Frage an Frank Rock von Uli B. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Lieber Herr Rock,
nachdem das Flüchtlingslager im griechischen Moria abgebrannt ist, stellt sich die drängende Frage nach humanitärer Hilfe für die dort (wieder) obdachlosen Menschen. Obwohl sich viele Kommunen und Städte in Deutschland bereit erklärt haben, Flüchtlinge aufzunehmen, hat sich unser verehrter Innenmister Seehofer gegen eine umgehende humanitäre Hilfe ausgesprochen. Wir müssen, so Herr Seehofer, auf eine europäische Lösung warten (die aber seit 2015 ausgeblieben ist und die nicht zeitnah zu erwarten ist).
Ich appelliere an Sie, sich für die obdachlosen Flüchtlinge aus Moria einzusetzen und eine möglichst zeitnahe Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Wie ist Ihre Position zu dieser Frage in dieser Situation?
Herzliche Grüße aus Much
Uli Baldauf
Sehr geehrter Herr Baldauf,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Die Situation in den Aufnahmeeinrichtungen auf den griechischen Inseln bietet seit geraumer Zeit Anlass zur Sorge. In der Nacht vom 08. auf den 09. September ist im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ein Brand ausgebrochen. Dieser hat einen Großteil der Aufnahmeeinrichtung zerstört. In der Folge wurde eine große Anzahl von Flüchtlingen obdachlos. Diese Menschen benötigen eine humanitäre Versorgung und Unterbringung. Dazu ist einerseits eine Soforthilfe vor Ort bereitzustellen. Andererseits gilt es, besondere schutzbedürftige Personen wie Familien mit Kindern, alleinstehende Frauen sowie unbegleitete Minderjährige in Sicherheit zu bringen.
Wichtige Schritte zur Umsetzung der genannten Punkte sind zwischenzeitlich erfolgt.
Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich zusammen mit zwölf weiteren europäischen Staaten an einem Umverteilungsprozess von schutzsuchenden Menschen aus Griechenland. Deutschland hat in einem ersten Schritt in der Zeit von April bis Juni insgesamt 53 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufgenommen. Anfang Juni hat das Bundesinnenministerium angekündigt, 243 kranke Kinder zusammen mit ihren Kernfamilien aus Griechenland aufzunehmen. Insgesamt umfasst dieser zweite Schritt bundesweit über 900 Personen, wovon auf das Land Nordrhein-Westfalen rund 220 Personen entfallen.
Für die Verteilung der schutzsuchenden Personen wurden die Bundesländer aufgefordert, ihre Aufnahmebereitschaft an den Bund zu benennen. Die Landesregierung hat die europäischen Hilfsmaßnahmen ausdrücklich unterstützt und zum damaligen Zeitpunkt eine Aufnahmebereitschaft von insgesamt 500 Personen an den Bund zurückgemeldet. Die Aufnahmen in Deutschland erfolgen auf der Grundlage von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (sogenannte Dublin-III-Verordnung). Die Bundesrepublik übernimmt auf dieser Basis die Zuständigkeit für die Durchführung der ergebnisoffenen Asylverfahren der eingereisten Personen. Die Unterbringung der aufgenommenen Familien erfolgt zunächst in Landeseinrichtungen.
In einem nächsten Schritt hat die CDU-geführte Bundesregierung bekannt gegeben, dass zeitnah insgesamt 408 Familien in Deutschland aufgenommen werden. Dabei handelt es sind vor allem um Eltern mit ihren Kindern. Wichtig ist, dass alle 1553 Personen das Asylverfahren erfolgreich durchlaufen haben und anerkannt schutzberechtigt sind. Hinzu kommen 150 unbegleitete minderjährige Asylsuchende. Nach ersten Planungen sollen die Menschen zunächst in eine Aufnahmeeinrichtung auf griechischem Festland gebracht werden. Dort sollen alle Daten und der Flüchtlingsstatus noch einmal überprüft werden. Außerdem werden alle Personen auf COVID-19 getestet und weiter medizinisch untersucht bzw. versorgt.
Unabhängig von den beschriebenen Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung für eine weitergehende europäische Lösung ein. In deren Kontext ist Deutschland bereit, sich zusätzlich in einem angemessenen Umfang zu beteiligen. Die jüngst erfolgte Vorstellung der Pläne der Europäischen Kommission zur Weiterentwicklung der europäischen Asyl- und Migrationspolitik ist ein wichtiger Schritt. Ein verpflichtender Solidaritätsmechanismus in Krisenzeiten, effizientere Grenzverfahren und Rückführungen, verstärkte Zusammenarbeit mit Drittstaaten, mehr legale Zugangswege und ein entschlossenes Vorgehen gegen Schleuser sind die Kernelemente des neuen Migrations- und Asylpakets. Die EU muss den derzeitigen Stillstand überwinden und sich dieser Aufgabe stellen. Deutschland will seinen Teil zum Gelingen dieses wichtigen Reformprojekts beitragen.
Mit besten Grüßen
Frank Rock MdL