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Frage von Klaus L. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Klaus L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

mit "Steinmeier warnt vor Chaos bei Europas Banken" erscheint zur Zypern-Krise am 23.03.13 in der WAZ ein Beitrag von Ihnen. Nichts Aufregendes könne man meinen, halt die üblichen pflichtgemäßen Bedenken der SPD. Für mich ist es aber ein weiterer Beweis, wie die SPD Finanzfragen populistisch ausschlachtet und sich zudem mal wieder aus der Verantwortung stiehlt. Mit Aussagen wie "die Nutznießer des Casinos nicht ungeschoren davonkommen zu lassen", läßt sich leicht billiger Beifall abholen. Klar die zyprische Steueroase, die wohl massiv Geldwäsche betreibt, ist ein Ärgernis. Aber ein Casino? Zyprische Banken sind naturgemäß ganz eng mit Griechenland vebunden. Und so wurde Griechenland besonders massiv durch den Schuldenschnitt auf griechische Staatsanleihen betroffen und muss zudem enorme Verluste aus Krediten an griechische Unternehmen und den Privatsektor verkraften. Typische Zocker-(=Casino)geschäfte wie Leerverkäufe oder Wetten mit Derivaten spielen - wenn überhaupt - eine untergeordnete Rolle. Sehen Sie es anders? Dann benennen Sie bitte detailliert die Casinogeschäfte, die die Probleme verursacht haben. Das Kernproblem resultiert eindeutig aus der griechischen Staatsschuldenkrise. Natürlich liegen die Gründe für diese Krise zum großen Teil in Griechenland selbst. Aber generell für die europäische Staatsschuldenkrise ist wie kein anderer SPD-Kanzler Schröder verantwortlich, weil er statt zu sparen von 2001 bis 2005 die 3 % Schuldengrenze (vom BIP) verletzte. Das war ein Freibrief für andere Länder. Es bringt auch Beifall, wenn man sich wie Sie in dem Beitrag für griechische Kleinanleger einsetzt. Aber warum wurde dann von den SPD-Finanzministern der Sparerfreibetrag von 3068 € (1999) auf 800 € (2007) reduziert ?. Das betrifft kleine und mittlere Sparvermögen. Erklären Sie mir andererseits, warum von der SPD der Steuersatz für Zinsmilionäre von 45 % (mit Reichensteuer) auf 25 % gesenkt wurde?

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Link

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Link,

die SPD hat sich in der Tat bei der Beratung der Rettungsmaßnahmen für Zypern dafür eingesetzt, dass der zyprische Bankensektor im Rahmen eines Rettungspaketes massiv verkleinert wird. Dass das nötig war, zeigen schon die schlichten Zahlen: Zuletzt war der zyprische Bankensektor mehr als fünfmal größer als die gesamte zyprische Wirtschaftsleistung. Ein so großer Bankensektor kann im Krisenfall die Existenz eines ganzen Staates bedrohen.

Dass der zyprische Bankensektor derart gewachsen ist, liegt auch an den hohen Renditeversprechen, die die dortigen Banken den Anlegern aus aller Welt gegeben haben. Zinsen weit über dem Niveau, das wir in Deutschland kennen, waren dort keine Seltenheit. Die Anleger haben in Zypern also ein höheres Risiko im Tausch gegen höhere Zinsen gesucht. Sie haben darauf gewettet, dass dieses Risiko nicht eintritt und sie am Ende von den hohen Zinsen profitieren. Genau das macht man auch in einem Casino. Wer aber die Anleger der Banken in einem Krisenfall nicht zur Kasse bittet, der rettet am Ende die Nutznießer des Casinos und bewahrt sie vor den Risiken, die sie selbst eingegangen sind. Genau das haben wir durch das Rettungspaket für Zypern verhindert. Dass bei der Bankenrettung die europaweit gültige Einlagensicherung von 100.000 Euro bestehen bleiben muss, ist aber selbstverständlich. Denn sie ist eine tragende Säule für das Vertrauen in unseren Bankensektor.

Bei der Analyse der Ursachen für die Europäische Schuldenkrise bitte ich Sie, nicht auf die Geschichtsklitterung der schwarz-gelben Koalition hereinzufallen. Denn der Stabilitäts- und Wachstumspakt aus der Anfangszeit des Euros war so gebaut, dass er wirtschaftliche Zyklen verstärkt hätte. Damit aber wäre Deutschland in den Zeiten der wichtigsten Reform seit Jahrzehnten noch weiter in die Krise gerutscht – genau so wie es die heutigen Krisenstaaten durch die Austeritätspolitik der Bundeskanzlerin tun. 2003 war es richitg, über zusätzliche Wachstumsimpulse die Auswirkungen der Strukturreformen der Agenda 2010 in einer Periode von stagnierendem Wirtschaftswachstum abzufedern. Ähnliches haben wir ja auch im Jahr 2008 nach der Wirtschafts- und Finanzkrise gemacht, und zwar mit Erfolg.

Deutschland hat in den letzten zehn Jahren die Wende eben gerade nicht geschafft, weil wir phantasielos nur Ausgaben gekürzt haben. 2002 war Deutschland der kranke Mann Europas. Aber die damalige rot-grüne Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben gemacht, den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme reformiert und gleichzeitig darauf geachtet, dass darüber die Konjunktur nicht völlig in den Keller rauscht. Märkte verlieren das Vertrauen, wo die Staatsschulden außer Kontrolle geraten. Sie verlieren aber auch das Vertrauen, wenn die Wirtschaft am Boden liegt und keine Aussicht auf Besserung besteht.

Nach der Übernahme der Regierungsverantwortung im Jahr 1998 hat die SPD an vielen Stellen Entlastungsperspektiven eröffnet und die Steuerbelastung reduziert. Dafür wurden zur Gegenfinanzierung viele Subventionen gestrichten – so auch der Sparerfreibetrag für hohe Zinserträge. Denn um einen solchen Zinsertrag zu bekommen, muss man bei einem unterstellten Zinssatz von 2% immerhin 150.000 Euro angespart haben.

Die Einführung der Abgeltungssteuer 2008 hat auch nicht so vermögende Sparer entlastet. Die von Ihnen benannten Zinsmillionäre hingegen erhalten häufig Dividenden statt Zinsen aus ihren Aktieninvestitionen – und für diese ist durch die Abgeltungssteuer die Belastung faktisch gestiegen. Vorher galt hier nämlich das Halbeinkünfteverfahren, mit dem die Dividenden nur zur Hälfte mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz besteuert wurden. Rechnet man hinzu, dass die Dividenden schon vor der Ausschüttung auf Unternehmensebene versteuert wurden, ergibt sich heute in der Summe sogar eine höhere Besteuerung von Kapitalerträgen als von Einkommen.

Damit das auch so bleibt, wollen wir nach der Übernahme der Regierungsverantwortung mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes auch die Kapitalertragssteuer auf 32% erhöhen. Und wir werden die Steuer insgesamt überprüfen: sollte sie dauerhaft weniger Einnahmen bringen als eine Besteuerung über die Einkommenssteuer, wird die SPD die Abgeltungssteuer in Frage stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Frank-Walter Steinmeier