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Frank-Walter Steinmeier
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Frage von Regina D. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Regina D. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier!

Ich bin grundsätzlich dafür, allen Menschen Hilfe und Unterstützung zu geben, die diese benötigen, soviel sei vorausgeschickt. Ich halte einen ESM für sinnvoll, der in erster Linie NICHT die Bevölkerung, sondern die Verursacher der Notlage der Staatsfinanzen zur Kasse bittet, andauernde Spekulationen gegen Krisenstaaten eindämmt UND soziale Komponenten zum Schutz der Bevölkerung vor Verarmung enthält.
Ich liebe mein Heimatland mit allen seinen Besonderheiten und den Möglichkeiten meiner demokratischen Einflussnahme auf dessen Entwicklung. Meinem Land und den Menschen darin soll es gut gehen. Ich wünschte mir, es würden Gesetze verabschiedet, die dazu beitragen, jene, die über ein Vielfaches des Durchschnittseinkommens verfügen, in die gesellschaftliche Mitverantwortung zu nehmen.
Die Abstimmung zum ESM-Vertragsentwurf steht bevor. Ich hoffe, Ihre Zustimmung zum dauerhaften Rettungsschirm hängt trotzdem im Detail von der konkreten Vorlage ab, die dem Deutschen Bundestag vorliegt. Nun hat das ESMFinG den Deutschen Bundestag passiert, dessen Wortlaut mir vorliegt. ich befürchte, wenn dieser ESM-Vertrag Gesetzeskraft erlangt, wird das Mitbestimmungsrecht der Länderparlamente und des EU-Parlamentes in ESM-Finanzierungsfragen schlichtweg ausgehebelt und wir bewegen uns weg von jeglicher Demokratie in ein Zeitalter der Finanz-Herrschaft des eingesetzten, unantastbaren EU-Gouverneursrates. Die Mitgliedsstaaten der EU haben dann vorrangig den Finanzanforderungen dieses Gouverneursrates zur Stabilisierung hilfbedürftiger Mitgliedsstaaten Folge zu leisten, die nationalen Haushalte werden zweitrangig. Der deutsche Staat stemmt 27% des Rettungsfonds und wird eine einflussreiche Stimme im EU-Gouverneursrat haben- um den Preis der Aufgabe der Demokratie!
Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier, werden Sie dem ESM-Vertragsentwurf in der vorliegenden Form am 25.Mai 2012 zustimmen?

Mit freundlichen Grüssen!

Regina Drescher

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Drescher,

zunächst einmal freut mich die Wertschätzung, die Sie unserem Land entgegenbringen. Was die Verabschiedung von ESM und Fiskalpakt angeht, so hat die SPD, wie Sie wissen, keineswegs anstandslos einer Regierungsvorlage zugestimmt, sondern in harten Verhandlungen mit der Regierung einen Großteil ihrer Forderungen durchsetzen können.

So ist es uns gelungen, den Fiskalpakt um einen Wachstumspakt zu ergänzen, um die notwendige Haushaltskonsolidierung und die Strukturreformen in den Krisenländern mit einer Zukunftsperspektive zu verbinden - die (über die Finanzmarkttransaktionssteuer) auch noch von den Richtigen bezahlt wird, nämlich von denen, die die Finanzkrise überhaupt erst verursacht haben.

Was nun den ESM und Ihre Befürchtung nach einer Aushöhlung der Demokratie betrifft betrifft, so kann ich Ihnen versichern, dass der ESM stets der parlamentarischen Kontrolle unterworfen. Über jedes neue Programm des ESM entscheiden die nationalen Parlamente. Und auch wenn der Gouverneursrat innerhalb dieser Programme selbständig entscheiden kann, so können die Parlamente diese entscheidungen jederzeit wieder an sich ziehen. Von einer „Aufgabe der Demokratie“ kann also keine Rede sein!

Ich habe mir die Entscheidung zur Zustimmung zu Fiskalpakt und ESM nicht leicht gemacht. Ich spüre die Verantwortung, die auf uns ruht - aber ich weiss auch, dass Politik aus der Abwägung von Risiken besteht. Ich (und mit mir in großer Mehrheit die SPD-Fraktion) bin zu dem Schluss gekommen, dass die Risiken des Nicht-Handelns größer sind als die Risiken, die von ESM und Fiskalpakt ausgehen. Wir tragen Verantwortung für den Fortbestand der Währungsunion und den Erfolg des gemeinsamen Europa!

Mit freundlichen Grüßen

Frank-Walter Steinmeier