Frage an Frank-Walter Steinmeier von Hans N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier,
mit Interesse las ich Ihre Antworten zum Thema Organspende.
Ich selbst trage seit 30 Jahren einen Organspendeausweis.
Als ich vor kurzem einen Bekannten fragte, ob er nicht auch einen solchen Ausweis tragen möchte, war dessen Antwort : "von mir bekommt keiner ein Stück"
Daraus ergibt sich für mich folgende Frage: weshalb fügt man in das Organspendegesetz nicht eine Passus ein, der Menschen mit Ausweis im Falle diese ein Organ brauchen, bei der Vergabe besser stellt, als solche die nicht bereit sind zu spenden.
Es kann doch nicht sein, dass Alle alles haben wollen, aber nur eine Minderheit bereit ist zum Spenden. Wer unsolidarisch ist darf die Solidargemeinschaft dann auch nicht in Anspruch nehmen.
Wie ist Ihre Meinung dazu?
Mit grösster Hochachtung an Sie als Organspender
H.Neuhauser
Sehr geehrter Herr Neuhauser,
als wir im letzten Jahr über Möglichkeiten zur Erhöhung der Organspende diskutiert haben, wurde dabei immer wieder auch der von Ihnen formulierte Vorschlageiner „Clublösung“ eingebracht: Nur wer selbst zur Organspende bereit sei, solle im Notfall ein Organ erhalten können oder zumindest bevorzugt behandelt werden.
Wir haben uns aus - wie ich finde - guten Gründen gegen ein solches Modell entschieden. Bei der Organspende geht es, wie das Wort schon sagt, um eine Spende: Das heißt sie sollte freiwillig und nicht etwa aus Angste vor einer eigenen Erkrankung erfolgen. Viele Transplantierte haben uns gegenüber immer wieder betont, dass es für sie wichtig sei zu wissen, dass der Verstorbene, dessen Organ sie ihn sich tragen, dieses freiwillig gespendet habe. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Skandale Göttingen und Regensburg gewinnt dieses Argument an Gewicht. Damit Menschen bereit sind, nachd em Tod ihre Organe zu spenden, muss ganz klar sein: Die Bedürftigsten bekommen zuerst ein Organ!
Aber es stellen sich auch Gerechtigkeitsprobleme. So könnte es doch gut sein, dass jemand für 20 Jahre einen Organspendeausweis hat, den Ausweis kurz vor seinem Tod aber zerreisst. Damit hätte er Zeit seines Lebens Anrecht auf ein Organ gehabt, ohne am Ende selbst zu spenden. Aus diesen Schwierigkeiten heraus lehne ich Ihren Vorschlag ab. Der Deutsche Ethikrat hat sich übrigens ähnlich geäußert.
Dennoch weiß ich natürlich ebenso wie Sie, dass wir die Spendebereitschaft dringend erhöhen müssen. Ich binf roh, dass wir uns im Sommer diesen Jahres auf die Einführung der sogenannten „Entscheidungslösung“ verständigt haben. Schon heute wissen wir aus Umfragen, dass etwa 70% aller Bürger prinzipiell für eine Organspende sind; aber nur 15% besitzen einen Ausweis. Wenn sie nun in Zukunft alle gefragt werden, wird sich hoffentlich der Großteil auch tatsächlich als möglicher Spender registrieren lassen. Ich hoffe, dass es so gelingt, die Zahl der Organspenden rasch zu erhöhen und den Betroffenen dauerhaft zu helfen - und zwar ganz und gar freiwillig.
Mit freundlichen Grüßen
Frank-Walter Steinmeier