Frage an Frank-Walter Steinmeier von Harald N. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Steinmeier,
bei den diversen Hilfspaketen, Rettungsfonds usw. für Griechenland habe ich den Überblick verloren. Ich bin schließlich kein Finanzfachmann oder Volkswirt.
Daher bitte ich Sie um Beantwortung dieser Fragen:
Mit wie viel Geld (in Euro) hat die Bundesrepublik bisher Griechenland insgesamt (ESM, EFSF, bilaterale Hilfen, 1. und 2. Hilfspaket, Verzicht auf Bundesbank und EZB-Gewinne, usw.) unterstützt?
Wie viel von der Gesamtsumme wurden tatsächlich gezahlt?
Für wie viel wurde "nur" gebürgt?
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
H. Norvege
Sehr geehrter Herr Norvege,
im Rahmen des ersten Griechenland-Hilfspaketes („bilaterale Hilfen“) aus dem Jahr 2010 hat Deutschland rd. 15 Mrd Euro geleistet (Kredite der KfW an Griechenland, die vom Bund verbürgt werden). Im Rahmen des zweiten Hilfspaketes stehen für Griechenland insgesamt 144,6 Mrd Euro aus der EFSF zur Verfügung. Davon waren bis zum Dezember letzten Jahres 73,9 Mrd Euro ausbezahlt; nach Freigabe durch die Finanzminister der Eurostaaten am 13. Dezember 2012 wurden weitere 49,1 Mrd Euro für Griechenland freigegeben. Zur Abdeckung des Gesamtvolumens von 144,6 Mrd Euro bürgt Deutschland für Griechenland-Mittel der EFSF mit 67,8 Mrd Euro. Der ESM ist für Griechenland noch nicht in Anspruch genommen worden.
Neben diesen „direkten“ Hilfen gibt es auch „indirekte“ Lasten, die mit Griechenland und den Griechenland-Hilfen zusammenhängen: So haben die europäischen Partner beschlossen, die Zinsen, die Griechenland auf Kredite aus dem ersten Hilfspaket zu zahlen hat, abzusenken. Das bedeutet für den Bundeshaushalt Mindereinnahmen von 130 Mio Euro jährlich. Außerdem erhält Griechenland für die EFSF-Kredite eine Zinsstundung von 10 Jahren. Bereits jetzt hat sich auch der Gewinn, den die Deutsche Bundesbank an den Bundeshaushalt überweist, wegen der Bundesbank-Rückstellungen für das Griechenland-Risiko erheblich verringert. In diesem Kontext hat man auf europäischer Ebene vereinbart, Gewinne der EZB aus ihrem Sekundärmarktprogramm an Griechenland weiterzureichen. Auch das wird zu Verlusten des Bundeshaushaltes führen; über die Jahre kumuliert könnte ein Betrag von bis zu 2,7 Mrd Euro zusammenkommen.
Um die Auflistung komplett zu machen, ist zu erwähnen, dass zu den Verlusten der „bad bank“ der Hypo Real Estate (HRE) auch millardenschwere Altlasten aus dem HRE-Griechenland-Geschäft gehören. Die Verluste der HRE-„bad bank“ zahlt zu guter Letzt die öffentliche Hand.
Keine Frage, diese Zahlen machen Eindruck. Ja, die Rettung Griechenlands wird es nicht zum Nulltarif geben. Aber Deutschland ist der größte Profiteur der Währungsunion. Und die Gefahren einer Staatspleite Griechenlands sind nicht abzusehen. Zu erwarten wäre eine ökonomische Kettenreaktion in Europa mit einer unkalkulierbaren Gefährdung auch des Wohlstands in Deutschland. Die Stabilisierung der Eurozone liegt deshalb in unserem ureigensten Interesse.
Mit freundlichen Grüßen
Frank-Walter Steinmeier