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Frage von Günther H. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von Günther H. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier,

nach einem Bericht des Magazins Focus fordern Sie, den Atomausstieg "unumkehrbar" zu gestalten. Unabhängig davon, wie man zur Abschaltung der Kernkraftwerke steht, scheint mir die Forderung der Unumkehrbarkeit - bei allem gebotenen Respekt - doch überaus arrogant, denn mit ihr geht ein Absolutheitsanspruch einher, der sonst nur aus der Kirche bekannt ist: Nämlich der der eigenen Unfehlbarkeit, und die Gewissheit, dass die eigene Ansicht auch nachfolgenden Generationen als Maßstab zu dienen hat. Nun wissen wir nicht, wie die Situation auf dieser Welt in einigen Dutzend Jahren aussieht, und noch weniger können wir die Konsequenzen unseres heutigen Handelns über Zeiträume von einigen Dekaden beurteilen: Was für uns heute als Teufelswerk erscheint, mag für kommende Generationen mit einer weiter entwickelnden Technologie eine überaus ergiebige und leicht beherrschbare Energiequelle sein.

Ich erlaube mir die daher die Frage, wie Sie zu der Einschätzung kommen, eine Ihrer Handlungen als "unumkehrbar" festsetzen zu können/dürfen, oder wie Sie die "Unumkehrbarkeit" definieren, so dass sich obige Konsequenzen nicht daraus ableiten lassen.

Mit freundlichen Grüßen,

Günther Habanek

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Habanek,

ich denke nicht, dass meine Forderung nach einem "unumkehrbaren" Atomausstieg eine Frage der Arroganz ist - sondern vielmehr eine Frage der Vernunft. Die SPD und auch ich persönlich setzen uns mit allen Kräften für einen Ausstieg aus der Atomenergie ein - und das nicht erst seit dem Drama in Fukushima. Im Jahr 2000 haben wir einen Atomkonsens ausgehandelt, der ein Ausstieg mit Augenmaß war: Er bot Planungssicherheit für die Wirtschaft und ebnete den Einstieg in das Zeitalter Erneuerbarer Energien. Es war ein guter Kompromiss, der zwischen Forderungen nach einem Sofortausstieg und den Eigentumsrechten der AKW-Betreiber vermittelte. Dieser Atomkonsens wurde im Atomgesetz rechtsverbindlich festgeschrieben.

Dch wie Sie wissen, hat Frau Merkel diesen Konsens im letzten Jahr ohne Not aufgekündigt, in dem sie Laufzeiten der Atomkraftwerke wieder verlängerte. Sie konnte dies, da in einer Demokratie Gesetze natürlich "umkehrbar" sind, wenn die Mehrheiten wechseln (sofern Sie eine entsprechende Regelung nicht in das Grundgesetz schreiben). Nach der Katastrophe von Fukushima aber schwenkte Frau Merkel erneut um, und ist plötzlich zur Ausstiegsbefürworterin geworden. Durch diesen Zickzackkurs ist der erfolgreiche Ausbau regenerativer Energien in den letzten Jahren massiv eingebrochen; Industrie und auch Verbraucher sind verunsichert worden.

Dieses unseriöse Verhalten habe ich massiv kritisiert. Deutschland braucht eine verlässliche Energiepolitik, die eine längere Halbwertzeit hat als eine Legislaturperiode. Noch eine Kehrtwende kann sich das Industrieland Deutschland nicht leisten! Wenn ich also von "Unumkehrbarkeit" rede, dann meine ich verantwortungsvolle, langfristige Energiepolitik mit Hand und Fuß, die heute die Weichen für eine Zukunft ohne Atomkraft stellt - im Sinne der Planungssicherheit für unsere Industrie, und im Sinne der Stromverbraucher.

Mit freundlichen Grüßen

Frank-Walter Steinmeier