Frage an Frank-Peter Kaufmann von Kirsten P. bezüglich Verkehr
Lieber Frank-Peter,
der Ausbau der A 49 schädigt aus vielerlei Gründen die Reputation der Grünen in ganz Deutschland:
1) Mit dem Ausbau wird das Pariser Klimaschutzabkommen torpediert, zu dem sich im Grundsatzprogramm frisch bekannt wurde.
2) Mit dem Bau wird die Trinkwasserversorgung von mehreren hunderttausend Menschen gefährdet, v. a. auch durch im Boden lagernden Sprengstoffreste.
3) Die momentanen Planungen entsprechen nicht dem Planfeststellungsverfahren und gefährden noch mehr Bäume und Ackerfläche als ursprünglich angegeben.
4) Der Bundesrechnungshof hat das Projekt schwer gerügt. Und die propagierte Verkehrswende rückt damit gleichfalls in weite Ferne.
Es gibt in ganz Deutschland viele Hunderttausend Menschen, die diese Autobahn aus diesen und weiteren Gründen ablehnen. Und sie haben alle großen Umweltverbände auf ihrer Seite. Sie werden bei der Bundestagswahl sicher überlegen, ob sie ihre Stimme einer Partei geben wollen, die dem Umweltschutz so wenig Priorität einräumt.
Daher: Wirst Du etwas tun, um diesen Bau zu stoppen, solange es möglich ist? Und wenn ja: Was?
Ich freue mich sehr auf Deine Nachricht!
Mit grünen Grüßen
Kirsten Prößdorf
Liebe Kirsten Prößdorf,
zunächst erlaube ich mir festzustellen, dass es wenig Sinn macht, dieselben Fragen identisch an alle Abgeordneten einer Fraktion zu stellen, weil man dann logischerweise auch mich den gleichen Antworten rechnen muss. Deshalb darf ich – auch wenn Sie die Antworten schon kennen – aus unserer Sicht (die auch meine ist) nochmals die Position zur BAB 49 darlegen:
Die parlamentarischen Möglichkeiten, ein Moratorium für den Weiterbau der BAB 49 zu erreichen, wurden selbstverständlich genutzt, und zwar genau dort, wo die Entscheidungen über Bundesautobahnen fallen: von unserer Bundestagsfraktion. Und zwar bereits Anfang Oktober dieses Jahres. Leider wurde der Antrag von der Bundestagsmehrheit aus CDU, SPD, FDP und AfD gegen die Stimmen der Grünen und der Linken abgelehnt.
Was das Wasserthema anbelangt, ist der Stand folgender: Das im Sommer ergangene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Weiterbau der Bundesautobahn 49 ändert nichts an der Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Zwar hat das Gericht im Planfeststellungsbeschluss 2012 rechtliche Mängel festgestellt, die aber allein in Bezug auf die formelle wasserrechtliche Prüfung bestehen. Die dabei getroffenen wasserrechtlichen Entscheidungen aber sind - wie das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich feststellt - rechtlich unabhängig vom Planfeststellungsbeschluss und können auch unabhängig von diesem korrigiert werden. Die vom Bundesverwaltungsgericht angesprochenen wasserrechtlichen Prüfungen wurden inzwischen veranlasst. Auswirkungen des Vorhabens auf Gewässer und insbesondere den Trinkwasserschutz wurden bereits im Planfeststellungsverfahren geprüft, und ein auf Verlangen des Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums bei dem ausgewiesenen Fachinstitut ahu eingeholtes Gutachten hat nachträglich bestätigt, dass auch die weitergehenden Forderungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie erfüllt sind. Sollten bei der Umsetzung neue wasserrechtliche Probleme auftreten, bietet - wie das Gericht urteilt - das Wasserrecht ausreichend Möglichkeiten, diese zu beheben. Das von Ihnen angesprochene Gegengutachten zum ahu-Gutachten hat hinsichtlich der Fernableitung tatsächlich Nachbesserungsbedarf ergeben, dem nachgekommen worden ist. Eine Handhabe, den gültigen Planfeststellungsbeschluss außer Vollzug zu setzen, hat sich aus den Gutachten nicht ergeben.
Es bleibt also dabei: Bei einem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss kann nur der Bauherr ein Änderungsverfahren anstrengen oder gar das Vorhaben stoppen. Dieser Bauherr ist der Bundesverkehrsminister.
Der hier in Kurzform dargestellte Sachverhalt gibt erkennbar keinerlei Handhabe, mit den Möglichkeiten eines Bundeslandes hier ein solches Projekt noch zu verhindern. Der Respekt vor demokratischen Prinzipien gebietet es daher, diese rechtmäßig getroffene und bestätigte Entscheidung, so falsch man sie inhaltlich auch findet, dennoch umzusetzen. Alles andere wäre Willkür und könnte in niemanden Interesses sein.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Kaufmann