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Frank Spieth
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Frage von Frank B. •

Frage an Frank Spieth von Frank B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Spieth,
haben Sie persönlich den EU-Reformvertrag gelesen und verstanden?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Borgmann,

vielen Dank für Ihre Frage bezüglich des EU-Reformvertrags. Ich möchte diese Frage beantworten, obwohl sie als "Massenfrage" an alle Abgeordneten gesendet wurde, und daher eigentlich nicht dem Konzept von abgeordnetenwatch.de entspricht. Zunächst zu ihrer Frage, ob ich den EU-Reformvertrag gelesen habe. Als gesundheitspolitischer Sprecher beschäftige ich mich in erster Linie mit Gesundheitspolitik. Obwohl Europapolitik nicht mein unmittelbares Arbeitsfeld ist, ist der Reformvertrag innerhalb der Linken und auch für mich ein wichtiges Thema. Ich kenne daher die zentralen Aspekte des Vertrags.

Der EU-Reformvertrag ("Vertrag von Lissabon") ist äußerst umstritten, da er auf dem 2005 gescheiterten EU-Verfassungsvertrag zurückgeht und im Grunde nichts anderes ist als eine Neuauflage des gescheiterten Vertrags über eine Verfassung für Europa darstellt. Diese Verfassung ist 2005 durch Volksentscheide an dem Widerstand der französischen und niederländischen Bevölkerung gescheitert. Wäre die Verfassung in Kraft getreten, hätte dies das vom Grundgesetz garantierte Sozialstaatsprinzip ausgehöhlt. Soziale Belange wären dann schon in der Verfassung marktwirtschaftlichen Interessen untergeordnet worden. Die Verfassung sollte auch die Weichen für eine zunehmende Militarisierung Europas stellen. So ist in dem Text eine ausdrückliche Aufrüstungsverpflichtung festgeschrieben. In Form des EU-Reformvertrags sollen diese Vorhaben jetzt durch die Hintertür wieder eingeführt werden. Der Vertrag ist gänzlich ohne die Beteiligung der Öffentlichkeit ausgearbeitet worden.

Der Reformvertrag ist so verklausuliert geschrieben, dass es schon eine Leistung ist, den Text zu verstehen. Natürlich bin ich als Politiker mit dieser speziellen Bürokratensprache häufiger konfrontiert. Dennoch bin ich froh darüber, dass sich Experten innerhalb der Gewerkschaften und DER LINKEN. intensiv damit auseinandergesetzt haben und kritische Elemente des Vertrags allgemeinverständlich hervorgehoben haben. Ich empfinde es als einen Skandal, dass ein so wichtiges Dokument nicht in leicht verständlicher Form veröffentlicht und für jeden zugängig gemacht wird.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte den Antrag den geplanten Reformvertrag der EU zu ändern. Der Antrag ist überschrieben mit "Intransparenz beenden - Eine lesbare Fassung des Reformvertrags schaffen". DIE LINKE. fordert auch, den Text des Reformvertrags kostenlos im Internet und auch als gedruckte Version für jeden zur Verfügung zu stellen. Weiterhin wäre es sinnvoll, bei der Bundeszentrale für politische Bildung schnellstmöglich eine Synopse des Reformvertrags im Vergleich zum gescheiterten Verfassungsvertrag vorzulegen. Dann könnte sich jeder und jede Interessierte ein Bild davon verschaffen, wie viele von den heiklen Inhalten des Verfassungsvertrags noch im Reformvertrag wiederzufinden sind. Schlussendlich sollte ein solcher Vertrag erst unterzeichnet werden, wenn es einen umfassenden zivilgesellschaftlichen Dialog dazu gegeben hat. Die Tendenz, auf Europa-Ebene durch die Regierungen vordemokratisch über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger, ohne deren Mitentscheidung durch eine Volksabstimmung, einen solchen Vertrag zu geltendem Recht zu machen, ist skandalös.

(Den Antrag zum Thema können Sie nachlesen: Drucksachennummer 16/7446, zu finden im Internet www.bundestag.de unter Gesetzgebung/Drucksachen oder auf www.linksfraktion.de unter Politik/Anträge).

Mit freundlichen Grüßen

Frank Spieth, MdB