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Frank Spieth
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Frage von Thomas H. •

Frage an Frank Spieth von Thomas H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Spieth!

Nach dem tollen neuen Gesetz soll jetzt jeder eine Krankenversicherung haben. Ich kenne aber Selbstständige, die sich das einfach nicht leisten können. Die leben um ihr Geschäft aufzubauen halt ohne Krankenversicherung. Wie kann man die in die Krankenkassen zwingen? Ich meine, was hat das für Konsequenzen, wenn sie sich einfach weigern, in eine Krankenkasse zu gehen? Wie will denn die Bundesregierung den Zwang zur Krankenkasse durchsetzen? Mit Pfändungen oder wie stellen die sich das vor? Ich meine: die Leute haben doch nicht aus Spass keine Krankenversicherung, sondern weil sie sich das nicht leisten können. Können sie mir sagen, wie das genau aussehen soll?

Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen,

Thomas Heusler

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Sehr geehrter Herr Heusler,

vielen Dank für die Zusendung Ihrer Mail. Wir werden in Kürze die Mail beantworten und bitten Sie noch um etwas Geduld.

Mit freundlichen Grüßen
i. A. Gudrun Warning
Sekretariat Frank Spieth, MdB

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Sehr geehrter Herr Heusler,

vielen Dank für Ihre Frage. Grundsätzlich bin ich dafür, dass jeder in Deutschland Mitglied einer Krankenversicherung sein muss, es also eine Versicherungspflicht gibt. Die Art und Weise, wie die Bundesregierung dieses an sich vernünftige Ziel mit dem „GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz“ umsetzt, wird jedoch in großen Teilen zu Recht von Ihnen kritisiert.

Es gibt mehrere Gründe, weshalb viele Menschen keinen Krankenversicherungsschutz haben. Zum einen sind es finanzielle Gründe, der Beitrag ist gemessen an dem Einkommen einiger – vor allem kleiner Selbständiger – zu hoch.

Ein anderer Grund ist, dass einige Ex-Versicherte ihren Versicherungsschutz verloren haben, weil sie temporär nicht zahlen konnten und danach nicht wieder aufgenommen wurden.

Nicht zu vergessen ist die Gruppe, für die immer noch überhaupt keine Lösung existiert: Die ohne legalen Aufenthaltsstatus in Deutschland lebenden Menschen, die aus Angst vor der Abschiebung auf einen Krankenversicherungsschutz verzichten müssen.

Die getroffene Regelung sieht folgendes vor:

Ab 01.04.2007 gilt die Versicherungspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das bedeutet, dass jeder, der der GKV zuzuordnen ist, sich versichern muss. Ex-Versicherte, die der Privaten Krankenversicherung (PKV) zuzuordnen sind, haben seit dem 01.07.2007 das Recht, in diese auf dem Weg über den Standardtarif zurückzukehren. Die Pflicht zur Versicherung gilt in der PKV ab 01.01.2009 (ab dann Basistarif). Sowohl GKV als auch PKV müssen den Versicherungswilligen in jedem Fall aufnehmen; es dürfen auch keinerlei Zuschläge – etwa wegen bestehender Krankheiten – verlangt werden.

Soweit so gut, viele Menschen werden jedoch auch ohne Zuschläge finanziell überfordert sein. Der Beitrag in der PKV darf laut Gesetz bis zu etwa 500 Euro betragen. Erst wenn Hilfebedürftigkeit nach SGB II oder SGB XII vorliegt, gibt es eine Reduzierung der Prämie um die Hälfte oder es springt der Sozialhilfeträger bei der Zahlung ein, aber höchstens mit dem Betrag, der auch bei ALG II an die Krankenversicherung entrichtet wird. Da bleiben leider immer noch weitere Kosten an diesem Menschen hängen, und das, obwohl er schon die Bedürftigkeit nach SGB II bzw. SGB XII nachgewiesen hat und folglich hart am Rande des Existenzminimums lebt.

In der GKV zahlen Selbständige Beiträge auf mindestens 1837,50 Euro fiktives Einkommen (Beiträge dann bei 14,5% Beitragssatz 266 Euro) . Wird der Krankenkasse nachgewiesen, dass die zu versichernden weder das Einkommen noch das Vermögen aufbringen können, um diese Beiträge zu zahlen, kann sie das fiktive Einkommen auch bei 1225 Euro ansetzen (Beiträge dann bei 14,5% Beitragssatz 178 Euro). Die genauen Konditionen regeln die einzelnen Kassen in ihrer Satzung.

Doch Achtung!

Hier wird – dem SGB V ganz wesensfremd – bei der Beitragsbemessung nicht nur das Einkommen, sondern auch das Vermögen berücksichtigt, und – analog zum SGB II- auch die Bedarfsgemeinschaft“ herangezogen mit Einkommen und Vermögen.

Die Umsetzung durch die Kassen ist mir schleierhaft: Sollen nun die Kassen – analog der Arbeitsagentur – Schnüffler losschicken, die nachsehen, ob nur eine Wohngemeinschaft oder doch eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, oder werden sich die Kassen auf die Selbstauskünfte verlassen? Ich habe aufgrund dieser Unklarheiten die Bundesregierung zu diesem Thema befragt. Sie können die Antwort unter http://dokumente.linksfraktion.net/pdfmdb/7715185573.pdf finden.

Ihre Kritik mit meiner deckungsgleich:

Wer vorher genau aus Geldgründen diese Versicherung nicht fortgeführt hat, wird sich in Zukunft wohl oft auch nicht versichern können. Bislang, so ist dieser Tage in der Presse zu lesen, haben die großen Versicherungen auch nur sehr wenige Neumitglieder aufgrund dieser Regelung neu aufgenommen (Debeka als PKV-Branchenführer meldet 60 neue Verträge).

Das Grundproblem wird die Bundesregierung nie in den Griff bekommen, es sei denn, sie befolgt unseren Vorschlag und führt die Solidarische Bürgerversicherung ein. Hier würde jeder Mensch pflichtversichert – die unsinnige und ungerechte Unterteilung in Private und Gesetzliche Krankenversicherung würde aufgelöst. Jeder (auch Beamte, Selbständige, Politiker) müsste sich auf Grundlage aller seiner Einkünfte an der solidarischen Absicherung des Krankheitsrisikos aller beteiligen. Durch die Einbeziehung von Vermögenseinkommen in die Beitragsbemessung wären Beitragssatzsenkungen auf etwa 8,6% möglich. DIE LINKE. im Bundestag plädiert für die Abschaffung aller Zuzahlungen und damit Beitragssätzen unter Bürgerversicherungskonditionen von 10% bei statt derzeit 14,8% mit Zuzahlungen.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Spieth MdB