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Frage von Clemens J. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Clemens J. bezüglich Soziale Sicherung

Clemens Jaeckel
57 Jahre alt / Tech. Betriebswirt & Industriemeister Metall

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

Ich habe von 1969 bis 2002 lückenlos in meine Arbeitslosenversicherung eingezahlt (33 Jahre am Stück) aus der ich keine Leistung erhalte und die auch nicht auf meine Bezugsdauer für das Alg 1 angerechnet wird. 2002 habe ich mich selbständig machen müssen weil mein damaliger Arbeitgeber seinen Betrieb aus gesundheitlichen Gründen verkleinert hat und es vor 10 Jahren auch schon schwierig war einen Job zu finden. Meine Selbständigkeit dauerte bis 10. 2007, übergangslos habe ich durch Zufall wieder einen Job gefunden den ich aber aufgrund der Wirtschaftskrise im Mai 2009 wieder verloren habe. Für diese ca. 1 1/2 Jahre habe ich dann für die Dauer von 6 Monaten Alg 1 erhalten um dann sofort in die Hartz 4 Armut abgeschoben zu werden.Während meiner Selbständigkeit habe ich Arbeitsplätze geschaffen, die es heute noch gibt, ich war ehrenamtlicher Lehrlingsprüfer, ich habe meine Aus -und Weiterbildungen die ich berufsbegleitend gemacht habe selbst finanziert. Muss ich nun Qualifizierungsmaßnahmen in Anspruch nehmen um in einem Minijob zu enden? Man muss kein Pferd zum Rennen tragen, es muss schon selber laufen! Uns alte braucht niemand zu motivieren, wir wollen arbeiten doch leider gibt es keine Jobs für uns!

Ich und viele tausend andere fragen Sie;
Warum werden wir für unsere Lebensleistung von 40,45 oder 50 Arbeitsjahren vom Staat dafür mit der Hartz 4 Armut belohnt? Belohnt dafür, dass wir immer gute Steuerzahler waren? Warum werden wir von Ihnen und Ihren Parteikollegen verspottet und verhöhnt? Wir müssen uns beleidigen, diskriminieren und ausgrenzen lassen. Wir werden mit den Leuten auf eine Stufe gestellt, die offensichtlich nicht arbeiten wollen. Wir bekommen dieselben Regelleistungen wie einer der noch keinen Cent in die Sozialkassen eingezahlt hat! Wie kann die SPD solche unsozialen Gesetze einführen? Warum tut uns der Staat so was an?

MfG
Clemens Jaeckel

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jaeckel,

zunächst einmal ist es nicht richtig, dass Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, im Fall der Arbeitslosigkeit mit denjenigen gleichgestellt werden, die noch nie sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Wer älter als 58 ist und mindestens 48 Monate gearbeitet hat, erhält 24 Monate Arbeitslosengeld 1, während jüngere Arbeitslose, die weniger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, nur 12 Monate Arbeitslosengeld 1 erhalten - und wer noch nie eingezahlt hat, hat gar keinen Anspruch darauf.

Dennoch kann ich Ihre Enttäuschung verstehen und stimme Ihnen in einem Punkt zu: Menschen, die bis zu ihrem 45. oder 50. Lebensjahr regelmäßig gearbeitet hätten, müssen nicht ständig ermahnt werden, zu arbeiten. Sie wollen ja, und haben es nur ungleich schwerer als ihre jüngeren Kollegen, einen neuen Job zu finden. In einer Untersuchung des ifo-Instituts haben 72% der Unternehmen angegeben, dass sie grundsätzlich keine älteren Arbeitssuchenden einstellen. Wir brauchen daher ernsthafte Anstrengungen, um die Mehrheit der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen. Und was macht die Bundesregierung? Sie kürzt die finanziellen Mittel und den arbeitsmarktpolitischen Instrumentenkasten. Dabei brauchen wir eine Arbeitsmarktpolitik, die Chancen eröffnet und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für alle ermöglicht.

Vollbeschäftigung, und zwar in "guter", also nicht prekärer, Arbeit, bleibt das Hauptziel jeder sozialdemokratischen Politik. Denn hier geht es um die wichtigsten Werte der SPD: seit 150 Jahren streiten wir für eine Gesellschaft, in der alle Menschen durch Bildung und Arbeit die gleichen Chancen haben. Das ist unsere Vision einer gerechten Gesellschaft.

Mit freundlichen Grüßen,

Frank-Walter Steinmeier