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Frank Müller-Rosentritt
FDP
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Frage von Nick L. •

Frage an Frank Müller-Rosentritt von Nick L. bezüglich Recht

nach den Ereignissen der letzten Tage geht es vielen Menschen in Chemnitz schlecht.
Es herrscht ein Gefühl der Machtlosigkeit und Fassungslosigkeit nach den Rechten Aufmärschen in Chemnitz. Inbesondere Menschen, die äußerlich auf den ersten Blick nicht deutscher Herkunft wirken, sind in meinem Umfeld die letzten Tage zuhause geblieben. Sie haben Angst, auf die Straße zu gehen.
Eltern lassen ihre Kinder nicht mehr in die Schule, weil sie Angst haben, sie kommen nicht wieder.
Freunde von mir werden in der Öffentlichkeit bespuckt und missshandelt.

Wie geht es weiter? Wird die Polizeipräsenz in Chemnitz verstärkt?
Wird es Gefahrengebiete aufgrund der Menge der rechten, Gewaltbereiten Demonstranten geben?
Wird Chemnitz seine Bemühungen verstärken, rechte Organisationen zu zerschlagen?

Was tun sie, damit sich die normalen, nicht rassistischen und nicht Fremdenfeindlichen Bürger dieser Stadt wieder sicher fühlen können?
Wird es verstärkte Programme zur Aufklärung geben?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr L.,

ich bedanke mich für Ihre Anfrage, die ich hiermit gerne beantworte.

Die Tötung eines Mannes und die sich anschließenden teils gewalttätigen Proteste von Rechtsradikalen und Neonazis bzw. das Ausnutzen eines Tötungsdelikts für politische und ideologische Zwecke hat auch mich erschüttert und als Chemnitzer tief getroffen. Ausdrücklich möchte ich aber auch diejenigen Bürgerinnen und Bürger erwähnen, die friedlich und besonnen auf die Straße gegangen sind. Entweder, um Flagge für unseren Rechtsstaat zu zeigen oder um dagegen zu protestieren, dass Rechte aus ganz Deutschland unsere Stadt als Bühne für ihre menschenfeindliche Politik zu nutzen. Die freie und friedliche Meinungsäußerung im Rahmen der geltenden Rechtsordnung ist eines unserer vornehmsten Grundrechte, das wir nicht geringschätzen sollten.

Genauso so wie Sie bin ich der Meinung, dass wir alle – Politiker, Bürgerinnen und Bürger, sowie die staatlichen Institutionen gefordert sind, gemeinsam gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufzustehen und zwar ebenso auf politischer, wie auf privater Seite, denn es geht dabei auch um den Rassismus und die Vorbehalte, die uns im Alltag begegnen und bei denen wir nicht wegschauen dürfen.

Es geht aber eigentlich darum, dass ein Mensch durch ein brutales Verbrechen sein Leben verloren hat. Ein Mensch, um den getrauert wird und deren Freunde und Angehörige aufgrund der Ereignisse nach dieser Gewalttat unter einem ungeheuren Druck gestanden haben müssen. Hier ist unser Rechtsstaat gefordert, der konsequent durchgreifen und den oder die Täter nach Abschluss der Ermittlungen und dem Gerichtsverfahren bestrafen muss. Unabhängig von der Herkunft und dem Status des Täters oder der Täter. Das dies im Rechtsstaat universell gilt, ist ebenso eine der großen Errungenschaften unserer Verfassung. Ich verurteile deshalb als Chemnitzer Abgeordneter Forderungen nach Selbstjustiz und die Relativierung des Rechtsstaatsprinzips auf das Schärfste!

Bezüglich des Themas Migration und Flucht haben meine Partei und ich in den vergangenen Wochen immer wieder darauf hingewiesen, dass wir in Deutschland, also auch in Sachsen, aufgrund der Bevölkerungsentwicklung auf Migration angewiesen sind. Sie muss aber besser, als bisher organisiert werden. Deshalb fordern wir ein umfassendes Einwanderungsgesetz. Doch klar ist für mich auch: Wer nach rechtsstaatlicher Prüfung kein Bleiberecht in Deutschland hat, muss konsequent und viel schneller als jetzt, in sein Heimatland zurück geschickt werden. Das gilt nach meinem Verständnis auch und vor allem ganz selbstverständlich für Straftäter. Nur so bekommen die Bürger wieder Vertrauen in den Rechtsstaat und seine Institutionen. Außerdem würden klare Regeln die Akzeptanz Geflüchteter oder von Menschen aus anderen Ländern in unserer Gesellschaft vergrößern und zur Integration beitragen. Denn unser gemeinsames Ziel muss doch ein friedliches und respektvolles Zusammenleben sein.

Wie die Polizei derzeit die Lage in Chemnitz bewertet und welche Schritte sie gegebenenfalls ergreifen will oder muss, das kann ich als Bundestagsabgeordneter nicht beurteilen. Hier steht auch der Innenminister des Landes in der Verantwortung Ich gehe davon aus, dass in Absprache mit allen beteiligten Stellen sämtliche Maßnahmen getroffen werden, die erforderlich sind. Dazu gehört für mich, dass die Polizei dafür Sorge trägt, alle Bürgerinnen und Bürger- egal welcher Herkunft- in der Öffentlichkeit zu schützen. Programme des Bundes und der Länder gegen politischen Extremismus gilt es zu verstetigen. Offenbar gibt es in Teilen der Gesellschaft Probleme mit Extremismus. Nicht nur in Sachsen, sondern in ganz Deutschland. Um dem zu begegnen, plädiere ich ausdrücklich dafür, der politischen Bildung und dem demokratischen Diskurs mehr Platz einzuräumen.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Müller-Rosentritt, MdB

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