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Frank-Walter Steinmeier
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Frage von Hans R. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Hans R. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

mich würde mal interessieren, welche Lobbyisten an der Agenda 2010 mitgearbeitet haben. Warum wird die Sozialindustrie nicht auf die Qualität ihrer Arbeit überprüft? Finden sie es nicht auch fair, wenn auch Politiker sich an den Ergüssen ihrer Abstimmungen beteiligen sollten? Zum Bsp. statt 50€ für unentschuldigtes Fehlen gleich, analog zu Hartz4, 10% Kürzung für 3 Monate. Was sich natürlich bei weiteren Fehlzeiten kumulieren müsste. Nebenverdienste müssten dann natürlich in der gleichen Art und Weise wie bei Hartz4 auf die Diäten angerechnet werden. Mithin hätten dann auch mal Abgeordnete aus der 1. Reihe die Möglichkeit, wenigstens ein wenig von ihren Entscheidungen zu profitieren.
Zu guter letzt möchte ich noch wissen, ob die SPD gewillt ist, die ganzen Entscheidungen der jetzigen Regierung und Vorgängerregierung, die zum großen Teil ja überwiegend nur zu Lasten des einfachen Menschen gingen, zu korrigieren. Und natürlich, welche Maßnahmen das wären, wenn …

Mit freundlichen Grüßen
Hans Richter

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Richter,

die Agenda 2010 war ein gesamtgesellschaftliches Projekt. Deshalb wurden dabei auch Vertreter der verschiedensten Interessengruppen gefragt und mit einbezogen. Dies ist wesentlicher Bestandteil eines pluralistischen Systems, wie der Bundesrepublik Deutschland.

Ziel der Agenda 2010 war es, Menschen in Arbeit zu bringen und die Sozialsysteme zukunftsfest zu machen. Dass uns das geglückt ist, bevor die Finanzkrise über Europa hinein gebrochen ist, darum werden wir inzwischen von unseren europäischen Partnern beneidet. Die positive Bewertung bedeutet nicht, dass einzelne Fehlentwicklungen, etwa bei der Leiharbeit, nicht dringend korrigiert werden müssen. Allerdings sollten wir aufhören, die Schlachten der Vergangenheit immer wieder aufs Neue zu schlagen. Die Agenda 2010 hat Antworten auf die Herausforderungen des vergangenen Jahrzehnts gegeben. Im Jahr 2013 wird es Zeit, dass wir uns mit den aktuellen Herausforderungen beschäftigen. Statt Massenarbeitslosigkeit droht uns ein Fachkräftemangel, wir müssen die Energiewende endlich vorantreiben, und die Finanzkrise in Europa überwinden. Die SPD hat klare Vorstellungen davon, was zu tun ist. Dazu gehört unter anderem die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, eine armutsfeste Solidarrente, die Abschaffung des Zweiklassensystem in Praxen und Krankenhäusern, eine echte und verbindliche Frauenquote, der Ausbau von Ganztags-Kitas und Ganztagsgrundschulen und die Einführung von Leitplanken und Spielregeln für Finanzdienstleister.

Soweit Sie die Überprüfung der Sozialindustrie ansprechen, halte ich diese durchaus für notwendig. Qualitätsprüfungen finden jedoch schon statt. Der Bundesrechnungshof hat zum Beispiel gerade die Bundesagentur für Arbeit überprüft und dabei wohl gravierende Mängel festgestellt. Das Magazin DER SPIEGEL hat erst kürzlich darüber berichtet. Hier ist tatsächlich Handeln geboten. Und Frau von der Leyen ist als Bundesministerin für Arbeit und Soziales aufgerufen, ihre Rechtsaufsicht auszuüben.

Ihr Vergleich von Grundsicherung für Arbeitssuchende und Abgeordnetendiäten dagegn hinkt. Bei ersterem handelt es sich um eine Sozialleistung, die nicht für eine Gegenleistung, sondern aufgrund von Bedürftigkeit gewährt wird. Natürlich mindert sich diese Sozialleistung oder fällt weg, wenn die Bedürftigkeit aufgrund eines eigenen Verdienstes oder Zuverdienstes nicht mehr gegeben ist. Abgeordnetendiäten sind dagegen Entschädigungszahlungen, die Abgeordnete dafür erhalten, dass sie sich für die Zeit ihres Mandats in den Dienst der Demokratie stellen. Ich glaube, Ihr etwas unglücklicher Vergleich soll zum Ausdruck bringen, dass Sie mit der Behandlung von Arbeitssuchenden unzufrieden sind. Soweit es hier zu Fehlverhalten und Drangsalierung kommt, muss diese in der Tat beendet werden. Arbeitssuchende müssen unterstützt und dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Frank-Walter Steinmeier