Frage an Frank-Walter Steinmeier von Ingrid R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Steinmeier,
ich möchte gerne verstehen, weshalb Sie und andere sich rühmen, gegen das Schweizer Steuerabkommen gestimmt zu haben? Ist die Rache des "kleinen Mannes" wirklich so viel Geld wert?
Beim Abkommen wären von heute auf morgen Unsummen in die Kassen gespült worden und dass, ohne die Reichen zu schonen. Die Schweiz hätte auch noch die Arbeit für die deutschen Finanzbehörden kostenlos übernommen. Und was geschieht jetzt?
Mit hohen Eigenkosten müssen rechtlich umstrittene CDs erworben werden. Diese sind durch Legionen von Finanzbeamten aufzuarbeiten, jeder Fall ist abzuurteilen und viele unbescholtene Bürger werden mit hineingezogen. So viele Prozesse auf einmal nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Die Prozessdauer auch für andere Fälle wird sich dramatisch erhöhen. Das wird ein Nullsummenspiel, weil die Unkosten/Personalkosten die Einnahmen auffressen werden.
Da kann man nur sagen: Warum einfach, wenn es auch umständlich geht? Ist das die Devise der SPD?
Und warum das alles: Nur um das persönliche Ego zu befriedigen und einige Prominente wie Säue durchs Dorf zu jagen?
Seien Sie versichert, dass Herrschaften die ihr Geld ins Ausland schaffen, um keine Steuern zu zahlen, sich durch die höheren schweizer Steuersätze mehr gestraft gefühlt hätten, als mit einer Verurteilung oder Selbstanzeige in Deutschland. Es ist nun mal nicht jeder Prominent, und alle anderen kommen auch hierzulande fast anonym und billig weg, wenn sie es gescheit anstellen.
Frage:
Sollte die SPD bei der Bundestagswahl gewählt werden (was uns hoffentlich erspart bleibt), plant die Partei dann auch weiterhin so verschwenderisch mit Steuergeldern umzugehen? Sie haben sich doch auf die Fahnen geschrieben, für mehr Kindergärten und gute Schulen sorgen zu wollen. Das Geld aus diesem Abkommen hätten Sie gut gebrauchen können, und es stünde ohne Arbeitsaufwand sofort zur Verfügung (Zinseszinseffekt).
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Rust
Sehr geehrte Frau Rust,
die SPD-Fraktion hat im Bundestag gegen das Steuerabkommen mit der Schweiz gestimmt, weil dieses Abkommen die Grundsätze einer gerechten und gleichmäßigen Besteuerung verletzt hätte. Das Abkommen sah eine pauschale und anonyme Nachversteuerung derjenigen vor, die Kapital am deutschen Fiskus vorbei in der Schweiz angelegt hatten. Die Bundesregierung wollte damit über die bereits existierende Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige, die eine vollständiger Offenheit gegenüber der Finanzverwaltung und umfassende Steuernachzahlung erfordert, noch hinausgehen. Internationale Steuerbetrüger wären also privilegiert worden. Es widerspricht aber rechtsstaatlichen Grundsätzen einen Straftäter für sein besonders geschicktes und internationales Agieren auch noch zu belohnen.
Das Abkommen war darüber hinaus aber auch ungeeignet, sein eigentliches Ziel, nämliche eine effektive Besteuerung des Vermögens deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz zu erreichen. Es bot schlicht zu viele Schlupflöcher. So konnten Bankkunden ihre Vermögenswerte bis Jahresende 2012 sanktionslos und unerkannt aus der Schweiz abziehen und in andere Steueroasen verlagern. Zu dem konnte weiterhin Vermögen in Anlageformen wie Familienstiftungen, Trusts oder Schließfächer umgeschichtet werden, die vom Abkommen gar nicht erfasst waren.
Wie viel Geld das Abkommen tatsächlich eingebracht hätte ist daher auch schwer zu sagen. Die immer wieder genannten Milliardensummen sind pure Spekulation. Fest steht, dass Schweizer Banken lediglich 1,6 Milliarden Euro garantiert hätten. Auch ohne das Abkommen wurden durch Selbstanzeigen seit 2010 bereits über zwei Milliarden Euro erzielt. Die Ablehnung des Abkommens führte also nicht zu Nachteilen, sondern sogar eher zu Vorteilen für den deutschen Fiskus.
Die Selbstanzeigen steigen seit Steuerbehörden Schweizer Steuerdaten-CDs ankaufen. Das Abkommen hätte den Kauf von Steuerdaten-CDs aber verboten. Damit wäre den deutschen Finanz- und Justizbehörden ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung von Steuer- und Strafansprüchen -- welches übrigens nach höchstrichterlicher Rechtsprechung völlig legal ist - entzogen worden.
Ein Rechtsstaat sollte sich nicht mit Versprechungen von schnellen und hohen Steuereinnahmen in ein fragwürdiges Abkommen locken lassen. Die Versprechungen erweisen sich oft als leer und am Ende wird nur das Vertrauen aller ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in ihren Staat beschädigt.
Peer Steinbrück hat mittlerweile einen 8-Punkte-Plan zur Bekämpfung von Steuerbetrug vorgelegt, den die SPD-Bundestagsfraktion noch vor der Sommerpause in den Bundestag einbringen wird. Wir wollen eine effektivere Steuerfahndung, einen automatischen internationalen Informationsaustausch und harte Sanktionen gegen Banken, die Steuerhinterziehern behilflich sind. So werden wir den Druck auf Steuerhinterzieher aufrechterhalten und Steueroasen austrocknen!
Mit freundlichen Grüßen
Frank-Walter Steinmeier