Frage an Frank Sitta von Michael P. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Sitta,
Professor Dr. med. Detlev Krüger (leitete von 1989 bis 2016 das Institut für Virologie an der Charité Berlin, seit 2012 Chefredakteur der Fachzeitschrift Virus Genes, New York) und Prof. Dr. Klaus Stöhr (ehem. Leiter des Globalen Influenza- und Pandemievorbereitungsprogrammes der WHO, Genf) schrieben einen offenenBrief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und deren Präsidenten. Darin raten sie ab, die 7-Tage-Inzidenz als alleinige Grundlage für Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie zu nutzen.
Quelle vom 13.04.2021: https://www.welt.de/politik/deutschland/plus230263299/Ex-Charite-Chefvirologe-Offener-Brief-an-Bundesregierung.html?fbclid=IwAR2EjBaj0uj-2cPDQlacFq-bvO2NBnNorrVHYOrAluKsiSaTi8N_P6l-fSA
Ich möchte Sie hierzu um eine Stellungnahme bitten.
Hochachtungsvoll
Michael Puschendorf (Halle a.d. Saale)
Sehr geehrter Herr Puschendorf,
den offenen Brief der Professoren Krüger und Stöhr habe ich erhalten und mit Interesse gelesen. Eine fachliche Bewertung im Einzelnen möchte ich mir nicht anmaßen, jedoch spricht auch meiner Meinung nach Einiges dafür, Maßnahmen – und insbesondere Beschränkungen grundlegender bürgerlicher Freiheiten – nicht nur von der Wocheninzidenz abhängig zu machen. Diesbezüglich wurde in einem Entschließungsantrag (https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/287/1928761.pdf) meiner Fraktion zum Vierten Bevölkerungsschutzgesetz, der leider genauso wie unsere Änderungsanträge keine Mehrheit fand, die Bundesregierung unter anderem auch aufgefordert,
"[...]sich bei der Einführung von Schutzmaßnahmen an weiteren Indikatoren zu orientieren, als alleine der 7-Tage-Inzidenz. Mit den wenig belastbaren Zahlen nach den Ostertagen aufgrund der gesunkenen Testintensität und verzögerter Meldungen ist erneut deutlich geworden, wie unzuverlässig dieser Indikator ist. Die Festlegung einer Inzidenz von 100 mit automatischen Konsequenzen ist auch deshalb nicht sachgerecht, weil eine Differenzierung zwischen kontrollierbarem Clusterausbruch und diffusem Ausbruchsgeschehen nicht mehr möglich wäre. Mit fortschreitender Durchimpfung der Bevölkerung schwindet zudem seine Aussagekraft. Tiefgreifende und grundrechtseinschränkende Maßnahmen können nicht nur an diesen Wert geknüpft
werden. Die 100er-Inzidenz ist zudem ein politisch festgelegter und kein epidemiologisch begründeter Schwellenwert. Die Beurteilung der epidemischen Lage sollte daher nicht nur auf Grundlage der 7-TageInzidenz erfolgen, sondern zusätzlich weitere Kennzahlen einbeziehen, u.a. die Testkapazitäten und den Anteil der Positivbefunde, die Belastung des Gesundheitswesens und den Impffortschritt. Mit diesem Bündel an Indikatoren und bei deutlich mehr Tests symptomfreier Personen könnte das regionale Infektionsgeschehen erheblich besser beurteilt werden [...]."
Keinesfalls wollen wir als Freie Demokraten also unterstellen, dass die 7-Tages-Inzidenz als Maßstab völlig untauglich sei und dass gar keine Maßnahmen mehr nötig wären. Sie muss allerdings ins Verhältnis gesetzt werden, um ein nützliches Bild der Pandemielage zu gewinnen und die Geeignetheit von Maßnahmen muss nachprüfbar erklärt statt nur behauptet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Sitta, MdB