Portrait von Frank-Walter Steinmeier
Frank-Walter Steinmeier
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Frank-Walter Steinmeier zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von David R. •

Frage an Frank-Walter Steinmeier von David R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

im Townhall Meeting auf RTL sagten Sie, auf die Frage ob das Ziel von 4 millionen neuen Arbeitsplätzen realistisch sei, dass diese Zahl auf einer Studie basiert. Wo kann ich diese Studie nachlesen? (Ich meine nicht den "Deutschland-Plan", den ich auf der SPD Webseite nachlesen kann, der ist mir bekannt.)

In ihrem "Deutschland Plan" schreiben Sie, dass Sie eine Bildungsoffensive starten möchten. Wie möchten Sie diese ausgestallten, unter dem Gesichtspunkt, dass die Zuständigkeit im Bereich der Bildung bei den Ländern liegt? Warum favorisieren Sie Hochschulneugründungen (z.B. im Bereich Software), anstatt die bestehenden Hochschulen zu erweitern und zu stärken?
Sie möchten ab 2015 gemessen am BIP 10% in Bildung investieren, das halte ich für unterstützenswert, aber: Wie möchten Sie dies finanzieren? Welche Kürzungen an anderen Stellen müssen vorgenommen werden um dies zu erreichen?

Stichwort "gerechte Lohn- und Einkommensverteilung": Wie definieren sie diese konkret? Wie groß darf die Ungleichverteilung ihrer Meinung nach maximal sein?

Generell würde mich auch noch interessieren, wie Sie im Bezug auf die Renten-, Pflege und Krankenversicherung der demographischen Entwicklung rechnung tragen wollen. Werden die Beiträge steigen, die Leistungen (real) sinken müssen? Was sollte im Bereich der Beamtenpensionen geschehen?

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
David Rebele

Portrait von Frank-Walter Steinmeier
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Rebele,

Der Deutschland-Plan zeigt, wie bis 2020 vier Millionen Arbeitsplätze in Deutschland entstehen können, wenn jetzt durch die richtigen politischen Entscheidungen die Weichen dafür gestellt werden. Der Plan entstand nach zahlreichen Gesprächen mit Unternehmern, Gewerkschaftern, Wirtschaftsexperten und Wissenschaftlern. Dabei wurde nicht nur eine einzelne Studie genutzt, sondern wir haben uns ein umfassendes Bild von den Stärken und Schwächen unserer Volkswirtschaft gemacht.

Zum Thema Bildung: Chancen von Kindern und Jugendlichen dürfen nicht durch Ländergrenzen und Kompetenzabgrenzungen aufs Spiel gesetzt werden. Wir müssen eine bessere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ermöglichen, um gute und gleichwertige Bildungschancen für alle Menschen sicherzustellen. Deshalb setzten wir uns für eine Grundgesetzänderung ein, um das bestehende Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern aufzuheben. Schulpolitik ist und bleibt zwar Ländersache, aber es gibt eine nationale Verantwortung.

Klar ist: Gute Bildung gibt es nicht kostenlos. Der Staat muss mehr finanzielle Mittel aufwenden, um ein qualitativ hochwertiges Bildungssystem zu schaffen, das gleich gute Chancen für alle Kinder, unabhängig vom Einkommen der Eltern, bietet. Aus diesem Grund wollen wir einen "Bildungssoli" auf hohe Einkommen einführen: Ab einem zu versteuernden Einkommen von 125.000 Euro (Verheiratete 250.000 Euro) wollen wir den Steuersatz von 45 Prozent auf 47 Prozent anheben. Diese Einnahmen werden wir vollständig in Bildung investieren.

Zum Thema gerechte Lohn- und Einkommensverteilung: Wir haben in Deutschland auf der einen Seite unanständig hohe und auf der anderen Seite unanständig niedrige Löhne. Einerseits die Vorstände und Manager großer DAX-Unternehmen, die zum Teil das 200-fache Gehalt einer Krankenschwester verdienen, andererseits Menschen die zu Hungerlöhnen von unter vier Euro pro Stunde arbeiten müssen. Wir finden, dass dies so nicht weitergehen kann.

Wir haben in der Großen Koalition gegen den Widerstand der Union eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und die Neufassung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes durchgesetzt, um mehr Branchen gegen Dumpinglöhne abzusichern. Diesen Weg wollen wir konsequent weiter gehen und in möglichst vielen Branchen allgemeinverbindliche tarifliche Mindestlöhne ermöglichen. Wir wollen überall dort Mindestarbeitsbedingungen vorantreiben, wo die Sozialpartner dazu aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage sind. Unser Ziel ist ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn, der eine Grenze markiert, unter die Löhne nicht fallen dürfen.

Gleichzeitig treten wir dafür ein extrem hohe Managervergütungen zu begrenzen. Wir wollen die vollständige steuerliche Absetzbarkeit von Managervergütungen und Abfindungen als Betriebsausgaben abschaffen. Kurzfristige Aktienkurssteigerungen bringen Managern oftmals Bonus-Zahlungen, die ein Vielfaches über dem Grundgehalt liegen. Wir wollen, dass Unternehmen sich wieder am langfristigen Erfolg orientieren. Daher streben wir an gesetzlich festzuschreiben wie hoch Bonus-Zahlungen im Vergleich zum Grundgehalt sein dürfen (z.B. das Dreifache).

Abschließend noch ein Wort zu den sozialen Sicherungssystemen: Damit unsere Systeme zur sozialen Sicherung ihre Aufgaben auch in Zukunft erfüllen können, müssen wir sie an den Wandel in der Arbeitswelt und an die erhöhte Lebenserwartung unserer Gesellschaft anpassen. Deshalb wollen wir die sozialen Sicherungssysteme für Rente, Gesundheit und Pflege zu einer Bürgersozialversicherung umbauen. An der Finanzierung dieses Systems wollen wir anders als bislang alle Erwerbstätigen mit einbeziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Frank-Walter Steinmeier Team