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Frank-Walter Steinmeier
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Frage von Sigrid A. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Sigrid A. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier,

Ihnen ist wahrscheinlich auch schon aufgefallen, daß das Faß Europa gerade am Überlaufen ist. Wenn ich mir die geschichtlichen Verläufe seit 1914 und 1933 ansehe, stelle ich erschreckende Parallelen zu heute fest. Die EZB hat bereits und soll weiterhin in großem Umfang Staatsanleihen insolventer Staaten kaufen und akzeptiert Schrottanleihen als Sicherheit. Das ist bereits ein Verstoß gegen den Lissabon-Vertrag. Die EU-Mitgliedsstaaten ignorieren vertragliche Schuldengrenzen und die EU-Komission verstösst gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten gegen das ausdrückliche Verbot, insolventen Staaten beizustehen.
Die Nationalsozialisten haben seinerzeit wenigstens noch das Gesetz geändert um die Unabhängigkeit der Notenbanken zu beseitigen. Heute interessiert keinen Politiker mehr das Gesetz, es gilt nur noch für Otto-Normalbürger bzw. den Steuerzahler. Das Argument, das BVG hätte bisher alles für Rechtens erklärt, zählt für mich nicht, da die Richter von der Politik berufen werden. Uns wird hier eine angebliche Demokratie vorgespiegelt, die geradewegs in eine EU-Diktatur hineinläuft.
Mit Übernahme Ihres Mandates haben Sie einen Amtseid auf das Grundgesetz geschworen. Ich bitte Sie, zu überprüfen, ob Sie diese Politik guten GEWISSENS unterstützen können.
Wie werden Sie beim nächsten Rechtsbruch (ESM) abstimmen?

Mit freundlichen Grüßen
Sigrid Appelt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Appelt,

Ihre Frage, in der Sie einen Rechtsbruch unterstellen, bezieht sich wahrscheinlich auf Artikel 125 des EUV. Dieser Artikel verbietet, dass die Union oder Mitgliedsländer für die Schulden eines anderen Mitgliedslandes einstehen (»no bailout«). Demgegenüber steht allerdings die ebenso geltende Wahrheit, dass die Zahlungsunfähigkeit eines einzelnen Landes befürchten ließe, dass die Stabilität des gesamten Euro-Währungsraums in Gefahr geraten wäre. Auf nationaler Ebene drohten Deutschland eine erhebliche Gefährdung institutioneller und privater Anleger, die in diesem Land Staatsanleihen halten, und erneuter Abschreibungs- und Rekapitalisierungsbedarf deutscher Banken, der seinerseits zu Lasten des Staates zu gehen drohte. Aus diesem Grund ist es im Interesse aller europäischer Staaten, einen solchen Staatsbankrott abzuwenden.

Hier fängt nun der - durchaus schwierige - Job eines Politikers an: nämlich in Wahrnehmung der Verantwortung, die ihm von den Bürgern übertragen wurde, die beste Alternative für sein Land zu suchen. Die beste Alternative kann in einigen Situationen auch bedeuten: die am wenigsten schlechte. Denn natürlich bin auch ich der festen Überzeugung, dass die Sanierung überschuldeter Haushalte zunächst einmal die Aufgabe des jeweiligen Landes allein ist. Und trotzdem: die Rettung des Euro ist weit mehr als ein Akt der Nächstenliebe. Sie liegt im ureigensten deutschen Interesse. Dies hat nichts mit Political Correctness zu tun, sondern spiegelt schlicht die Tatsachen: Deutschland profitiert wie kaum ein zweites Land von der europäischen Einigung. Die EU-Länder mit Abstand die wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Über 60 Prozent der Exporte gehen in die EU-Mitgliedstaaten, davon 43 Prozent in die Eurozone. Die Rückkehr zu nationalen Währungen ginge mit einer massiven Verteuerung unserer Exporte einher, und Wechselkursrisiken führten zu weniger Handel. Lassen wir die Eurozone zerbrechen, werden die deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Arbeitsplatzabbau die Hauptleidtragenden sein.

In Abwägung der schwierigen Alternativen erscheint die Rettung des Euro also als richtige Lösung, durchaus zum Wohle auch des deutschen Volkes, und damit in Erfüllung des Amtseides, den die Regierenden (nur nebenbei: nicht die Parlamentarier!) leisten. Wenn Sie uns Politikern diese Urteilsfähigkeit und -kompetenz aberkennen, könnten wir unseren Staat allein von Beamten und "Technikern" verwalten lassen. Ich lasse mal dahingestellt, ob dies wirklich die bessere Lösung "im Sinne der Bürger" wäre.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Frank-Walter Steinmeier