Frage an Frank-Walter Steinmeier von Oliver L. bezüglich Gesundheit
Guten Tag,
Auf eine Stellungnahme zum Thema würde ich mich dennoch freuen; da hilft es nicht, sich hinter "den Ökonomen" zu verstecken.
Wie sieht man es bei der SPD mit dem Thema "Risikogruppen" und abgelehnter Spendebereitschaft - und mit dem Thema "Organe nur für Organspender" aus...?
Dieses Thema wird seit derweil mehreren Jahren von allen Parteien immer wieder tot geschwiegen.
Vielen Dank,
Oliver Lenz
Sehr geehrter Herr Lenz,
ich freue mich, dass Sie sich Gedanken um Möglichkeiten zur Erhöhung der Organspendebereitschaft machen. Anreizsysteme, wie Sie sie vorschlagen, halte ich allerdings für den falschen Weg. Und zwar aus zwei Gründen:
Erstens geht es bei der Organspende um eine Spende, das heißt sie sollte freiwillig und nicht etwa aus Geldnot oder Angst vor einer eigenen Erkrankung erfolgen. Auch viele Transplantierte haben mir gegenüber immer wieder betont, dass es für sie wichtig sei zu wissen, dass der Verstorbene, dessen Organ sie ihn sich tragen, dieses freiwillig gespendet habe. Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Skandals in der Göttinger Transplantationsklinik gewinnt dieses Argument an zusätzlichem Gewicht. Damit Menschen bereit sind, nach dem Tod ihre Organe zu spenden, muss ganz klar sein: Es gibt keinen Organhandel, und die Bedürftigsten bekommen zuerst ein Organ!
Zweitens stellen sich auch Gerechtigkeitsprobleme. So könnte es doch gut sein, dass jemand für 20 Jahre einen Organspendeausweis hat, damit die Chance auf das Empfangen einer Organspende im Bedarfsfall wahrt und evtl. davon profitiert - den Ausweis kurz vor seinem Tod aber zerreisst. Was soll in diesem Fall passieren? Muss er dann zu einer Organspende gezwungen werden? Aus diesen Schwierigkeiten heraus lehne ich die finanzielle Vergütung der Organspende oder die Bevorzugung potentieller Organspender auf Wartelisten ab. Der Deutsche Ethikrat hat sich übrigens ähnlich geäußert.
Dennoch teile ich natürlich Ihre Auffassung, dass wir die Spendebereitschaft dringend erhöhen müssen. Deshalb habe ich mich mit Nachdruck für die schnelle Verwirklichung der sogenannten Entscheidungslösung eingesetzt, derzufolge alle Menschen mindestens einmal im Leben gebeten werden, sich für oder gegen die Organspende zu entscheiden - und dies auch zu dokumentieren. Schon heute wissen wir aus Umfragen, dass etwa 70% aller Bürger prinzipiell für eine Organspende sind; aber nur 15% besitzen einen Ausweis. Wenn sie jetzt alle gefragt werden, wird sich hoffentlich der Großteil auch tatsächlich als möglicher Spender registrieren lassen - und zwar ganz freiwillig.
Mit freundlichen Grüßen
Frank-Walter Steinmeier