Frage an Frank-Walter Steinmeier von Rainer B. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Steinmeier,
nachdem ich in den letzten Tagen Ihre Aussagen über Herrn Jung zum Thema des Raketenangriff in Afghanistan gehört habe muss ich mich sehr wundern.
Können Sie verstehen dass ehemalige SPD-Wähler es schwer nachvollziehen können wenn SPD-Politiker wie Sie als der bisherige Außenminister bis zur Wahl voll hinter dem damaligen Verteidigungsminister Jung standen und jetzt nach der Wahlniederlage aus allen Rohren auf den ehemaligen Kabinettskollegen schießen?
Können Sie mir erklären wie ein Wähler begreifen soll dass plötzlich wegen einer verlorenen Wahl genau die Aktionen scharf angegriffen werden die in Regierungsverantwortung vor vier Wochen noch richtig waren?
Ist es nicht genau dieses Verhalten welches zu der in letzter Zeit häufig genannten Unglaubwürdigkeit der SPD beim Wähler führt?
Glauben Sie wirklich dass die Glaubwürdigkeit der SPD mit solchen Meinungswechseln zurück gewonnen werden kann?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Baack
Sehr geehrter Herr Baack,
unsere unterschiedlichen Positionen speisen sich nicht daraus, dass ich nicht zu meinen Fehlern stehen würde. Sondern dass ich die deutschen Erfahrungen der letzten 10 Jahre anders bewerte als Sie. Deutschland wird heute in Europa gern als Vorzeigebeispiel für gelungene Reformen genommen. Das freut mich. Aber zur Wahrheit gehört dann auch: Unser Erfolg basiert auf einem klugen Mix aus Ausgabendisziplin, Strukturreformen und Wachstumsimpulsen.
In diesem Zusammenhang steht auch die von Ihnen kritisierte Aufweichung des Euro-Stabilitätspakts. Diese war damals politisch notwendig, um die Auswirkungen der Strukturreformen der Agenda 2010 in einer Periode von stagnierende,m Wirtschaftswachstum abzufedern. Deshalb war es richtig, auch kurzfristig Wachstumsimpulse setzen. Ähnliches haben wir ja auch im Jahr 2008 nach der Wirtschafts- und Finanzkrise gemacht, und zwar mit Erfolg.
Wir haben in den letzten zehn Jahren die Wende gerade nicht geschafft, weil wir phantasielos nur Ausgaben gekürzt haben (so, wie das bis vor kurzem noch Frau Merkels Allheilmittel für Europa war). 2002 war Deutschland der kranke Mann Europas. Aber die damalige rot-grüne Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben gemacht, den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme reformiert und gleichzeitig darauf geachtet, dass darüber die Konjunktur nicht völlig in den Keller rauscht.
Märkte verlieren das Vertrauen, wo die Staatsschulden außer Kontrolle geraten. Sie verlieren aber auch das Vertrauen, wenn die Wirtschaft am Boden liegt und keine Aussicht auf Besserung besteht. Wir sind für Konsolidierung. Ob sich Konsolidierung aber allein über Sparen erzwingen lässt, darüber wird zu Recht gestritten. Die deutsche Erfahrung ist jedenfalls eine andere!
Mit freundlichen Grüßen
Frank-Walter Steinmeier