen Israel und Palästinensern
und setzt sich dabei für eine nachhaltige und gerechte Zwei-Staaten-Lösung
ein. Die israelische Siedlungspolitik wird dabei als Hindernis auf dem Weg zu
einer gerechten Konfliktlösung angesehen. Deshalb setzt sich die
Bundesregierung mit Nachdruck für ein Ende des israelischen Siedlungsbaus in
den palästinensischen Gebieten ein. So hat Bundeskanzlerin Merkel zuletzt im
Rahmen der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen am 25. Februar 2014
in ihrer Rede vor Staatspräsident Peres die israelische Siedlungspolitik mit
den Worten kritisiert, dass sie die Lebensfähigkeit eines palästinensischen
Staates in Frage stelle.

Damit sieht sich die Bundesregierung im Einklang mit der Europäischen Union,
die ihre ablehnende Haltung gegenüber der Siedlungspolitik regelmäßig deutlich
macht, z.B. in den Ratsschlussfolgerungen vom 08. Dezember 2009, 13. Dezember
2010, 10. Dezember 2012 und zuletzt vom 16.Dezember 2013: "The EU warns
against actions that undermine the negotiations. In this regard, it deplores
Israel´s continuous expansion of settlements, which are illegal under
international law and constitute an obstacle to peace."

Bezüglich der Militäroffensive gegen die Republik Irak ist darauf hinzuweisen,
dass die damalige Bundesregierung diese deutlich kritisiert und die
völkerrechtliche Begründung für die Offensive nicht anerkannt hat. Die
anschließende Präsenz von US-Streitkräften und Streitkräften anderer Nationen
stand dagegen unter einem Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.

Auch die Aufstellung der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe
(International Security Assistance Force, ISAF) für Afghanistan erfolgte
aufgrund einer entsprechenden Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten
Nationen (Resolution 1386 vom 20. Dezember 2001).

Angesichts der großen und wichtigen Herausforderungen bei der Stabilisierung
des politischen Prozesses und beim Wiederaufbau in Irak besteht zwischen der
Bundesregierung und allen Partnern einschließlich der Regierung der Republik
Irak Einvernehmen, dass unser Blick nach vorne gerichtet sein sollte. Die
Haltung der Bundesregierung zum Einsatz von Munition mit angereichertem Uran
war unmissverständlich. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP, die
Internationale Atomenergiebehörde IAEA, die Weltgesundheitsorganisation WHO,
die NATO und die Europäische Kommission haben umfangreiche Untersuchungen zu
etwaigen Gesundheits- und Umwelteinflüssen durch Munition mit angereichertem
Uran veranlasst. Keine dieser Untersuchungen hat einen wissenschaftlich
nachweisbaren ursächlichen Zusammenhang zwischen dieser Munition und damit in
Verbindung gebrachten Krankheiten und Missbildungen ergeben. Entsprechendes
gilt für im Auftrag des Bundesverteidigungsministeriums vorgenommene
Untersuchungen. In den Vereinten Nationen wurden seit 2007 Resolutionen zu
Munition mit angereichertem Uran eingebracht, die zur Sachverhaltsklärung
aufriefen. Deutschland hat diese Resolutionen stets unterstützt.

Die Bundesregierung setzt sich in ihrer internationalen Politik für die
Einhaltung und Durchsetzung des Völkerrechts ein. In diesem Zusammenhang
erkennt sie die völkerrechtswidrige Intervention Russlands und die
anschließende Annexion der Krim nicht an. Die Krim-Intervention stellt einen
Verstoß gegen das Gewaltverbot nach Art. II (4) VN-Charta dar. Auch eine
Androhung von Gewalt reicht hierfür aus. Außerdem hat die russische
Intervention gegen den völkerrechtlichen Grundsatz der Souveränität und der
territorialen Integrität (und damit des Verbots gewaltsamer Grenzneuziehung)
verstoßen.

Damit ist auch die Annexion der Krim durch Russland völkerrechtswidrig, ebenso
wie die vorher durch das sogenannte Parlament der Krim ausgerufene Sezession.
Dass es vorher ein - verfassungswidriges - Referendum auf der Krim gegeben
hat, ändert hieran nichts. Im Übrigen sind bei der Frage, ob und in wieweit
das Referendum auf der Krim, das innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe
abgehalten wurde und unter der Aufsicht russischer Interventionskräfte
stattfand, rechtsstaatlichen Prinzipien und den Voraussetzungen für freie und
faire Wahlen entsprochen hat, Zweifel angebracht.

Wir hoffen, Ihnen mit diesen Erläuterungen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag

Ihr Bürgerservice
im Auswärtigen Amt