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Frank Spieth
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Frage von Wolfgang M. •

Frage an Frank Spieth von Wolfgang M. bezüglich Deutsche Einheit / Innerdeutsche Beziehungen (bis 1990)

Sehr geehrter Herr Spieth,

nicht wenige Ihrer Wähler werden sich aus Anhängern von Ideologien der Vorwendezeit einschließlich des noch immer vorhandenen Potentials ehemaliger SED-Kader und -Mitglieder rekrutieren. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass viele Menschen, junge wie alte, aufgrund ihrer miserablen Lebenssituation besonders im Osten den Argumenten Lafontaines und Gysis Glauben schenken. Sie als Partei wähnen sich in der komfortablen Situation, lediglich auf Steilvorlagen der "etablierten" Parteien reagieren zu müssen. Um Erfolg zu haben, brauchen Sie nur auf Ausrutscher der so genannten Volksparteien zu warten.

Besonders erschreckend ist zu sehen, wie schnell Menschen besonders in den neuen Bundesländern vergessen können. Auf der Ostalgiewelle schwimmend kümmert es nicht mehr, wie sich in 40 Jahren Diktatur eine Funktionärskaste mit dem Machtapparat der Staatssicherheit menschenverachtend in Szene setzte. Diese Kaste verweigerte nicht nur Reisefreiheit und Demokratie. Sie ließ auf Menschen schießen, die ihr Land verlassen wollten. Sie kerkerte Menschen jahrelang in Zuchthäusern ein, die nicht einmal die Verhältnisse grundlegend ändern wollten, sondern nur ein Mindestmaß an Demokratie und Selbstbestimmung einforderten. Weit über tausend Tote und eine Viertelmillion politische Häftlinge waren die Schreckensbilanz jener menschenverachtenden Diktatur. Der PDS-Vorgänger ließ die innerdeutsche Grenze verminen und Selbstschussanlagen installieren, deren quaderförmige, scharfkantigen Projektile nicht bloß schlimme Wunden rissen und Menschen, die nichts als die Freiheit suchten, fürchterlich verstümmelten, sondern viele von ihnen auch töteten. Längst vergessen scheint das wirtschaftliche Chaos dort. Wegen einfachster Dinge musste auf die Staatsreserve zurückgegriffen werden. Auf die Entwicklung eines Urlaubsfarbfilmes musste man sechs oder acht Wochen warten. Gefährliche Schlaglöcher "zierten" die Straßen. Im Obst- und Gemüseladen gab es oft nur Rotkohl und Weißkohl. Ersatzteile für Autos - dazu gehörte auch der Flüchtlingskoffer "Trabant" - Fehlanzeige. Versorgungsengpässe, leere Regale und ebenso leeres Geschwafel der SED-Oberen waren das Maß der Dinge. Nur Dumme können all dies vergessen. Gewissenlose vergessen nicht, sie verdrängen!

An dieser Stelle meine Fragen an Sie:
1) Wann hat die Nachfolgepartei der SED jemals Verantwortung für dieses Chaos übernommen?
2) Wann hat sie den Opfern von SED und Staatssicherheit Gerechtigkeit widerfahren lassen?
3) Hat sie sich ablehnend zu den Schüssen an der Grenze, zu den Tausenden von Horrorurteilen der Stasi-Justiz geäußert?
4) Haben Sie und Ihre Parteifreunde sich beispielsweise für die Renten der geschundenen SED-Opfer eingesetzt, wie das die SED-Nomenklaturkader für sich selbst mit Erfolg getan haben?
Und, verehrter Herr Spieth, meinen Sie als logisch denkender Mensch nicht auch, dass der Einfluss von politisch derart vorbelasteten, auch von Ihnen mit aufgestellten - zumindest tolerierten - Kandidaten Ihre Partei unglaubwürdig macht?

Mit freundlichen Grüßen -
Dr. phil. Wolfgang Mayer.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Mayer,

Ihre Fragen sind nur rethorische Fragen, deren Beantwortung sich eigentlich erübrigt. Dennoch zwei Anmerkungen

Ich bin nicht der Meinung, dass die Linkspartei PDS für die Folgen der verfehlten Einigungspolitik der Treuhand und der Bundesregierungen verantwortlich ist. Gerade in Berlin ist die PDS in fast schon selbstzerstörerische Verantwortung gegangen, um das finanzpolitische Desaster zu bewältigen.

Ich habe als Gewerkschafter und bis 2003 als Sozialdemokrat in Thüringen verfolgen können, in welcher Weise sich die PDS mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinander gesetzt hat. Das hat mir großen Respekt abgenötigt. Eine ähnlich kritische Aufarbeitung habe ich von der Blockpartei CDU und den Vorgängern der Freien Demokraten nicht feststellen können.

Wir wollen mit einem schlüssigen und durchgerechneten Konzept die Politik der Sozialstaatszerstörung stoppen, denn Demokratie funktioniert nur, wenn die Menschen angstfrei leben können. Die Sozialstaatszerstörung lässt die Angst allerdings wie Mehltau über die Demokratie kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Spieth