Frage an Frank-Peter Kaufmann von Norbert D. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Kaufmann,
nach der gesetzlich vorgeschriebenen Verjährungsfrist müssen Opfer schweigen! Da helfen Ihre gut gemeinten Ratschläge leider nicht!
Auch die finanziellen Kürzungen der Landesregierung unter Roland Koch haben damit nichts zu tun.
Der Gesetzgeber macht sich mitschuldig an dem leidvollen Schweigen der Opfer. Er verhindert die Aufarbeitung der Verbrechen. Die bisherige Verjährungslogik verstößt gegen die Menschenrechte.
Wollen Sie sich für mehr Rechte der Opfer einsetzen?
Meine Petition "Verjährungsfrist für sexuellen Missbrauch im Zivilrecht aufheben" unterliegt nicht der 6-Wochen Frist, um sie zu zeichnen. Sie befindet sich auf meiner Homepage unter: www.norbert.denef.com/petition
Ich denke, die Stimmen der Opfer sind noch viel zu leise …
Freundliche Grüße
Norbert Denef
Sehr geehrter Herr Denef,
die Wiederholung Ihrer Nachfrage zeigt mir, dass Sie Ihr Anliegen nicht zuletzt aufgrund eigener leidvoller Erfahrungen mit großer Energie verfolgen. Inwieweit allerdings der beste Schutz potenzieller Opfer vor sexueller Gewalt dadurch erreicht wird, dass die zivilrechtliche Verjährungsfrist, die nach § 199 BGB für Schadensersatz in dem von Ihnen angesprochenen Bereich immerhin 30 Jahre beträgt, auf unbefristete Zeit verlängert wird, kann ich nicht ohne weiteres nachvollziehen. Der Grund mag darin liegen, dass man sich als Außenstehender kaum die inneren Qualen eines Menschen vorstellen kann, der sexuell missbraucht wurde und für den es keine nutzbaren Hilfestellungen o. ä. für den Umgang mit dieser Situation gibt.
Ziel von Politik als gesellschaftlichem Gestaltungselement muss es allerdings sein, die Bedingungen so zu gestalten, dass sexueller Missbrauch möglichst verhindert wird. Insoweit sind m. E. alle Ansätze präventiver Hilfe zu verfolgen, wenn sie auch nur den geringsten Erfolg versprechen. Soweit ich Ihre Äußerungen dazu in der ZDF-Sendung mit J. B. Kerner verstanden habe, stehen Sie z. B. den diesbezüglichen Aktivitäten an der Charité aber eher ablehnend gegenüber, so dass man sich fragen muss, welche Zielsetzung Sie tatsächlich verfolgen.
Was Ihre Petition angeht, so ist diese tatsächlich schon in der Beratung im Deutschen Bundestag und nicht mehr in der Offenlage. Demgemäß verändert ein weiterer Beitritt - etwa von mir - den Fortgang der Angelegenheit nicht mehr und macht deshalb auch keinen Sinn. Ich wäre allerdings durchaus daran interessiert, zu erfahren wie diese Petition am Ende beschieden werden wird.
Das sage ich vor dem Hintergrund, dass es wahrscheinlich wenige Taten und Sachverhalte gibt, die mit einem so langen Zeitraum verbunden sein können, in welchem Opfer nicht artikulationsfähig sind, so wie dies beim sexuellen Missbrauch der Fall ist. Umgekehrt wird nach solch langer Zeit natürlich auch in aller Regel die Beweislage ausgesprochen schwierig, so dass eine gerechte Beurteilung des Sachverhalts unmöglich werden kann. Eine Rechtslage, die Opfer nach Ablauf einer Frist zum Schweigen verpflichtet ist sicherlich nicht akzeptabel; eine solche, die nicht beweisbare schwere Schuldvorwürfe auf Dauer freigibt, sicherlich ebenso wenig. Deshalb muss der Gesetzgeber in dieser Frage eine Abwägung der Interessen vornehmen. Die derzeitige gesetzliche Frist von 30 Jahren erscheint mir zumindest nicht unbegründbar.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Kaufmann